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Spektrum der Mediation 27 - Bundesverband Mediation eV

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christina raether<br />

Interview mit Rechtsanwalt<br />

Karl-Anton Krämer<br />

Karl Anton Krämer: Jhrg. 1944, Studium<br />

<strong>der</strong> Rechtswissenschaft, sozialwissenschaftlichen<br />

Studium, Tätigkeit als RA mit Schwerpunkt<br />

Familienrecht. Erste (Co-)<strong>Mediation</strong>en<br />

mit einer Familientherapeutin Ende<br />

1990. 1992/93 Ausbildung zum Mediator,<br />

Gründungsmitglied <strong>der</strong> BAFM 1994,<br />

Mitglied im BM seit 1994, vorübergehend<br />

auch im Vorstand des BM. Allmähliche Verän<strong>der</strong>ung<br />

auch in <strong>der</strong> Berufsrolle als Anwalt<br />

– vom „klassischen“ Vertreter in Familienstreitsachen<br />

zum unterstützenden<br />

Begleiter. Mittlerweile verstehe ich mich in<br />

meiner Arbeit als lernen<strong>der</strong>, lehren<strong>der</strong> und<br />

praktizieren<strong>der</strong> Mediator, wobei ich die<br />

Scheidungsmediation wie<strong>der</strong> in Co-<strong>Mediation</strong><br />

durchführe.<br />

Herr Krämer, Sie sind Fachanwalt für Familienrecht<br />

und gehören einer Berufsgruppe an, die<br />

schon sehr früh in Deutschland mit <strong>Mediation</strong><br />

in Berührung kam. Die Ursprünge <strong>der</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />

für Familienmediation (BAFM) lagen<br />

ja schon Ende <strong>der</strong> 80er Jahre.<br />

Ja, die BaFM hatte sozusagen eine haupt-Urzelle<br />

und das war <strong>der</strong> Familien-notruf in München,<br />

den es schon länger gab. es handelte sich dabei<br />

um ein netzwerk von Familienberaterinnen,<br />

therapeutinnen und anwältinnen. Die idee war,<br />

dass die vernetzten Fachleute zusammen mit<br />

dem Jugendamt und den richterinnen helfen<br />

könnten, bei Familienkonflikten zu besseren lösungen<br />

zu kommen. Dieses auf die Fachleute<br />

konzentrierte Konzept entwickelte sich weiter zu<br />

dem klientenorientierten Konzept <strong>der</strong> <strong>Mediation</strong>.<br />

Die früheste <strong>Mediation</strong>sform bei uns war jedoch<br />

<strong>der</strong> täter-Opfer-ausgleich. Dieser hat sich schon<br />

Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre in Deutschland autonom entwickelt<br />

und ist nicht importiert worden wie die spätere<br />

<strong>Mediation</strong>sform. es gab bei uns außerdem<br />

ein paar Sozialwissenschaftlerinnen, die Kommunikations-<br />

und Konfliktforschung betrieben wie z. B.<br />

Friedemann Schulz von thun, <strong>der</strong> ja 1981 mit „Miteinan<strong>der</strong><br />

reden” eines <strong>der</strong> Grundlagenwerke für<br />

Kommunikation geschrieben hat (im gleichen<br />

Jahr veröffentlicht wie das grundlegende „harvardkonzept”).<br />

er hat mit thomann zusammen mit<br />

dem Modell <strong>der</strong> „Klärungshilfe” auch eine art <strong>Mediation</strong>s-Konzept<br />

entwickelt, das aber dann im<br />

Schatten <strong>der</strong> „neuen” <strong>Mediation</strong> blieb.<br />

Inwieweit waren dann die USA Vorreiter?<br />

Die <strong>Mediation</strong> war dort viel umfangreicher entwickelt<br />

und länger institutionalisiert. Bei uns waren<br />

es eben nur einzelne, die sich damit beschäf-<br />

<strong>Spektrum</strong> <strong>der</strong> <strong>Mediation</strong> <strong>27</strong>/2007<br />

Der BM UnD Seine GeSchichte<br />

tigten. Wirklich erkennbar war <strong>Mediation</strong> bei uns<br />

nur im täter-Opfer-ausgleich.<br />

Können Sie sich vorstellen, warum in den USA<br />

<strong>Mediation</strong> früher und besser etabliert war?<br />

Dazu werden verschiedene ideen vertreten:<br />

Die eine ist, dass die USa eine stärkere demokratische<br />

tradition haben. in den USa ist <strong>der</strong> Staat<br />

viel schwächer ausgebildet. Was die Gemeinschaft,<br />

die Gesellschaft lösen kann, versucht sie<br />

allein zu lösen. Dadurch wird die Selbstbestimmung<br />

des einzelnen gestärkt. Der Staat kommt<br />

erst bei den großen politischen aufgaben zum<br />

tragen. außerdem hat sicher auch die Bürgerrechtsbewegung<br />

eine große rolle gespielt. Man<br />

wollte sich unabhängig machen von dem weißen<br />

establishment, somit auch von den richtern,<br />

die vorwiegend weiß waren. außerdem haben<br />

die USa ein schlechteres Justizsystem.<br />

In welcher Hinsicht?<br />

Durch das Präjudizienwesen ist das rechtssystem<br />

etwas starr. Sie haben nicht, so wie wir, abstrakte<br />

Grundsätze, die jeweils weiterentwickelt und auf<br />

den einzelfall bezogen angewendet werden. Das<br />

europäische Justiz- und rechtswesen, v. a. das<br />

deutsche, hat einen sehr hohen Standard und<br />

die Gerichte arbeiten nach leitenden Gesichtspunkten,<br />

die sie differenziert auslegen und anwenden<br />

können. Die Gerichte sind nicht an ihre<br />

eigenen Präjudizien gebunden. Unsere rechtsprechung<br />

ist sehr anpassungsfähig an den einzelfall<br />

und an neue gesellschaftliche entwicklungen.<br />

außerdem gibt es in den USa weniger<br />

Gerichte, die Prozesse dauern ewig und die anwälte<br />

sind sehr teuer. Wenn man den Prozess gewonnen<br />

hat, muss man trotzdem seine Kosten<br />

tragen, man hat nicht den vorteil wie bei uns,<br />

dass man bei Obsiegen nichts bezahlen muss.<br />

Und wie kam es, dass <strong>Mediation</strong> in Deutschland<br />

dennoch Fuß fassen konnte?<br />

Wir haben natürlich gerade nach dem 2. Weltkrieg<br />

eine wirkliche Demokratisierung erlebt. es<br />

gab zunehmend Menschen, die den Wunsch<br />

hatten, ihre Konflikte selbst in die hand zu nehmen.<br />

Man erkannte, dass es eigentlich sinnvoller<br />

ist, wenn ein Konflikt nicht autoritativ gelöst wird,<br />

son<strong>der</strong>n wenn die Beteiligten selbst eine lösung<br />

finden, die sie dann auch zuverlässiger umsetzen.<br />

Hierzulande wird von einem guten Anwalt oft<br />

erwartet, dass er einen gewissen Biss hat. Wieso<br />

haben sich gerade JuristInnen mit <strong>der</strong> Methode<br />

<strong>der</strong> <strong>Mediation</strong> beschäftigt?<br />

Ja, <strong>der</strong> sogenannte Biss ist in <strong>der</strong> <strong>Mediation</strong> nicht<br />

gerade hilfreich, das stimmt. es ist ja auch nur ei-<br />

«<br />

Karl-Anton Krämer,<br />

Rechtsanwalt und<br />

Mediator (BAFM)<br />

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