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MEDIAkompakt Ausgabe 30

Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org

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02/ 2021 BOLD 35

Mut, der sich lohnt

Bild: Michelle Rapp

Abenteuer erleben, neue

Kulturen kennenlernen und

interessanten Menschen begegnen

– so hatte ich mir mein

Auslandssemester in Oxford

vorgestellt. Dann erwischte

mich die Pandemie eiskalt.

VON MICHELLE RAPP

Für Studierende, egal in welchem Land,

ist die Pandemie eine Herausforderung.

Wo die Politik sich Gedanken

über Schulen macht, bleiben Universitäten

meist außen vor. Auch in Großbritannien

unterscheidet sich das Studieren nicht

viel von der Situation in Deutschland: Vorlesungen

finden online statt, Kommilitonen lernt man

virtuell kennen und in die Bibliothek darf nur,

wer Hygienemaßnahmen einhält.

Dass ich daher an einem Mittwochnachmittag

mit meinem kompletten Kurs samt Professoren in

Oxfords Stadtzentrum stehen würde, hätte ich

mir nie träumen lassen. Denn begonnen hat mein

Studium an der Oxford Brookes University (OBU)

in Stuttgart. Mit Blick auf den Fernsehturm

studierte ich Media, Journalism and Publishing

vor dem Laptop. Auslandsfeeling? Weit gefehlt!

Daher flog ich im März nach Oxford.

Risikogebiet. Dass ich mir viele Sorgen machte,

war untertrieben. Dennoch ließ ich den Kessel

hinter mir, absolvierte sage und schreibe vier

Corona-Tests und verbrachte vierzehn Tage in

Quarantäne. Auf zehn Quadratmetern keine

einfache Übung, denn am Schlimmsten war die

Eintönigkeit. Isoliert von meinen Mitstudierenden

in einem kleinen Zimmer zu sitzen, ohne vor

Ort Kontakte aufbauen zu können, war hart. Aber

ohne diesen Sprung ins kalte Wasser hätte ich

niemals vor der berühmten Radcliffe Camera

stehen und den Anekdoten meiner Professorin Jane

lauschen können.

Auch für andere, internationale Studierende

haben sich die Mühen gelohnt. Jeder stand vor

seinen eigenen Alltagshürden, doch wir haben sie

alle überwunden: Giada ist seit Januar in Oxford

und studierte Film-Studies an der Oxford Brookes

University. Für sie waren nicht die Quarantäne

und die Isolation ein Problem, sondern die räumliche

Trennung: „Ich musste meinen Partner und

meine Heimat Rom für fünf Monate zurücklassen.

Das war hart. Vor allem, weil ich mit gesundheitlichen

Problemen zu kämpfen habe.“

Der fehlende Kontakt zu anderen Studierenden

sei für sie herausfordernd gewesen, denn: „In

einer fremden Stadt allein zu sein ist total anders.“

Um sich abzulenken, hätten ihr lange Spaziergänge

und ihre Lieblingsband Muse geholfen. Giada

ist stolz, dennoch in Oxford geblieben zu sein: „Es

war nicht einfach, aber insgesamt hat sich das

Semester gelohnt. Ich möchte nach der Pandemie

auf jeden Fall nochmal nach Oxford kommen.“

Für Georgeanna hat sich durch die Pandemie

ebenfalls einiges geändert. Die gebürtige Texanerin

wollte nach Neuseeland, doch da hat ihr das

Virus einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Jetzt ist sie wieder an der OBU – zum zweiten Mal.

Als aufsteigende Eiskunstläuferin in den USA war

es für sie ein großes Risiko, nach Oxford zu kommen:

„Es war mir bewusst, dass ich vier Monate

keinen Zugang zu Eisbahnen haben würde. Ich

bin mein ganzes Leben lang Schlittschuh gelaufen.

Das ist die längste Zeit, die ich nicht auf dem

Eis war.“

Am schwierigsten sei es für sie gewesen, andere

Wege zu finden, ihre Kreativität abseits der Eislaufbahn

auszudrücken. Um fit zu bleiben, trainierte

die 22-Jährige jeden Tag im Fitnessstudio.

Der ideale Ausgleich zum digitalen Studium. Wie

Giada fand es auch Georgeanna schwierig, online

mit Kommilitonen zu interagieren. Zwar boten

ihr die digitalen Vorlesungen Flexibilität, einen

Zeitplan fürs Training zu erstellen, optimal fand

sie es allerdings nicht. Den Wechsel nach Oxford

hat sie trotzdem nicht bereut: „Die Stadt ist für

mich zu einem zweiten Zuhause geworden. Wo

ich trainiere, ist mir im Prinzip egal. Und wenn

ich Heimweh nach Texas habe, mache ich mir

einfach Tortillas.“

Mut? Brauchte jeder von uns. Allein im Ausland

zu studieren ist alles andere als einfach – vor

allem während einer Pandemie. Doch zwischen

uralten Colleges in der „Stadt der träumenden

Türme“ zu sitzen und in einem Pub ein Pint zu

trinken, war es allemal wert.

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