aus den stadtteilen - Grüne Fraktion im Stadtrat Saarbrücken
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22<br />
GASTbEITRAG<br />
Leider eine verpasste Chance<br />
Saarländer kaufen<br />
Anteile an der VSE<br />
Es schien endlich mal eine gute<br />
Nachricht zu sein: Saarländische<br />
Kommunen und das Land übernehmen<br />
weitere 19 Prozent Anteile am<br />
regionalen Energieversorger Vereinigte<br />
Saar Elektrizitäts AG (VSE).<br />
Die Transaktion wird von der Politik<br />
je<strong>den</strong>falls als großer Erfolg gefeiert. Das<br />
sei „gut für die saarländische Energiewirtschaft<br />
und (…) gut für die saarländischen<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“<br />
– so der inzwischen auch für<br />
die Energiepolitik verantwortliche Heiko<br />
Maas (SPD). Und weiter: „Es ist gut, dass<br />
es uns in vielen Gesprächen gelungen ist,<br />
die VSE noch saarländischer zu machen.“<br />
„Der Ankauf von<br />
19% Anteile an der VSE<br />
ist keine saarländische<br />
Lösung.“<br />
Ähnlich äußerten sich CDU-Ministerpräsi<strong>den</strong>tin<br />
Kramp-Karrenbauer, SPD-Regionalverbandsdirektor<br />
Gillo und CDU-<br />
<strong>Fraktion</strong>schef Meiser. Wenn einem soviel<br />
Gutes widerfährt, lohnt es sich vielleicht<br />
doch näher hinzusehen.<br />
RWE sieht sich zu<br />
Veräußerungen gezwungen<br />
Der Mehrheitseigner, die Rheinisch-<br />
Westfälische Elektrizitätswerk AG (RWE)<br />
war wie die anderen Energieriesen bisher<br />
darauf <strong>aus</strong>, in möglichst vielen Stadtwerken<br />
und anderen Weiterverteilern Herr<br />
<strong>im</strong> H<strong>aus</strong> zu spielen – eine vertikale Verflechtung,<br />
die nicht nur der Monopolkommission<br />
Bauchschmerzen bereitet,<br />
diente sie doch stets der Ausgrenzung<br />
alternativer Anbieter und damit dem<br />
Abwürgen von Wettbewerb. Der Rückzug<br />
markiert nun scheinbar einen Wechsel<br />
der Konzernpolitik: Klamme Kassen<br />
wegen riskanter Auslandsgeschäfte und<br />
dem zu langen Festhalten am hoch subventionierten<br />
Atomstrom zwängen zu<br />
einem „Desinvestitionsprogramm“, so<br />
heißt es.<br />
grün: konkret. 1 / 2012<br />
Viel Geld für wenig Einfluss<br />
Das Ziel Kasse zu machen hat RWE<br />
je<strong>den</strong>falls erreicht: Etwa 83 Millionen<br />
Euro zahlen die Saarländer für die Aufstockung<br />
ihrer Anteile – ohne indes das<br />
Sagen zu haben. Die Mehrheit – 50 %<br />
plus eine Aktie – verbleibt bei RWE. Versüßt<br />
wird <strong>den</strong> Saarländern ihre Soziusstellung<br />
zum einen durch ein - bedingtes<br />
- Renditeversprechen: Ausgeschüttet<br />
sollen in Zukunft mindestens 17,5 Millionen<br />
jährlich wer<strong>den</strong> – wenn dem nicht<br />
Investitionserfordernisse entgegenstehen.<br />
Schließlich findet sich <strong>im</strong> Vertrag<br />
ein – wenn auch vages – Bekenntnis zum<br />
Ausbau regenerativer Energien. Großzügig<br />
räumen die Rhein-Westfalen <strong>den</strong><br />
Saarländern auch die Besetzung zweier<br />
weiterer Aufsichtsratsposten ein, die<br />
eigentlich ihnen selbst als Mehrheitsaktionären<br />
zustün<strong>den</strong>. So ergibt sich rechnerisch<br />
in der Tat eine saarländische Mehrheit<br />
<strong>im</strong> 21-köpfigen Aufsichtsrat. Die<br />
zusätzlichen Posten sind allerdings auf<br />
Widerruf.<br />
Schlussendlich ergibt sich ein nüchternes<br />
Fazit: Bei der Aufstockung der<br />
Anteile handelt es sich um eine bestenfalls<br />
leidlich rentierliche Finanzanlage<br />
der Stadtwerke – wenn’s gut geht<br />
gibt’s vier Prozent Rendite, die wohl<br />
gerade die Kapitalkosten decken. Und<br />
hier besteht ein Dilemma: Selbst die<br />
gibt’s aber nur, wenn nicht zuviel investiert<br />
wird – etwa in erneuerbare Ener-<br />
FoTo: wolFGanG BuTTGereiT, pixelio.de<br />
gien. Die Gewähr zusätzlicher Aufsichtsratsposten<br />
ist ebenfalls ein Nonvaleur:<br />
Durch die Widerruflichkeit ist Wohlverhalten<br />
<strong>im</strong> Sinne der RWE vorprogrammiert.<br />
Die saarländische Politik hat eben<br />
nur zwei prestigeträchtige, aber einflussarme<br />
Pöstchen mehr zu vergeben.<br />
Die Chance, mit Hilfe weiterer kommunaler<br />
Partner die Mehrheit zu übernehmen<br />
und eine echte alternative Energiepolitik<br />
– <strong>im</strong> Sinne dezentraler Versorgung,<br />
erneuerbarer Energieträger und Kraft-<br />
Wärme-Kopplung – zu betreiben, wurde<br />
vertan. Ein entsprechendes Angebot seitens<br />
der RWE bestand, wurde aber <strong>aus</strong>geschlagen.<br />
Dass das Unternehmen nun<br />
„noch saarländischer“ wird, kann man<br />
nicht <strong>im</strong> Ernst als Erfolg verkaufen.<br />
manFred josT, FrakTionsvorsiTzender von<br />
Bündnis 90/die <strong>Grüne</strong>n <strong>im</strong> reGionalverBand<br />
Sie können uns …..<br />
gerne Ihre Meinung<br />
schreiben:<br />
Wie gefällt Ihnen grün: konkret?<br />
Oder: Ihre Meinung zu <strong>den</strong> Themen<br />
in diesem Heft.<br />
Oder: Welche Saarbrücker Themen<br />
sollte grün: konkret aufgreifen?<br />
Wir freuen uns auf <strong>den</strong> Dialog!<br />
fraktion.diegruenen@saarbruecken.de