gab Juli 2021
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38 KULTUR<br />
AUSSTELLUNG<br />
JUNGE KUNST<br />
aus Frankfurt<br />
FOTO: BJÖ<br />
Die Künstler*innen mit Peter Gatzemeier (Vorstand Dr. Marschner Stiftung, oben) und Franziska Nori, Leiterin der Frankfurter Kunstvereins<br />
Unter dem Titel „And This is<br />
Us“ hat der Frankfurter Kunstverein<br />
neun aufstrebende<br />
Künstler*innen aus dem Rhein-<br />
Main-Gebiet eingeladen, eigene Werke für<br />
den Kunstverein zu konzipieren.<br />
Rund 180 Portfolios von Absolvent*innen<br />
der Städelschule und der HfG Offenbach<br />
hat Kunstvereinsleiterin Franziska Nori<br />
für die Ausstellung gesichtet – neun<br />
wurden ausgewählt und haben neue<br />
Werke eigens für den Kunstverein produziert.<br />
Zwei fielen uns besonders auf:<br />
Vor dem Eingang auf dem Straßenpflaster<br />
kann man die Worte „And This<br />
is the Rest“ lesen – als Mosaik aus<br />
ausgespuckten Kaugummis auf den<br />
Boden geklebt. Das ist Teil der Arbeit von<br />
FOTO: NORBERT MIGULETZ, FRANKFURTER KUNSTVEREIN<br />
Isabell Ratzinger von der HfG Offenbach.<br />
Als auserwählte Künstlerin hat<br />
sie sich gefragt: Was ist eigentlich mit<br />
den Künstler*innen, die nicht angenommen<br />
wurden? Also hat Ratzinger<br />
Künstler*innen eingeladen und mit ihnen<br />
den Raum im ersten Stock des Kunstvereins<br />
bespielt: Spuckkügelchen aus<br />
zerkauten Kaugummipapierchen wurden<br />
mit aus Sperrmüll gebastelten „Schleuderwaffen“<br />
an die Wand katapultiert<br />
und bilden unter anderem Umrisse einer<br />
Menschengruppe an der Wand; der ganze<br />
Raum wirkt, als hätte hier eine Meute<br />
getobt – ein provokantes Kunstwerk, das<br />
auch die Mechanismen des Kunstbetriebs<br />
kritisch kommentieren soll. Isabell<br />
Ratzinger nennt ihre Arbeit: „And this is<br />
the Rest. Die Streber oder die Strolche“.<br />
Im Erdgeschoss hat Max Brück seine<br />
lautstark ratternde Installation „Kreislauf“<br />
gebaut. Der Künstler benutzt oft Baustoffe<br />
wie Beton, Holz oder Eisen, aber<br />
auch Reste industrieller Anlagen oder<br />
vergessene Alltagsgegenstände. Hier hat<br />
er Bauschutt des ehemaligen Frankfurter<br />
Technischen Rathauses verwendet, das<br />
bis zu seinem Abriss ab dem Jahr 2010<br />
unmittelbar gegenüber des Frankfurter<br />
Kunstvereins stand. Anstelle des Betongebäudes<br />
im Brutalismus-Stil befindet<br />
sich hier heute die „neue Altstadt“, die<br />
historische Gebäude imitiert. Aber was<br />
bleibt übrig, wenn die Stadt sich verändert,<br />
was prägt sie und wie verändert sich<br />
ihre Identität? Auch das Erinnern als „ein<br />
menschliches Grundbedürfnis“ thematisiert<br />
Brück – einige der Bruchstücke<br />
hängen in Plastiktütchen geschweißt an<br />
der Wand und können als Souvenir mitgenommen<br />
werden.<br />
Zusätzlich zu den neun „This is Us“-<br />
Künstler*innen hat der Frankfurter<br />
Kunstverein das Kollektiv Magma Maria<br />
eingeladen, das an den Schaufenstern im<br />
Erdgeschoss des Kunstvereins laufend<br />
wechselnde Kunstwerke verschiedener<br />
Künstler*innen ausstellt und zum Verkauf<br />
anbietet. Willkommen im Kunstbetrieb!<br />
*bjö<br />
Max Brück „Kreislauf“, <strong>2021</strong>, Ausstellungsansicht Frankfurter Kunstverein <strong>2021</strong><br />
2.6. – 5.9., Frankfurter Kunstverein,<br />
Markt 44, Frankfurt, www.fkv.de<br />
Tipp: Zur Ausstellung „And<br />
This is Us“ werden regelmäßig<br />
Kurator*innenführungen angeboten; das<br />
hilft beim Entdecken der Werke.