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Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

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Erschließung der Bestände erteilt werden, sofern keine Interessen Dritter dem entgegenstehen<br />

<strong>oder</strong> laufende Ermittlungsverfahren dadurch gefährdet würden102 .<br />

Die Akten durften "im Rahmen gesetzlich geregelter Sicherheitsüberprüfungen" und im Falle<br />

"politisch relevanter Gründe" zur Überprüfung von Personen auf eine offizielle <strong>oder</strong><br />

inoffizielle Zusammenarbeit mit dem MfS verwendet werden. Min<strong>des</strong>tens im letzteren Fall<br />

mußte allerdings die Zustimmung der betreffenden Person vorliegen103 . Auch zum Zweck der<br />

Strafverfolgung war die Benutzung der personenbezogenen Akten zulässig, wenn damit<br />

Straftaten im Zusammenhang mit der Tätigkeit <strong>des</strong> MfS aufgeklärt werden sollten und es sich<br />

im Sinne <strong>des</strong> Strafgesetzbuches der DDR um Verbrechen handelte104 . Schließlich sah das<br />

Gesetz eine durch Bestimmungen zum Schutz der Rechte <strong>des</strong> einzelnen eingeschränkte<br />

Nutzung der personenbezogenen Daten für die wissenschaftliche Forschung vor105 . Hinweise<br />

auf die Möglichkeit einer späteren Aktenvernichtung fehlten. Der Ausschußvorsitzende<br />

Gauck sprach sich dafür aus, die Personenakten noch längere Zeit aufzubewahren, zumin<strong>des</strong>t<br />

aber eine archivische Erschließung und Bewertung <strong>des</strong> Materials abzuwarten106 .<br />

4. Der Einigungsvertrag<br />

In der Presse wurde über den Gang <strong>des</strong> Gesetzgebungsverfahrens wenig berichtet. In die<br />

Schlagzeilen geriet das Gesetz erst, als am 29. und 30. August die Nachricht in die Öffentlichkeit<br />

drang, daß es nicht in den Einigungsvertrag übernommen werden sollte. Vielmehr<br />

sollte bis zur Verabschiedung eines neuen, nunmehr gesamtdeutschen Gesetzes der Präsident<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>archivs in Koblenz die Funktion eines Sonderbeauftragten für die MfS-Unterlagen<br />

wahrnehmen. Geplant war, ihm einen dreiköpfigen Beirat zur Seite zu stellen, dem nur ein<br />

Vertreter aus der DDR angehören sollte. Die Personendaten sollten nach der<br />

Übergangsregelung gesperrt bleiben, durften aber nicht gelöscht werden. Ferner war<br />

vorgesehen, Auskünfte nur dann zu erteilen, wenn dies zur Verfolgung der Interessen der<br />

Betroffenen unaufschiebbar sei. Die Akten sollten bis zu einer gesetzlichen Regelung<br />

lediglich zu folgenden Zwecken benutzt werden können: zur Wiedergutmachung und<br />

Rehabilitierung von Opfern <strong>des</strong> MfS sowie für Überprüfungen auf MfS-Mitarbeit bei<br />

Abgeordneten der Parlamente, Mitarbeitern <strong>des</strong> Öffentlichen Dienstes, Kandidaten und<br />

102 Dokument 39, § 11 Abs. 1-3.<br />

103 Dokument 39, § 9 Abs. 2 Nr. 3.<br />

104 Dokument 39, § 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Nr. 1. Verbrechen im Sinne <strong>des</strong> Strafgesetzbuches der<br />

DDR waren Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von min<strong>des</strong>tens zwei Jahren geahndet werden konnten; §<br />

1 Abs. 3 StGB (DDR). <strong>Zur</strong> Zeit der Verabschiedung <strong>des</strong> Volkskammergesetzes galt die am 29.6.1990<br />

geänderte Fassung <strong>des</strong> StGB; 6. Strafrechtsänderungsgesetz, Anlage 1, in: Gesetzblatt der Deutschen<br />

Demokratischen Republik, Teil I, Nr. 39, 9.7.1990, S. 527-537, hier 527.<br />

105 Dokument 39, § 10.<br />

106 37. Tagung, in: Volkskammer, Protokolle, 10. Wahlperiode, Bd. 29, S. 1453.

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