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Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

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Die Bürgerkomitees folgten dagegen in ihrem Entwurf vom Februar 1991 den Vorstellungen<br />

<strong>des</strong> Volkskammergesetzes vom August 1990. Wie dieses sah der Entwurf eine dezentrale<br />

Lagerung und Verwaltung der Akten in Berlin und den neuen Bun<strong>des</strong>ländern vor. In den<br />

Ländern sollte jeweils ein Lan<strong>des</strong>beauftragter, in Berlin ein Bun<strong>des</strong>beauftragter die<br />

Unterlagen verwalten. Als koordinieren<strong>des</strong> Gremium war eine gemeinsame Kommission<br />

vorgesehen. Neu gegenüber dem Volkskammergesetz war, daß die Beauftragten nicht den<br />

jeweiligen Regierungen, sondern den Parlamenten unterstehen sollten285 . Das dezentrale<br />

Modell, so die Bürgerkomitees, sei bürgernah und berücksichtige das Mißtrauen, das die<br />

Bürger in den neuen Ländern gegenüber zentralistischen Strukturen hegten286 . Die Gruppe<br />

Bündnis 90/Die Grünen knüpfte in ihrem Antrag vom 20. März 1991 an den Vorschlägen der<br />

Bürgerkomitees an287 .<br />

Die am 25. April 1991 vereinbarten "Grundsätze" der Parteien für ein <strong>Stasi</strong>-Unterlagen-<br />

Gesetz schrieben den Status quo der zentralen Aktenverwaltung fort288 . Die Abgeordnete von<br />

Bündnis 90/Die Grünen Ingrid Köppe verdeutlichte jedoch in einer Presseerklärung, daß ihre<br />

Gruppe die Diskussion in diesem Punkt noch keineswegs als beendet ansah: Vor- und<br />

Nachteile möglicher Organisationsformen der Aktenverwaltung müßten vor einer Festlegung<br />

sorgfältig geprüft werden289 . Die Sprecher der Bürgerkomitees warfen auf ihrer Tagung in<br />

Königswinter Anfang Mai den Parteien sogar vor, mit der Regelung in den "Grundsätzen" den<br />

Einigungsvertrag gebrochen zu haben290 . Am 16. Mai kritisierte Ingrid Köppe in einem<br />

Interview der "tageszeitung" die geplante zentrale Aktenverwaltung: Diese gebe den Ländern<br />

so gut wie kein Mitspracherecht291 . Die Gruppe Bündnis 90/Die Grünen übernahm in ihrem<br />

Gesetzentwurf schließlich die Regelungen <strong>des</strong> Bürgerkomitee-Entwurfs292 , während der<br />

Mehrheitsentwurf die "Grundsätze" ausgestaltete293 .<br />

Neu war im Mehrheitsentwurf gegenüber den Regelungen <strong>des</strong> Einigungsvertrags vor allem,<br />

daß den neuen Ländern formal keine Mehrheit im Beirat der Behörde garantiert war: Nur<br />

sechs Beiratsmitglieder sollten aus den neuen Länder kommen, weitere zehn vom Bun<strong>des</strong>tag<br />

gewählt werden294 . Lediglich in der Begründung wurde eine Mehrheit der neuen Länder<br />

Wahlperiode, Bd. 156, S. 1306D, 1319A u. 1320B-C. Vgl. auch Echte Panne, in: Der Spiegel, Nr. 10,<br />

4.3.1991, S.41-44, hier 41.<br />

285 Bürgerkomitee-Entwurf, §§ 3-5.<br />

286 Bürgerkomitee-Entwurf, Begründung zu § 4 Abs. 1.<br />

287 Antrag Bündnis 90/Die Grünen vom 20.3.1991, Drs. 12/283, S. 3 f.<br />

288 Dokument 42.<br />

289 Presseerklärung Bündnis 90/Die Grünen, Nr. 98, 25.4.1991.<br />

290 M. Schlingmann: Noch immer Unmut über <strong>Stasi</strong>-Akten-Gesetz, in: Die Welt, 3.5.1991; Gerster: <strong>Stasi</strong>-Akten<br />

beschleunigt aufarbeiten, in: SZ, 3.5.1991.<br />

291 Dokument 29.<br />

292 Dokument 43, §§ 3-5.<br />

293 Dokument 44, § 28.<br />

294 Ebenda, § 31 Abs. 1.

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