23.12.2012 Aufrufe

Hainfeld Info 03/2009 - Wir Hainfelder

Hainfeld Info 03/2009 - Wir Hainfelder

Hainfeld Info 03/2009 - Wir Hainfelder

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4<br />

3-09<br />

Der<br />

TRAUER<br />

RAUM<br />

geben<br />

Maga. Barbara Enk ist Psychotherapeutin i.A.u.S. im Palliativteam<br />

im LK Lilienfeld und arbeitet in freier Praxis in 3170<br />

<strong>Hainfeld</strong>, Hauptstrasse 11.<br />

Ich erinnere mich noch genau an jene Tage im Frühjahr des<br />

Jahres 2000: die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, es<br />

roch nach Sommer und ich war ärgerlich. Ärgerlich auf die<br />

Vögel, auf die Sonne und ganz besonders auf Menschen, die zu<br />

allem Überfl uss auch noch gut gelaunt waren.<br />

Die äußeren Gegebenheiten und meine innere Verfassung klafften<br />

meilenweit auseinander. An Regentagen ging es etwas besser.<br />

Wenn Nebelschwaden die Sicht verstellten und Regentropfen an<br />

den Fensterscheiben ihre Rinnen zogen, passten das Innen und<br />

das Außen wieder zusammen.<br />

Der Verlust eines geliebten Menschen lag bereits so lange zurück,<br />

dass sich in der Öffentlichkeit nicht mehr viele Gelegenheiten<br />

boten, meinem immer noch vorhandenen Schmerz Ausdruck<br />

zu verleihen. Am schlimmsten waren die gut gemeinten<br />

Ratschläge: Ich sollte doch endlich loslassen, nach vorne blicken<br />

und die schönen Seiten des Lebens wahrnehmen. Um mir<br />

derartige Tröstungsversuche zu ersparen, zog ich mich immer<br />

mehr zurück. Die Einsamkeit war leichter zu ertragen als das<br />

Unverstandensein. Lediglich eine Freundin, die ihren Lebenspartner<br />

bei einem Bergunfall verloren hatte, berichtete mir von<br />

ähnlichen Erfahrungen. Ihr konnte ich anvertrauen, wie es mir<br />

ging. Die dadurch erfahrene Solidarität war heilsam.<br />

In meinem Grundberuf als Krankenschwester sind mir viele<br />

trauernde Menschen begegnet. Bis zu meiner eigenen, einschneidenden<br />

Verlusterfahrung habe ich versucht zu „VER-<br />

TRÖSTEN“ und betrachtete meine Bemühungen als erfolgreich,<br />

wenn die Tränen aufgehört hatten zu fl ießen. Mir ging<br />

es dann besser, weil ich das Weinen nicht mehr mit ansehen<br />

musste – aber zurück blieben trauernde Menschen, die auch<br />

noch dafür Kraft aufwenden mussten, ihre Gefühle nicht zu<br />

zeigen, weil sie merkten, dass ihre Mitmenschen damit nicht<br />

gut umgehen konnten.<br />

Trauer hat viele Gesichter, viele Farben und viele Formen.<br />

Trauer kann sich sehr unterschiedlich ausdrücken. Wichtig ist<br />

letztendlich, dass sie ausgedrückt wird. Es müssen keine Worte<br />

sein und auch keine Tränen. Es gibt keine richtige oder falsche<br />

Trauer und keine vorgegebene Zeit, wie lange sie dauern darf.<br />

Trauernde Menschen sind verletzlich und brauchen Schutz. Wer<br />

sich ein Bein bricht, bekommt einen Gips. Dieser ist nach außen<br />

deutlich sichtbar und macht es der Umgebung leicht, Rücksicht<br />

zu nehmen. Niemand erwartet volle Einsatzfähigkeit von einer<br />

Person mit Gipsbein. Ein Krankenstand ist selbstverständlich.<br />

Ein gebrochenes Herz lässt sich weder mittels Röntgenbild feststellen,<br />

noch kann ein Gips die Heilungschancen verbessern<br />

oder der Umwelt die Ausnahmesituation signalisieren. Früher<br />

übernahm schwarze Kleidung diese Funktion. Althergebrachte<br />

Rituale passen oftmals nicht mehr und neue gilt es erst zu fi nden.<br />

Heute funktionieren trauernde Menschen zumeist sehr<br />

rasch wieder: sie gehen zur Arbeit, versorgen ihre Kinder und<br />

nehmen an Veranstaltungen teil. Nach außen hin wird rasch<br />

wieder zur Normalität zurückgekehrt. Viele bleiben mit ihrem<br />

Schmerz sehr einsam und fi nden keinen entsprechenden Ort, wo<br />

dieser ausgedrückt werden kann. Die Trauer bleibt, sie lässt sich<br />

nicht wegschieben und sie wird einen Weg fi nden, um sich zu<br />

zeigen. Notfalls nimmt sie den Körper zu Hilfe: chronische, unbehandelbare<br />

Schmerzen können die Folge nicht gelebter Trauer<br />

sein. Trauer ist keine Krankheit - aber nicht gelebte, unterdrückte<br />

Trauer kann krank machen.<br />

In Lilienfeld startet am 24. September <strong>2009</strong> eine Gruppe für trauernde<br />

Menschen. An neun gemeinsamen Abenden (24.9., 8.10.,<br />

22.10., 5.11., 19.11., 3.12., 17.12., 14.1., 28.1. jeweils um 16.00<br />

Uhr) soll der TRAUER RAUM gegeben werden und in einem<br />

schützenden Rahmen nach individuell passenden Möglichkeiten<br />

des Ausdrucks gesucht werden.<br />

Bei Interesse empfi ehlt sich eine persönliche<br />

Kontaktaufnahme mit Maga. Barbara Enk:<br />

0664/ 737 044 23 oder mit dem Palliativ-Verein<br />

Lilienfeld unter 0664/ 610 02 29.<br />

Kostenloser<br />

<strong>Info</strong>rmationsabend<br />

der Initiative<br />

„Trauer leben“<br />

Nicht allein sein bei Verlust,<br />

Trennung und Abschied<br />

Dr. Wolfgang Egger ist Arzt für Allgemeinmedizin in <strong>Hainfeld</strong><br />

und neuer Obmann des Palliativ-Vereins Bezirk Lilienfeld<br />

Die Initiative „Trauer leben“ setzt sich aus dem Palliativ<br />

Verein Lilienfeld und dem Mobilen Hospizdienst<br />

der Caritas zusammen. Es werden ab September <strong>2009</strong><br />

Trauergruppen in Lilienfeld und <strong>Hainfeld</strong> angeboten. Auch eine<br />

individuelle Beratung und Begleitung ist möglich. Nähere <strong>Info</strong>rmationen<br />

dazu unter: 0676/ 83 844 644.<br />

Die Initiative „Trauer leben“ lädt dazu am<br />

Donnerstag, 17. September <strong>2009</strong> um 18.00 Uhr<br />

in die Räumlichkeiten des Roten Kreuzes Lilienfeld,<br />

Liese Prokop Straße 8, 3180 Lilienfeld ein.<br />

Die Teilnahme ist kostenlos.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!