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VERANSTALTUNGEN<br />
Regisseur Schorsch Kamerun (kleines Foto) probt derzeit unter anderem mit Matthieu Svetchine, Alexander Swoboda und Annemaaike Bakker.<br />
Fotos: J. Landsberg / S. Then<br />
„Die Straße wird vertont“<br />
Schorsch Kamerun inszeniert „King Arthur – Teil 1“ / Premiere am 13. Juni auf dem Goetheplatz vor dem Theater<br />
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Bekannt wurde Schorsch Kamerun als Sänger<br />
der Hamburger Punkband „Die Goldenen<br />
Zitronen“. Seit einigen Jahren ist der 57-Jährige<br />
auch als Theaterregisseur und Autor<br />
tätig. Im, beziehungsweise vor dem Theater<br />
am Goetheplatz, inszeniert er jetzt die Semi-Oper<br />
„King Arthur“ als musiktheatrales<br />
„Raumnahme“-Spektakel. Wir sprachen mit<br />
dem Regisseur über die Aufführung.<br />
Herr Kamerun, Sie inszenieren derzeit<br />
am Theater Bremen Henry Purcells „King<br />
Arthur“. Warum dieses Stück?<br />
Weil es alt und gleichzeitig superaktuell ist.<br />
Schon in dem Stück aus dem 17. Jahrhundert<br />
ging es um wiederkehrende Gesellschaftsspaltung<br />
und angstgenährte Meinungsmache.<br />
Genau die Themen, die uns auch jetzt<br />
wieder begegnen. Ich glaube an Zeiten, die<br />
sich wiederholen.<br />
Wie aktuell werden Sie in dem Stück?<br />
Wir untersuchen, wer mit welchen Wahrheiten<br />
Politik macht, wer nutzbare Meinungen<br />
schafft und dabei über Einzelne und<br />
größere Gemeinschaften zu bestimmen<br />
versucht. Dabei bewegten die Gemeinschaften<br />
schon vor Jahrhunderten Dinge,<br />
die wir als untrennbar aktuell empfinden,<br />
in anderer Form. Nur dass damals anders<br />
verhandelt und vermittelt wurde, es noch<br />
keine sozialen Medien gab und subtiler<br />
„gesponnen“ wurde. Im Bereich protestierende<br />
Gegenwehr muss man allerdings gar<br />
nicht so weit zurückschauen. Ich sehe zum<br />
Beispiel Parallelen zwischen der von mir<br />
selbst erlebten Punk-Bewegung der 70er<br />
Jahre und „Fridays for Future“ heute. Es geht<br />
in dem Stück auch darum, die eigentlichen<br />
Antriebe – Narzissmus und Status, Geilheit<br />
und ökonomisches Interesse – hinter<br />
all dem Getöse aus Furcht- und Panikalarm<br />
zu entlarven. Es geht also um die Frage, wer<br />
etwas von den wirklichen oder den nur behaupteten<br />
Katastrophen hat.<br />
Sie spielen „King Arthur“ nicht im Theater,<br />
sondern ganz coronakonform davor …<br />
Genau, wir werden mit Chor, Orchester,<br />
Sänger- Schauspieler- und Performer*innen<br />
den Platz vor dem Theater am Goetheplatz<br />
als Konzertinstallation bespielen.<br />
Die Straße wird sozusagen vertont, die Zuschauer<br />
werden dazu mit Funkkopfhörern<br />
ausgestattet. Wir wollen eine echte Mauer<br />
bauen, Unordnungen ausprobieren und Bilder<br />
zwischen plumpen Lösungsbehauptungen<br />
und lebendigen Utopien durchspielen.<br />
Wie viele Menschen bringen Sie in der<br />
Inszenierung auf den Platz?<br />
Um die 40 Spitzentyp*innen.<br />
Auf was dürfen sich die Zuschauer freuen?<br />
Ich hoffe auf attraktive Irritation, pfiffige<br />
Texte und großartige Musik zwischen Barock<br />
und Krach. Neben der wundervollen<br />
Musik Purcells gibt es auch Sachen von mir<br />
und dem ganzen Ensemble.<br />
Wie proben Sie für das Stück?<br />
Derzeit in einzelnen, voneinander getrennten<br />
Gruppen in weißen Masken. Erst auf<br />
dem Goetheplatz werden wir uns – unter<br />
peniblen AHA-Regeln – in die Arme und<br />
Ohren fallen.<br />
Das Stück heißt „King Arthur – Teil 1“.<br />
Heißt das, dass noch ein zweiter Teil geplant<br />
ist?<br />
Aber ja. Geplant ist eine Aufführung in der<br />
übernächsten Spielzeit. (MÄR)<br />
Mehr unter www.theaterbremen.de.