24.12.2012 Aufrufe

Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

52<br />

demontiert werden. Deshalb sei er dafür, die Unterlagen nur noch zur Rehabilitierung der<br />

Opfer zu benutzen und im übrigen zu schließen314 . Diese Äußerung wurde in der Folgezeit<br />

häufig zitiert und fand auch vereinzelt Unterstützung, so beispielsweise durch den Theologen<br />

und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer315 . Doch diejenigen, die an der Ausarbeitung <strong>des</strong><br />

<strong>Stasi</strong>-Unterlagen-Gesetz beteiligt waren, gingen andere Wege. Schon sehr früh zeichnete sich<br />

ein grundsätzlicher Konsens zwischen den Bürgerkomitees, der Gruppe Bündnis 90/Grüne<br />

sowie den Fraktionen CDU/CSU, SPD und F.D.P. ab, weitreichende Personenüberprüfungen<br />

auf eine MfS-Mitarbeit im Gesetz zuzulassen316 .<br />

So waren in den beiden im Juni 1991 in den Bun<strong>des</strong>tag eingebrachten Gesetzentwürfen die<br />

Personengruppen, bei denen eine Überprüfung grundsätzlich zugelassen sein sollte, nahezu<br />

identisch. Sie sollte, wie bereits im Einigungsvertrag, festgelegt, erlaubt sein: bei<br />

Abgeordneten von Volksvertretungen und Kandidaten für Parlamentsmandate sowie bei der<br />

Bewerbung und Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst. Zusätzlich sollten künftig<br />

Bun<strong>des</strong>- und Lan<strong>des</strong>vorsitzende politischer Parteien, Inhaber leitender Funktionen in der<br />

Wirtschaft, Mitarbeiter <strong>des</strong> kirchlichen Dienstes sowie Bewerber auf die eben genannten<br />

Stellen, außerdem Notare und Rechtsanwälte überprüft werden können317 . Gemeinsam war<br />

beiden Entwürfen ferner, daß Überprüfungen bestimmter Personengruppen zwar ermöglicht,<br />

jedoch nicht zwingend vorgeschrieben werden sollten. Die Entscheidung zur Überprüfung<br />

wurde in beiden Vorlagen denjenigen Stellen zugewiesen, die zu einem Antrag auf<br />

Überprüfung berechtigt waren.<br />

Allerdings bestanden zwischen beiden Entwürfen auch Unterschiede: Der Entwurf von<br />

Bündnis 90/Die Grünen nannte zusätzlich zu den im Mehrheitsentwurf aufgeführten<br />

Personengruppen die Mitglieder der Bun<strong>des</strong>- und Lan<strong>des</strong>vorstände politischer Parteien sowie<br />

von Betriebsräten. Zudem enthielt er einen Passus, nach dem auch Personen überprüft werden<br />

konnten, die nicht zu den im Text ausdrücklich genannten Gruppen gehörten, falls es<br />

"politisch relevante Gründe" dafür gebe und die Zustimmung der zu Überprüfenden<br />

vorliege318 . Nur nach dem Mehrheitsentwurf war dagegen die Benutzung der Unterlagen für<br />

Überprüfungen von Inhabern leitender Funktionen in Verbänden und für Sicherheitsüberprüfungen<br />

gestattet319 . Außerdem schränkte der Mehrheitsentwurf bei bestimmten Personengruppen<br />

die Überprüfungsmöglichkeiten ein: Angestellte <strong>des</strong> öffentlichen und kirchlichen<br />

314 Dokument 18. Forck hat sich im April 1991 von dieser Aussage distanziert: Gauck fordert umfassen<strong>des</strong><br />

Recht auf Einsicht in die <strong>Stasi</strong>-Akten, in: Der Tagesspiegel, 10.4.1991.<br />

315 Dokument 19.<br />

316 Vgl. Bürgerkomitee-Entwurf, § 15 Abs. 2 Nr. 4; Burkhard Hirsch: "Nachhaltige Störung" (Dokument 22);<br />

Thesen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>fachausschusses Richter und Staatsanwälte in der ÖTV (Dokument 23). Zu den Inhalten<br />

der Formulierungshilfe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>innenministeriums siehe Jach: Auskunft.<br />

317 Dokument 43, § 15 Abs. 2 Nr. 7, sowie Dokument 44, § 16 Abs. 1 Nr. 6 und § 17 Abs. 2.<br />

318 Dokument 43, § 15 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe h.<br />

319 Dokument 44, § 16 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe i und § 17 Abs. 2 Nr. 9.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!