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Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

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Bürgerkomitees übten Kritik an den geplanten Zugangs- und Aussonderungsregeln.<br />

Außerdem sprachen sie sich erneut gegen ein begrenztes Nutzungsrecht der Geheimdienste<br />

aus, da eine Trennung zwischen "operativen Akten" und "Personenakten" nicht möglich<br />

sei232 .<br />

In dieser Frage gingen die Standpunkte der Mehrheitsfraktionen und der Gruppe Bündnis<br />

90/Die Grünen in den folgenden Wochen immer weiter auseinander. Der Streit um das<br />

Zugangsrecht der Nachrichtendienste zu den Akten war eine wesentliche Ursache dafür, daß<br />

das Bündnis einen eigenen Gesetzentwurf einbrachte, der in diesem Punkt den Vorgaben <strong>des</strong><br />

Bürgerkomitee-Entwurfs folgte: Er verbot den Nachrichtendiensten generell den Zugang zu<br />

den personenbezogenen Unterlagen und enthielt keine Aussonderungsregelungen233 .<br />

Der Sonderbeauftragte Gauck bedauerte den Ausstieg <strong>des</strong> Bündnis 90/Die Grünen aus den<br />

gemeinsamen Vorverhandlungen zum Gesetz. Er vertraue darauf, daß es im Gesetz keinen<br />

Zugriff der Nachrichtendienste auf die Opferakten geben werde234 .<br />

Der gemeinsame Gesetzentwurf von CDU/CSU, SPD und F.D.P. präzisierte die in den<br />

"Grundsätzen" getroffenen Regelungen: Die Nachrichtendienste sollten die Unterlagen von<br />

Betroffenen nicht verwenden dürfen, wohl aber personenbezogene Materialien über<br />

Mitarbeiter <strong>oder</strong> Begünstigte, wenn sie die Bereiche Spionage, Spionageabwehr, Terrorismus<br />

<strong>oder</strong> gewalttätigen Extremismus beträfen. Als Definitionsgrundlage sollte das<br />

Bun<strong>des</strong>verfassungsschutzgesetz gelten, damit nicht die sehr viel weiteren Begriffsdefinitionen<br />

der ehemaligen DDR in Anwendung kämen235 . Darüber hinaus sollte der Innenminister die<br />

ersatzlose Herausgabe dieser Unterlagen anordnen können, wenn das Wohl der<br />

Bun<strong>des</strong>republik <strong>oder</strong> eines ihrer Länder dies erfordere. Die parlamentarische Kontrollkommission<br />

müsse in diesem Fall vorab unterrichtet werden236 .<br />

Während der ersten Lesung der Gesetzentwürfe am 13. Juni im Bun<strong>des</strong>tag behauptete die<br />

PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke, der Mehrheitsentwurf legalisiere nachträglich die Beschaffung<br />

von MfS-Unterlagen durch Geheimdienste und Bun<strong>des</strong>kriminalamt und mache den<br />

Bun<strong>des</strong>beauftragten "mit seiner ganzen Behörde selbst zu einem Teil <strong>des</strong> Apparates der<br />

232 Bonns Pläne heftig kritisiert, in: ND, 3.5.1991.<br />

233 Dokument 43, § 15 Abs. 1.<br />

234 Kuhhandel mit Geheimdienst kommt nicht in Frage, in: BZ, 29.5.1991.<br />

235 Vgl. Dokument 44, § 19 Abs. 1-2, sowie ebenda, Begründung zu § 19 Abs. 2. Im Bun<strong>des</strong>verfassungsschutzgesetz<br />

sind die Begriffe allerdings nicht direkt definiert; dieses bestimmt in § 4 Abs. 1 lediglich,<br />

was "Bestrebungen gegen den Bestand <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> <strong>oder</strong> eines Lan<strong>des</strong>", "Bestrebungen gegen die Sicherheit<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> <strong>oder</strong> eines Lan<strong>des</strong>" und "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratischen Grundordnung"<br />

sind; Gesetz über die Zusammenarbeit <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und der Länder in Angelegenheiten <strong>des</strong><br />

Verfassungsschutzes und über das Bun<strong>des</strong>amt für Verfassungsschutz (Bun<strong>des</strong>verfassungsschutzgesetz -<br />

BVerfSchG), verkündet als Artikel 2 <strong>des</strong> Gesetzes zur Fortenwicklung der Datenverarbeitung und <strong>des</strong><br />

Datenschutzes vom 20.12.1990, in: Bun<strong>des</strong>gesetzblatt, Teil I, Nr. 73, 29.12.1990, S. 2970-2976.<br />

236 Dokument 44, § 19 Abs. 3.

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