flip-Joker_2021-05
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8 KULTUR JOKER kunst
Symbolische Kunst aus Holz
Die Galerie Cecile Fakhoury zeigt Arbeiten des Bildhauers Jems Koko Bi
Mit der Kettensäge erschafft
der ivorische Bildhauer Jems
Koko Bi Meisterwerke aus
Holz, ähnlich wie der Malende
ein Kunstwerk mit einem Pinselstrich
entwirft.
Jems Koko Bis monumentale
Holzfiguren und symbolische
Holzschnitte auf Papier erzählen
eine eindrucksvolle Kulturgeschichte.
In seinen Arbeiten
steckt eine originelle Idee, ein
Stück Persönlichkeit und sie
basieren auf eigenen Erfahrungen.
Seine Kunst ist der
Ausdruck einer Wahrnehmung
der Natur als wertzuschätzende
Materie. Dabei kreieren
die Holzmaterialien ein Spiel
mit originellen Formen und
bilden eine Konfrontation zwischen
Volumen und Leerraum.
Dem Künstler ist es hierbei
besonders wichtig, sich der
Nähe zum Ursprung bewusst
zu werden. Dabei bearbeitet er
das Holz zuerst mit der Kettensäge
und nutzt das Messer um
Feinheiten herauszuarbeiten.
Um eine längere Haltbarkeit
der Unikate zu generieren, erhitzt
der afrikanische Künstler
einzelne Holzteile. Die Vielfalt
der Vorgehensweise zeigt uns
ganz deutlich: Jede Kreation
ist ein neues Erlebnis für den
Künstler, mit dem er uns einen
Einblick in afrikanische
Naturvorstellungen gewährt.
Die Kunst des afrikanischen
Künstlers propagiert ein umfassendes
Weltverständnis:
Die Welt trennt die Menschen
nicht von anderen Lebewesen,
sondern sie unterliegen
einer wahrhaften Gleichwertigkeit.
Ein Vogelfuß geht in
ein pflanzliches Gebilde über,
daneben befindet sich ein Menschenkopf.
Beide Gebilde sind
miteinander verwachsen, haben
also einen gemeinsamen
Ursprung. Die Verwurzelung
im Denken an die afrikanische
Heimat des Künstlers im zeitgenössischen
Kunstkontext ist
deutlich zu spüren. Jems Koko
Bi möchte die Welt nicht verändern.
Alles was ihn täglich begleitet,
in seiner Heimat, in der
Welt, all das was seine Ideen
und Persönlichkeit betrifft,
ist die Quelle jeden Impulses.
Was er jedoch erreichen möchte,
ist, sich selbst täglich zu erneuern,
um der Welt zu zeigen,
wie sich alles „im Fluss“ befindet.
Nach dem Studium an der
Kunstakademie in Düsseldorf,
lehrt er heute als Gastdozent
an der Kunsthochschule in
Abidjan. Seine zweite Heimat
ist die Stadt Essen. Jems Koko
Bi gilt als ein bedeutsamer
Vertreter der zeitgenössischen
Kunst der Elfenbeinküste und
ist interna-tional anerkannt.
Seine Werke wurden unter
anderem im Centre Pompidou
in Paris, auf der documenta 13
und mehrfach auf der Biennale
di Venezia ausgestellt. 2019
gründete er die Waldbiennale
Abidjan Green Arts. Mit seiner
Kunst schafft es Jems Koko Bi,
uns das Universelle der Welt
ein wenig näher zu bringen.
Jems Koko Bi: „Père et enfant“, 2020 Foto: Communic‘Art
„Patrimoine“, Jems Koko
Bi, Galerie Cecile Fakhoury,
06 BP 6499 Abidjan 06, Côte
d‘Ivoire. Bis 05. Juni 2021.
Miriam Paustian
„Nach der Shoah“
Das Blaue Haus in Breisach zeigt in seiner
neuen Dauerausstellung die Lebenswege der
Kantorenfamilie Eisemann
Im September 2019 wurde
im Beisein von Nachkommen
der jüdischen Familien Breisachs
die Dauerausstellung
„Jüdisches Leben in Breisach
1931“ eröffnet. In einem weiteren
Raum im Obergeschoss
des Blauen Hauses werden
jetzt die Lebenswege der Mitglieder
der Kantorenfamilie
Eisemann thematisiert, die
bis zum November 1938 im
Obergeschoss des ehemaligen
jüdischen Gemeindehauses gelebt
hatte. Wer konnte wie die
Verfolgung überleben, wer hat
geholfen und wer wurde ein
Opfer der Shoah? Wo leben
die Nachkommen heute? Mit
Fotos, Texten und Hörspielen
nach wahren Begebenheiten
wird versucht, Antworten zu
geben.
