Spektrum der Mediation 27 - Bundesverband Mediation eV
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Tilman Metzger<br />
Von „Medijeyschn“<br />
bis zum „BM“<br />
Die Jahre vor und nach <strong>der</strong> Gründung des<br />
<strong>Mediation</strong> e. V. aus persönlicher Perspektive.<br />
Das leben produziert manchmal erstaunliche zufälle:<br />
Seit Februar 1985 arbeitete ich mit dem versöhnungsbund<br />
in Belfast, nordirland. Gleich zu<br />
Beginn hatte ich das Glück, an einem <strong>Mediation</strong>straining<br />
mit einem <strong>der</strong> Pioniere <strong>der</strong> Gemeinwesenmediation<br />
in den USa teilzunehmen, dem Mennoniten<br />
ron Kraybill. ich war spontan begeistert und<br />
erzählte traude rebmann davon. traude arbeitete<br />
damals für den entwicklungshilfedienst eirene, <strong>der</strong><br />
mich nach Belfast geschickt hatte und war bei eirene<br />
meine Kontaktperson. traude schrieb zurück,<br />
sie habe zu genau <strong>der</strong> gleichen zeit ebenfalls an<br />
einem <strong>Mediation</strong>straining teilgenommen – in Südafrika!<br />
– und sie war ebenso begeistert wie ich.<br />
Die verbreitung <strong>der</strong> <strong>Mediation</strong> wurde ein wesentlicher<br />
Bestandteil meines 18-monatigen einsatzes<br />
in Belfast und als ich 1986 nach Deutschland zurück<br />
kehrte war klar, dass <strong>Mediation</strong> das große<br />
thema war, an dem ich weiter arbeiten wollte. Begeistert<br />
hielt ich einen Workshop auf einer tagung<br />
<strong>der</strong> Friedensinitiative Shalom. Für mich war <strong>Mediation</strong><br />
<strong>der</strong> Weg, Friedensarbeit im alltag zu machen –<br />
und war überrascht, dass ich gegen eine Betonwand<br />
knallte: „Was ist denn das für ein komisches<br />
Wort! Kann man das nicht auf Deutsch sagen?”<br />
„aus den USa ist das? hm-hm …” „Das ist doch allenfalls<br />
was für Kin<strong>der</strong> …” traudes versuche, in an<strong>der</strong>en<br />
Bereichen <strong>der</strong> Friedensbewegung <strong>Mediation</strong><br />
einzubringen, verliefen ganz ähnlich. Die zeit<br />
schien für <strong>Mediation</strong> nicht reif zu sein. ich studierte<br />
erst mal Jura und traude verfolgte ihre arbeit<br />
bei eirene und tankte weitere <strong>Mediation</strong>seinheiten<br />
in den USa.<br />
ab 1989 än<strong>der</strong>te sich die Situation urplötzlich. traude<br />
wurde von mehreren Friedensgruppen eingeladen,<br />
<strong>Mediation</strong>strainings durchzuführen und lud<br />
mich ein, einige davon mit zu leiten. Mein rechtssoziologie-Professor<br />
war damit einverstanden, dass<br />
ich eine Seminararbeit zum thema <strong>Mediation</strong><br />
schrieb, obwohl er noch nie davon gehört hatte.<br />
in etwa zur gleichen zeit fanden sich auch die Personen<br />
zusammen, die später die BaFM gegründet<br />
haben. Was war passiert? 1989 ist das Jahr in dem<br />
die Mauer gefallen ist. Durch Deutschland lief nicht<br />
mehr die heißeste Grenze des Kalten Krieges. Der<br />
Blick ging nicht mehr hin und her zwischen den USa<br />
und <strong>der</strong> UdSSr, son<strong>der</strong>n er verharrte im inneren:<br />
Wer ist denn das, im Osten und Westen Deutschlands?<br />
Wie geht das zusammen? auf einmal waren<br />
nicht mehr die globalen Konflikte so interessant,<br />
son<strong>der</strong>n die inneren: Wie können die gelöst werden?<br />
<strong>Mediation</strong> passte auf einmal in die zeit.<br />
<strong>Spektrum</strong> <strong>der</strong> <strong>Mediation</strong> <strong>27</strong>/2007<br />
«<br />
Der BM UnD Seine GeSchichte 5<br />
