MEDIAkompakt Ausgabe 30
Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org
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18 BOLD
mediakompakt
Meine mutigste
Entscheidung!
Ob Abenteuerurlaub oder der Entschluss, die Haare radikal kurz
zu schneiden – jeder hat schon eine einschneidende Erfahrungen
gemacht. Fünf Menschen erzählen ihre fünf Geschichten.
Jede von ihnen bold. Auf ganz eigene Weise.
AUFGEZEICHNET VON SVEN NEIDINGER UND CHARLOTTE KOVAC
„Die Zeit hat mich für mein restliches Leben geprägt.“
Meine mutigste Entscheidung würde ich gleichzeitig als meine Nachhaltigste bezeichnen. Nach dem Abitur habe
ich mich dazu entschieden, ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu machen.
Dadurch habe ich nicht nur einen ersten Einblick in die Berufswelt erhalten, sondern gleichzeitig auch sehr viel an
Reife dazugewonnen. Die Zeit dort hat mich für mein ganzes Leben geprägt. Meine Entscheidung für eine Werkstatt
für Menschen mit Behinderung hat mich damals schon etwas Überwindung gekostet, aber ich hatte das Gefühl
die gemeinsame Arbeit mit diesen tollen, besonderen Menschen könnte mir nochmal einen anderen Blickwinkel
auf uns Menschen und unser Leben geben. Im Endeffekt war dieser Gedanke genau der Richtige. Ich habe
insgesamt genau ein Jahr dort gearbeitet und auch Dinge, vor denen ich zu Beginn noch etwas Respekt oder gar
Angst hatte, wie z.B. verschiedene Aufgaben im Pflegebereich, gingen mit der Zeit problemlos von der Hand. Ich
kann heute also sagen, dass die Entscheidung, für die ich wirklich Mut aufbringen musste, einen durchweg positiven
und einschneidenden Effekt auf mich und mein Leben hatte. Die vielen herzensguten Menschen, die ich dort
kennenlernen durfte, haben mein Leben auf jeden Fall bereichert und bleiben unvergessen für mich. Diese Erfahrung
hat mich in meinem Denken nachhaltig verändert, weshalb es nicht nur meine mutigste, sondern vor allem
auch eine meiner besten Entscheidungen meines Lebens war.
Daniel Cecura studiert Mediapublishing an der Hochschule der Medien. Nach seinem Abitur entschloss er sich dazu, eine FSJ-
Stelle anzutreten, die ihn als Mensch bis heute nachhaltig beeinflusst hat.
„Keine Sorge, das übernehme ich.“
Am 1. Mai 1979, ich hatte gerade im Alter von 24 Jahren
mein Studium abgeschlossen, wurde ich Vater
einer kleinen Tochter. Sie war das Ergebnis einer typischen
Studentenliebe. Die Mutter war eine Kommilitonin
aus meinem Semester, das Ganze war ungeplant
und ohne Kind hätten sich unsere Wege nach dem
Studium wahrscheinlich getrennt.
In der ersten Zeit nach der Geburt absolvierte ich meinen
Zivildienst und wir teilten uns die Betreuung des
Kindes. Ende Mai 1980 begann die Mutter des Kindes
ein Zeitungsvolontariat, allerdings in einer anderen
Stadt. Wir führten fortan eine Wochenendbeziehung,
unter der Woche kümmerte ich mich um die Kleine.
Völlig überraschend bekam ich im Herbst 1980 ein
Jobangebot für eine Referandariats-Stelle aus Hessen.
Die Mutter meiner Tochter war entsetzt, sie war ja
selbst mitten in ihrem Volontariat und konnte sich
während der Arbeit schlecht um die Kleine kümmern.
Das war der Moment für meine mutigste Entscheidung
und den folgenschweren Satz: „Keine Sorge, das
übernehme ich“.
Ich kümmerte mich fortan also allein um meine Tochter,
neben meiner Arbeit als Referendar in der Schule.
Die Beziehung zu meiner Frau ging kurze Zeit später
auch auseinander. Ein alleinerziehender
Vater war damals eine echte
Seltenheit, mir wurde dennoch
sehr viel Unterstützung von allen
Seiten entgegengebracht. Trotzdem
verlangte mir meine Entscheidung
extreme Disziplin ab,
ich konnte nicht wie andere in
meinem Alter einfach machen auf
was ich Lust hatte, an meiner Seite
war ja immer ein kleines Kind. Die
größte Herausforderung war also
immer, nicht unzufrieden zu werden
und der Kleinen die Schuld zu
geben, dass meine eigenen Bedürfnisse
zu kurz kommen. Heute
kann ich aber ehrlich sagen, diese
Gedanken nie gehabt zu haben
und ich habe meine mutige Entscheidung
von damals nie bereut.
Ulrich Huse war jahrelang Professor und Studiengangsdekan
des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule
der Medien. Eine Reihe unerwarteter Ereignisse führten
direkt nach dem Studium zu einem Satz, der sein Leben für
immer verändern sollte.
Bilder: Privatarchiv der dargestellten Personen