Ein Schaudepot präsentiert
Objekte, die Holocaustüberlebende
und ihre Nachkommen
dem Blauen Haus seit der ersten
Begegnungswoche 2000
anvertraut haben. Hinzu kamen
einige Fundstücke aus
heutigen Breisacher Familien.
Die Objekte helfen dabei, die
Alltags- und Festkultur kennenzulernen
und zu erfahren,
was den Mitgliedern der jüdischen
Gemeinde Breisachs
widerfahren ist. Eine interaktive
Erkundung wird mit einer
Forschungsstation angeregt.
So bieten sich für die pädagogische
Arbeit neue und vielfältige
Möglichkeiten.
Am 9. Mai, 16 Uhr soll die
Eröffnung der Dauerausstellung
„Nach der Shoah“ stattfinden.
Die Ausstellung wurde
realisiert mit der Unterstützung
der Landeszentrale für
politische Bildung Baden-
Württemberg.
Serviettenring, hergestellt
1940 von Else Dreifuß im Internierunglager
Gurs, Südfrankreich,
Sammlung Blaues Haus
Breisach
Foto: Blaues Haus Breisach
Kultur- und Literaturtheoretiker
Dr. Klaus Theweleit erhält den Adorno-Preis der Stadt Frankfurt
Klaus Theweleit
Klaus Theweleit, ehemaliger
Professor für Kunst und Theorie
an der Staatlichen Akademie
der Bildenden Künste
Karlsruhe, erhält den Theodor-
W.-Adorno-Preis der Stadt
Frankfurt. Diese hoch angesehene
Auszeichnung gilt der
Anerkennung hervorragender
Leistungen in den Bereichen
Philosophie, Musik, Theater
und Film. Sie ist mit 50.000
Euro dotiert und wird alle drei
Jahre von der Stadt Frankfurt
vergeben, in Erinnerung an
den Philosophen und Soziologen
Adorno (1903-1969), der in
der Stadt geboren wurde und
zu den Hauptvertretern der als
Kritische Theorie bezeichneten
Denkrichtung der sogenannten
„Frankfurter Schule“ gehörte.
Von 1998 bis 2008 lehrte Theweleit
an der Kunstakademie
Karlsruhe. „Er war die ideale
Foto: KT
Brücke zwischen den Feldern
der Kunst und der Theorie in
unserem Haus, fasziniert und
vorurteilsfrei dem Gegenstand
seiner Betrachtung zugewandt,
eine Theorie ohne jede Hoheitsansprüche“,
äußert sich
der Rektor, Harald Klingelhöller,
zu der Ehrung für seinen
ehemaligen Professorenkollegen.
„Ich erinnere mich
an einen aufregenden Vortrag
über Jimmy Hendrix, der mich
vom Fan zu einem wirklichen
Beobachter dieses großartigen
Künstlers gemacht hat. Klaus
Theweleits Arbeit wird für uns
Maßstab bleiben.“
Die Stadt Frankfurt, die durch
ein Kuratorium den Preisträger
bestimmen lässt, begründete
ihre Entscheidung für Klaus
Theweleit in ihrer Presseerklärung
mit dessen Position als
einer der einflussreichsten und
zugleich originellsten Kulturund
Literaturtheoretiker. Sein
zweiteiliges Werk „Männerphantasien“,
das 1977 erschien
und die Körperpolitik des Faschismus
erstmals beschrieb,
gilt seitdem als Standardwerk
kritischer Gesellschaftstheorie.
Es folgten weitere viel beachtete
Werke wie das dreibändige
„Buch der Könige“ (1988 bis
1994) und „Buch der Königstöchter“
(2013). Neben der Literatur
gehören Psychoanalyse,
Film und Popkultur zu Theweleits
produktivem Bezugssystem.
Sein unorthodoxer assoziativer
Stil erscheint heute aktueller
und lebendiger denn je.
Bezüge zu Adorno werden in
der Mitteilung zur Preisvergabe
ebenfalls hergestellt. Wie
dieser überschreite Theweleit,
so spielerisch wie ernst, die
Grenzen der Wissenschaft.
„Sein wucherndes Narrativ,
das von den dunkelsten Seiten
der Menschheit handelt,
zielt letztlich auf einen Akt der
Befreiung, die das Bekenntnis
zu Kunst und Sinnlichkeit einschließt.“
Vorherige Preisträger waren
unter anderen Judith Butler
(2012), Georges Didi-Huberman
(2015) und Margarete von
Trotta (2018). Der erste Preisträger
war im Jahr 1977 der
Soziologe Norbert Elias.
Die Preisvergabe an Klaus
Theweleit findet am 11. September
in der Frankfurter
Paulskirche statt.