traude startete einen regelrechten <strong>Mediation</strong>s-<br />
Workshop-Marathon quer durch Deutschland und<br />
kam auch immer wie<strong>der</strong> zu church & Peace<br />
nach laufdorf. einige Personen aus dem Umfeld<br />
dort waren schließlich <strong>der</strong> Meinung, dass es nicht<br />
länger vertretbar sei, dass traude zu „friedensbewegten<br />
Preisen” und völlig ohne institutionelle anbindung<br />
sich für die <strong>Mediation</strong> aufreibe. es müsse<br />
ein verein her als rückhalt für traudes tätigkeit.<br />
Das „Projekt <strong>Mediation</strong>” wurde geboren, aus dem<br />
1992 schließlich <strong>der</strong> <strong>Mediation</strong> e. v. hervorging.<br />
Das klingt jetzt ziemlich einfach, war aber teils von<br />
Diskussionen begleitet, die Mensch sich heute<br />
kaum noch vorstellen kann. anfangs sprachen wir<br />
alle noch von „Medijeyschn” und es kam die Frage<br />
auf, ob wir dafür nicht endlich ein deutsches<br />
Wort finden sollten. vermittlung? Das klang dann<br />
doch zu beliebig, so dass sich schließlich „<strong>Mediation</strong>”<br />
durchsetzte. auch gab es leute, denen die<br />
Gründung eines vereins bereits zu dicht an den<br />
bürgerlichen Strukturen war. insbeson<strong>der</strong>e die tatsache,<br />
dass es einen vorstand geben würde, also<br />
hierarchie und Machtgefälle, wurde als bedenklich<br />
angesehen. Diese Bedenken haben sich nicht<br />
durchgesetzt, doch <strong>der</strong> basisdemokratische zug<br />
ist für mich im BM bis heute spürbar. lange zeit<br />
war es undenkbar, auf <strong>der</strong> Mv über einen Punkt<br />
einfach abzustimmen und ihm mit 21:19 Stimmen<br />
zu verabschieden. Stets wurde eine entscheidung<br />
gesucht, die im Konsens o<strong>der</strong> zumindest mit<br />
so gut wie keinen Gegenstimmen verabschiedet<br />
werden konnte.<br />
im ersten Jahr nach <strong>der</strong> Gründung passierte<br />
erst mal nicht viel. Der Gedanke, dass <strong>der</strong> <strong>Mediation</strong><br />
e. v. träger für traudes tätigkeit werden könnte,<br />
verlief im Sande, so dass zu recht die Frage entstand:<br />
Was machen wir mit dem verein? in die einladung<br />
zur Mv 1993 schrieb hannes Steffen, <strong>der</strong><br />
2. vorsitzende: „… Die Konsensfindung über die<br />
Bedeutung des vereins, und was er zu leisten vermag<br />
ist noch nicht abgeschlossen. insbeson<strong>der</strong>e<br />
die Frage nach dem Selbstverständnis und <strong>der</strong><br />
Bedeutung des vereins für die Mitglie<strong>der</strong>, bzw. für<br />
bereits bestehende Gruppierungen in <strong>der</strong> Konfliktbearbeitung<br />
muss geklärt werden … Dabei geht<br />
es vor allem darum herauszufinden, welche spezifischen<br />
leistungen <strong>der</strong> verein erbringen kann/sollte.<br />
Wenn wir hierüber keine Klarheit/Konsens erlangen<br />
sollten, sehe ich den Fortbestand des vereins gefährdet.”<br />
Mir war die entwicklung einer <strong>Mediation</strong>szeitschrift<br />
wichtig, um bestehende aktivitäten zu<br />
vernetzen und <strong>Mediation</strong> bekannt zu machen.<br />
Das war auf <strong>der</strong> Mv 1993 noch nicht spruchreif,<br />
doch auf <strong>der</strong> eigens für den aufbau <strong>der</strong> zeitung<br />
einberaumten außerordentlichen Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
in laufdorf fand sich mit Karin Mager<br />
jemand, die das erste heft zusammenstellte und<br />
Tilman Metzger,<br />
Jurist, Mediator und<br />
Ausbil<strong>der</strong> BM, Supervisor,<br />
Vorstandsmitglied 1993-96,<br />
1. Vorsitzen<strong>der</strong> des BM<br />
1996-99