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Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

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ermöglicht und MfS-Verbrechen nachgegangen werden20 . Praktische Konsequenzen besaß<br />

der Beschluß zunächst jedoch nicht.<br />

Der Ministerratsbeschluß 13/4/90 vom 8. Februar 1990, auf <strong>des</strong>sen Grundlage die Auflösung<br />

<strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes vollzogen wurde, enthielt auch Weisungen zum weiteren<br />

Umgang mit dem Aktenmaterial <strong>des</strong> MfS: Die Akten sollten zunächst durch das Staatliche<br />

Komitee in Zusammenarbeit mit den Bürgerkomitees sichergestellt werden. Die<br />

Verantwortung für die Sicherung <strong>des</strong> Materials trug das Innenministerium. Die Unterlagen<br />

wurden gesperrt, lediglich Staatsanwaltschaften und Gerichte durften sie einsehen. Über<br />

weitere Ausnahmen hatten die Regierungsbevollmächtigten einstimmig zu entscheiden21 .<br />

Am 19. Februar 1990 fiel eine erste endgültige Entscheidung: Auf Anraten der Arbeitsgruppen<br />

Sicherheit und Recht beschloß der Zentrale Runde Tisch die Vernichtung der<br />

"magnetischen Datenträger" <strong>des</strong> MfS, die personenbezogene Daten enthielten, sowie der<br />

dazugehörigen Anwendersoftware22 . Nachdem diese Entscheidung am 26. Februar zum<br />

Ministerratsbeschluß erhoben worden war, wurde bis zum 9. März ein großer Teil der<br />

Magnetbänder, Disketten, Wechselplatten und Cassetten zerstört. Diese Maßnahme sollte für<br />

die Zukunft einen schnellen geheimdienstlichen Zugriff auf die Daten der Bürger und so<br />

deren erneuten Mißbrauch verhindern. Eine wesentliche Rolle spielte bei diesem Vorgehen<br />

die Argumentation, daß keine wichtigen Informationen verloren gehen würden, da alle Daten<br />

nochmals in Papierform überliefert seien. Schon bald wurde dies jedoch angezweifelt; das<br />

Ausmaß der Verluste ist bis heute ungeklärt23 .<br />

In ihrem Abschlußbericht vor dem Runden Tisch votierte die Arbeitsgruppe Sicherheit am 12.<br />

März 1990 dafür, die personenbezogenen Akten, vorbehaltlich der Entscheidung der<br />

Volkskammer, in mehreren Stufen zu vernichten. Das nicht personengebundene Material<br />

sollte dagegen der öffentlichen Nutzung möglichst rasch zugänglich gemacht werden24 .<br />

Nach den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 und der Bildung der<br />

Regierung unter Ministerpräsident Lothar de Maizière übernahm Innenminister Peter-Michael<br />

Diestel die Verantwortung für die weitere Auflösung <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes. Der<br />

Ministerratsbeschluß 6/6/90 vom 16. Mai beendete offiziell die Tätigkeit der Regierungsbevollmächtigten<br />

und unterstellte das Staatliche Komitee dem Innenminister. Eine "Regierungskommission"<br />

sollte ihn beratend unterstützen. Als Mitglieder berief Diestel am 22. Mai<br />

20 Ergebnisse der 9. Sitzung <strong>des</strong> Rundtischgespräches am 22. Januar 1990, in: Herles/Rose: Vom Runden<br />

Tisch, S. 77-90, hier 86.<br />

21 Strotmann: Last, S. 1373 f.<br />

22 Ergebnisse der 13. Sitzung <strong>des</strong> Rundtischgespräches am 19. Februar 1990, in: Herles/Rose: Vom Runden<br />

Tisch, S. 162-188, hier 187 f.<br />

23 Zum gesamten Absatz vgl. Gill/Schröter: Ministerium, S. 221-225. <strong>Zur</strong> Frage <strong>des</strong> Datenverlustes siehe<br />

Gill/Schröter: Ministerium, S. 187, 225, sowie Gauck; <strong>Stasi</strong>-Akten, S. 82, 89 f.<br />

24 Bericht der Arbeitsgruppe Sicherheit vor dem Zentralen Runden Tisch der DDR am 12. März 1990, in:<br />

Gill/Schröter: Ministerium, S. 235-252, hier 244 f.

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