Prima Magazin - Ausgabe Mai 2021
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IM FOKUS 100 JAHRE BURGENLAND<br />
Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des<br />
Burgenlandes erzählt Ahnenforscher Herbert<br />
Rehling aus Bad Tatzmannsdorf über Einzelschicksale<br />
von Auswanderern, die in Amerika<br />
ihr Glück gesucht haben.<br />
Grabsteine der Familien Bertha und Rába in South<br />
Dakota (©Maxine White)<br />
Auswanderer aus<br />
Grabsteine<br />
unserem<br />
der Familien Bertha und Rába in South<br />
Land<br />
Dakota (©Maxine Whit<br />
Typisch für den Beginn der<br />
ersten Emigrationswelle aus<br />
unserem Land ist eine Auswanderung<br />
aus Oberwart, die<br />
heute nur noch wenig bekannt<br />
ist. Mitte der 1880er-Jahre<br />
brach Ladislaus (László) Bertha<br />
mit seiner Frau Theresia,<br />
geborene Zarka und drei Kindern<br />
(die jüngsten zwei waren<br />
kurz zuvor gestorben) zu einer<br />
abenteuerlichen Reise nach<br />
Übersee auf. Begleitet wurden<br />
sie vom gebürtigen Pinkafelder<br />
Georg Bruckner und<br />
seiner Frau Maria Wagner aus<br />
Oberwart sowie deren beiden<br />
Kindern. Ziel dieser Gruppe<br />
waren die Prärien des amerikanischen<br />
Westens, also Gebiete<br />
in den heutigen Bundesstaaten<br />
North Dakota, South<br />
Dakota, Nebraska, rund 1.000<br />
km westlich von Chicago.<br />
Was trieb sie in diese kaum<br />
bekannte Welt, die durchaus<br />
noch als „Indianerland“<br />
anzusehen war? (Umgangssprachlich<br />
sagte man früher<br />
„Indianer“. Dieser Begriff ist<br />
aber politisch nicht korrekt,<br />
Anmerkung der Redaktion).<br />
In diesen frühen Jahren<br />
der Auswanderung wurden<br />
Menschen aus aller Welt in<br />
den „Wilden Westen“ gelockt.<br />
Ein neues Gesetz der USA<br />
(Homestead Act), 1862 von<br />
Präsident Abraham Lincoln<br />
ratifiziert, machte potenziellen<br />
Siedlern ein beinahe unglaubliches<br />
Angebot: Jeder durfte sich<br />
auf den „unendlichen“ Weiten<br />
der Prärien unbesiedeltes Land<br />
in der Größe von 160 Acre<br />
(ca. 65 Hektar) aussuchen, für<br />
„Burgenländer“ aus den unteren<br />
sozialen Schichten unvorstellbar<br />
groß. Dieses riesige Stück<br />
Land ging ohne Kosten in das<br />
Eigentum des Siedlers über, sofern<br />
er eine einzige Bedingung<br />
erfüllte: Fünf Jahre lang musste<br />
das Land ununterbrochen bewirtschaftet<br />
werden – dann war<br />
der Siedler Eigentümer dieses<br />
Grundstücks.<br />
Was die in Scharen zugreifenden<br />
Neuankömmlinge nicht<br />
wussten oder bewusst ignorierten:<br />
Dieses Land war den dort<br />
lebenden Native Americans<br />
– Sioux, Cheyenne, Kiowa, Comanche,<br />
etc. – erst kurz davor<br />
mit üblen Methoden entrissen<br />
worden. Freiheit und Gleichheit<br />
aller Menschen waren<br />
zwar in der amerikanischen<br />
Verfassung garantiert. Das galt<br />
jedoch nicht für die Angehörigen<br />
des indigenen Volkes. Auch<br />
das christliche Selbstverständnis,<br />
einer überlegenen „Rasse“<br />
anzugehören, bestärkte die<br />
Machthaber darin, diese Ent-<br />
Indianerreservate in South Dakota<br />
eignung zu legitimieren.<br />
Eine weitere Katastrophe für<br />
die Native Americans entstand<br />
durch das Abschlachten der<br />
gewaltigen Bisonherden durch<br />
weiße Jäger, die auf der Jagd<br />
nach dem begehrten Fell dieser<br />
Tiere waren. Der Bison, die<br />
Lebensgrundlage der Bewohner,<br />
wurde innerhalb weniger<br />
Jahrzehnte beinahe ausgerottet:<br />
Gab es um 1850 noch Millionen<br />
von ihnen auf den Great<br />
Plains, waren sie um 1890 auf<br />
wenige hundert Exemplare reduziert<br />
und die Native Americans<br />
vor allem ihrer wichtigsten<br />
Nahrungsgrundlage beraubt.<br />
Die Lösung für das „Indianerproblem“<br />
war die Einrichtung<br />
Bild aus https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2721034<br />
26 MAI <strong>2021</strong><br />
Indianerreservate in South Dakota (Public Domain, hBps://commons.wikimedia.org/w/index.php?<br />
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curid=2721034)