Der Augustdorfer: Augustdorf aus dem Rathaus
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Natur • Tiere • Garten<br />
zu bleiben. Und ich will meinen<br />
Eid treulich halten, damit<br />
nicht meine Seele zur Hölle<br />
fahre. Mit vielen Worten und<br />
Tränen habe ich von meinem<br />
Herrn die Erlaubnis erbettelt,<br />
Dich auf zwei Tage zu besuchen<br />
und Dich zu trösten.<br />
Nächsten Montag, lange bevor<br />
die Sonne über den Wald<br />
steigt, muß ich Dich verlassen<br />
und wieder in meinen strengen<br />
Dienst zurückehren. Folge mir nicht; es würde Dein<br />
und mein Verderben sein.<br />
BAUFINANZIERUNG<br />
Nächstes Jahr hoffe ich Dich wieder auf ein paar Tage zu<br />
sehen. Die Mutter machte sich nun in der Küche zu schaffen,<br />
um der Tochter eine Labung zu bereiten. Da sie sich<br />
zu <strong>dem</strong> Ofenloch niederbückte, hörte sie die Tochter in der<br />
Stube reden und l<strong>aus</strong>chte, ob sie was erführe. Da hörte<br />
sie die Worte:<br />
„ Keinen Menschen darf ich’s sagen,<br />
Doch <strong>dem</strong> Ofen will ich’s klagen:<br />
Droben in <strong>dem</strong> Henningsloch<br />
Trage ich des Räubers Joch!“<br />
Nun wußte die Mutter Alles. Hin und her sann sie, wie<br />
der Tochter zu helfen sei. Endlich glaubte sie, ein Mittel<br />
gefunden zu haben. Sie füllte die Taschen ihrer Tochter<br />
mit Erbsen. In grauer Morgenröthe stand diese auf, riß<br />
sich mit vielen Tränen von der Mutter los und machte sich<br />
auf den Weg.<br />
Als sie in das Dorf kam, fühlte sie die schweren Taschen in<br />
ihrem Kleide, griff hinein und fand die Erbsen. Sogleich erkannte<br />
sie die Absicht der Mutter und merkte, daß diese in<br />
der Küche gel<strong>aus</strong>cht und ihre heimliche Klage gehört hatte<br />
Eine Erbse nach der anderen ließ sie fallen. Als es aber<br />
lichter Morgen ward, schlich die Mutter der Erbsenspur<br />
nach und fand den Weg nach der Höhle.<br />
Hier verschwand Weg und Spur im Feldgewirr. Wohl aber<br />
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bemerkte die Mutter von fern hinter einem Apfelbaum und<br />
dichtem Gebüsch einen Spalt, der in den Berg zu führen<br />
schien.<br />
„Das ist die Thür zum Räuberloch!“ murmelte die Mutter,<br />
„und dort verseufzt mein armes Kind ihr junges Leben im<br />
Dienste des Unholds! Lieber Heiland, hilf mir, daß ich sie<br />
rette <strong>aus</strong> ihrem Elend!“ Vorsichtig stieg sie zwischen Gebüsch<br />
und Baum bergab, ging zur Stadt und vertraute <strong>dem</strong><br />
Rathe, was sie entdeckt hatte. <strong>Der</strong> ward dessen froh und<br />
gelobte der Mutter Hülfe, <strong>dem</strong> Räuber aber gedachte er auf<br />
seinen Kopf zu bezahlen, was er seit Jahren der ganzen<br />
Gegend schuldig geworden war. Als der Abend kam und<br />
die bleiche Mondsichel durch die Bäume schien, machten<br />
sich sechs gewappnete Knechte auf und folgten der<br />
Wittwe nach der Höhle. Langsam und heimlich zogen sie<br />
durch die stille Nacht dahin. Mit leisen, vorsichtigen Tritten<br />
stiegen sie auf schmalen Pfaden empor und gelangten<br />
endlich zur Höhle. Alles war todtenstill. Ein kühner Jüngling<br />
kroch auf <strong>dem</strong> Bauche bis an den Eingangsspalt der<br />
Höhle, legte sein Ohr an die Erde und hörte lautes schnarchen.<br />
„ Da wäre ja die Räuberhöhle gefunden! <strong>Der</strong> Räuber<br />
ist darin und liegt in tiefstem Schlafe! Besser konnten wir<br />
es nicht treffen!“ dachte der L<strong>aus</strong>cher. Aber erschrocken<br />
fuhr er zurück, als er in der Spalte eine lichte, leichte Gestalt<br />
erblickte. Es war das unglückliche Mädchen, das der<br />
Räuber in seinen Dienst gezwungen hatte. Jetzt spähte es<br />
in stiller Mitternacht nach den Rettern <strong>aus</strong>, denn es hatte<br />
sich gedacht, daß ihre Mutter den Pfad erkunden und die<br />
Retter führen würde.<br />
Als ein Stein unter den Füßen des L<strong>aus</strong>chers rollte, da<br />
erkannte sie ihn und seine Absicht. Sie legte die Hand<br />
auf den Mund und trat her<strong>aus</strong>. Er erhob sich und ging<br />
behutsam mit ihr zurück zu seinen Helfern. „Er ist trunken“,<br />
sagte sie leise zu den Männern. Wortlos sanken sich<br />
Mutter und Tochter in die Arme und weinten stille, heiße<br />
Tränen. Die Retter aber zündeten eine Fackel an und drangen<br />
nun ein in das innere der Höhle. Auf seinem Lager in<br />
einer Felsennische lag der Räuber in schwerer Betäubung.<br />
Ohne Mühe wurde der Bösewicht mit Stricken gebunden,<br />
aber nur mit Mühe von seinem Schlafe erweckt. Als er<br />
jedoch die fremden Gesichter in der Fackelgluth erkannte<br />
und die Stricke an Händen und Füßen spürte, da stieß<br />
er einen wilden Fluch <strong>aus</strong> und knirschte mit den Zähnen.<br />
Die Männer trugen und schleppten ihn durch Wald und<br />
Steingerölle hinab an eine freie Stelle.<br />
42<br />
<strong>Der</strong> <strong><strong>Augustdorf</strong>er</strong>/ August - September '21