Hainfeld Info 03/2009 - Wir Hainfelder
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3-09<br />
Sport und Politik<br />
in der Zwischenkriegszeit<br />
Bilder von Politikern, die sich Seite an Seite mit Sportlern in<br />
den Medien präsentieren und deren sportliche Erfolge für sich<br />
und ihre Politik beanspruchen, sind uns vertraut.<br />
In der Zwischenkriegszeit war die Beziehung von Sport und Politik<br />
nicht so harmlos, sondern kämpferisch politischen Zielen<br />
verhaftet.<br />
Seit dem 19. Jahrhundert und gehäuft nach dem Ersten Weltkrieg,<br />
entwickelte sich der frei organisierte Sport zu einer<br />
Massenbewegung.<br />
Weltanschauliche<br />
Unterschiede in und<br />
strenge Abgrenzungen<br />
zwischen den<br />
Turn- und Sportvereinen<br />
verschiedener<br />
Parteien und politischer<br />
Strömungen<br />
wurden gepfl egt. In<br />
<strong>Hainfeld</strong> war bereits<br />
1882 der Deutschvölkische<br />
Turnverein<br />
gegründet worden,<br />
der Sportclub ATUS<br />
<strong>Hainfeld</strong> 1923 von<br />
dem sozialdemokratischenBürgermeister<br />
Karl Gschaider,<br />
(dem späteren Opfer der Nationalsozialisten.)<br />
Beide hatten großen Zulauf, beide bauten ihre Turnplätze aus.<br />
Beide wurden, zumindest zeitweise, im austrofaschistischen<br />
christlichen Ständestaat verboten. 1936 gab es in <strong>Hainfeld</strong> auch<br />
einen dritten Turnverein, den Christlich Deutschen Turnverein<br />
(Leitung Wilhelm Seitz).<br />
Ein Ereignis, das auf tragische Weise Zusammenhänge zwischen<br />
Sport und radikalisierter Politik aufzeigt und das Verbot<br />
der NSDAP durch die Regierung Dollfuß nach sich zog, wirkte<br />
sich auch auf die heimischen Vereine aus: Im Juni 1933 verübten<br />
die Nationalsozialisten auf christlich-deutsche Turner<br />
bei Krems einen Handgranatenüberfall, der einen Toten und<br />
zahlreiche Schwerverletzte mit sich brachte. Die Folge war die<br />
Aufl ösung von 43 deutschnationalen Turnvereinen. Behörden<br />
und Dienststellen wurden vom Bundeskanzleramt vor der „geheimen<br />
Fortsetzung der Tätigkeit der NSDAP (Hitlerbewegung)<br />
und vor „militärischer Schulung und Weiterbildung von SS und<br />
SA Angehörigen“ in Turnvereinen gewarnt.<br />
Die Nähe von Sport und Politik aller Richtungen bezeugt auch<br />
die im November 1933 geforderte Zuweisung von Turnplätzen<br />
und Turnsälen in Schulen zur Abhaltung von Übungen<br />
der Heimwehrbewegung. Der paramilitärische Charakter dieser<br />
Sportübungen in einer ideologisierten Welt ist anzunehmen.<br />
Heimwehrversanstaltung auf dem ehemaligen ÖTB-Turnplatz.<br />
Als Folge der Februarkämpfe 1934 kam es zu einem Verbot der<br />
Sozialdemokratischen Partei und der Aufl ösung aller ihrer Turn-<br />
und Sportvereine, auch des ATUS <strong>Hainfeld</strong>. Er wurde als politisch<br />
gefährlich eingestuft, das Vermögen beschlagnahmt und<br />
die Turngeräte in der Schule einbehalten. Ob der Fußballverein<br />
<strong>Hainfeld</strong>, der zwischenzeitlich den kämpferisch politischen Namen<br />
„Sparta <strong>Hainfeld</strong>“ trug, ebenfalls betroffen war, geht aus<br />
dem Bericht im Heimatbuch nicht hervor. Eine Änderung des<br />
Mannschaftsnamens 1934 erfolgte, der Spielbetrieb wurde bis<br />
1943 beibehalten, möglicherweise<br />
unter personellen<br />
Veränderungen.<br />
Nach dem (missglückten)<br />
Juliputsch<br />
1934 und der Ermordung<br />
des Bundskanzlers<br />
Dollfuß durch die<br />
Nationalsozialisten<br />
kam zusätzlich zu den<br />
bereits aufgelösten der<br />
gesamte Deutschvölkische<br />
Turnerbund unter<br />
staatliche Verwaltung,<br />
wurde aber nicht,<br />
wie der Arbeitersport<br />
vorher, gänzlich liquidiert.<br />
Die Deutschvölkischen<br />
Turnvereine im Land wurden bald wieder zugelassen,<br />
sie erhielten im Dezember 1934 sogar die Erlaubnis zur Abhaltung<br />
von Weihnachtsfeiern, durften sie aber nicht Julfeiern<br />
nennen, wie bisher.<br />
In <strong>Hainfeld</strong> lieferten einander 1935/36 der nunmehr so genannte<br />
Deutsche Turnverein, die Gemeinde, Schulen und Behörden<br />
vielleicht infolge des vorhergehenden Verbotes einen Schlagabtausch<br />
über die Benutzung ihres Turnplatzes. Die Mietforderung<br />
an die Schulen lehnte der Bürgermeister mit Hinweis auf eine<br />
Spende der Gemeinde 1927 und anderer Vergünstigungen ab.<br />
Die Zusammenhänge von Sport, Politik und Kriegsertüchtigung<br />
sind aus dieser Zeit schon evident, werden aber dann von den<br />
„Leibesübungen als Pfl icht jedes Deutschen“ in der NS-Zeit weit<br />
übertroffen.<br />
Quellen:http://www.sportunion.at/club/3535/doc/Union_Turn_<br />
und_Sportgeschichte.pdf<br />
Niederösterreichisches Landesarchiv: Akten BH St. Pölten 1933-<br />
1937<br />
Werden und Wachsen der Stadt <strong>Hainfeld</strong> . Hg. Karl Jägersberger<br />
(<strong>Hainfeld</strong> 2004) 302-308<br />
NachRichten Teil 8 (2008)<br />
(mk).<br />
Foto: Stadtarchiv.