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Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

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Die PDS kritisierte den Mehrheitsentwurf heftig. Ihre Abgeordnete Ulla Jelpke äußerte am<br />

13. Juni im Bun<strong>des</strong>tag die Ansicht, der Paragraph 18 ermögliche den Einsatz der MfS-<br />

Unterlagen gegen Jugendrevolten, sozialen und politischen Protest und weitere von der<br />

Polizei an die Wand gemalte Drohungen273 .<br />

Obwohl die Medien im Sommer und Herbst 1991 die Erarbeitung <strong>des</strong> Gesetzes mit geringerer<br />

Aufmerksamkeit als im Frühjahr verfolgten, registrierten sie die Kritik, die<br />

Generalbun<strong>des</strong>anwalt Alexander von Stahl und der Präsident <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>kriminalamtes<br />

Gerhard Zachert gegen das geplante Gesetz während der Anhörung <strong>des</strong> Innenausschusses am<br />

27. August vortrugen274 . Zwar gaben beide dem Mehrheitsentwurf vor demjenigen der<br />

Gruppe Bündnis 90/Die Grünen den Vorzug. Zachert hielt jedoch den Paragraphen 18 <strong>des</strong><br />

Mehrheitsentwurfs "für verunglückt", und von Stahl bezweifelte, ob die bisherige gute<br />

Zusammenarbeit <strong>des</strong> Generalbun<strong>des</strong>anwalts mit dem Sonderbeauftragten nach der<br />

Verabschiedung dieses Gesetzes fortgesetzt werden könne. Beide monierten, daß nicht nur<br />

der Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen, sondern auch der Mehrheitsentwurf den<br />

Zielkonflikt zwischen der staatlichen Aufgabe einer wirksamen Strafverfolgung und den<br />

Persönlichkeitsrechten <strong>des</strong> einzelnen einseitig zugunsten der letzteren löse275 . In ihren<br />

schriftlichen Stellungnahmen forderten sie die Erweiterung und Präzisierung <strong>des</strong><br />

Straftatenkatalogs276 . Von Stahl vertrat die Auffassung, bei besonders schweren Straftaten<br />

müsse das generelle Verbot der Verwendung von Daten Betroffener und Dritter zu ihrem<br />

Nachteil aufgehoben und eine juristische Einzelfallprüfung ermöglicht werden277 .<br />

Der Innenausschuß reagierte auf diese Kritik insoweit, als er das generelle Verbot, personenbezogene<br />

Informationen über Betroffene <strong>oder</strong> Dritte zu deren Nachteil zu verwenden,<br />

durch die Verwertungsverbote der Strafprozeßordnung ersetzte278 . Informationen aus den<br />

Unterlagen Betroffener <strong>oder</strong> Dritter, so der Innenausschuß in seiner Begründung, sollten auch<br />

zur strafrechtlichen Verfolgung dieser Personen selbst benutzt werden können, falls sie eine<br />

der im Straftatenkatalog <strong>des</strong> Paragraphen 18 aufgeführten Straftaten begangen hätten. Bei<br />

solch schweren Verbrechen dürfe der Datenschutz nicht generell Vorrang vor der<br />

Strafverfolgung haben279 . Der Straftatenkatalog wurde vom Innenausschuß entsprechend den<br />

Anregungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates neu formuliert: Neben den bereits im Mehrheitsentwurf<br />

273 31. Sitzung, in: Bun<strong>des</strong>tag, Stenographische Berichte, 12. Wahlperiode, Bd. 157, S. 2371B-C.<br />

274 Siehe u. a.: Zustimmung vieler Experten, in: SZ, 28.8.1991; Ein Gesetz für 202 Kilometer <strong>Stasi</strong>-Akten, in:<br />

Der Tagesspiegel, 28.8.1991; Vgl. auch Ulrich Reitz: Eine Privilegierung der Täter?, in: Die Welt,<br />

31.8.1991.<br />

275 Anhörung <strong>des</strong> Innenausschusses, S. 74-78.<br />

276 Ebenda, S. 336, 538.<br />

277 Ebenda, S. 532. Aus der schriftlichen Stellungnahme Zacherts wird deutlich, daß er ebenfalls eine<br />

Einzelfallprüfung für notwendig hielt; ebenda, S. 334.<br />

278 Beschlußempfehlung <strong>des</strong> Innenausschusses, Drs. 12/1540, § 18 Abs. 1 Satz 2-3, S. 30. Im StUG (Dokument<br />

45), § 23 Abs. 1, Satz 2-3.<br />

279 Beschlußempfehlung <strong>des</strong> Innenausschusses, Drs. 12/1540, S. 61, Begründung zu § 18.

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