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Vernichten oder Offenlegen? Zur Entstehung des Stasi ... - BStU

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kein Gesetz geben, das Mörder und <strong>Stasi</strong>-Verbrecher dadurch schützt, daß den<br />

Sicherheitsbehörden der notwendige Zugang zu den Akten verwehrt wird." 259<br />

Welchen Einfluß das Rohwedder-Attentat auf die Regelung <strong>des</strong> Zugangs der<br />

Strafverfolgungsbehörden hatte, läßt sich kaum beurteilen, zumal im Vordergrund der<br />

Zeitungsberichterstattung das Problem <strong>des</strong> Zugangs der Geheimdienste stand. Nach einem<br />

Bericht der "taz" hatte Bun<strong>des</strong>justizminister Klaus Kinkel bereits in der ersten "Materialsammlung",<br />

die das Bun<strong>des</strong>innenministerium Mitte März erstellt hatte, sein Interesse an der<br />

Nutzung der Akten für die Verfolgung der G10-Straftaten bekundet. Ob dazu auch Unterlagen<br />

Betroffener verwendet werden sollten, ging aus dem Artikel nicht hervor260 . In dem<br />

Interview, das Kinkel am 4. April, also drei Tage nach dem Attentat, der "Berliner<br />

Morgenpost" gab, betonte er, daß die Strafverfolgungsbehörden auf jeden Fall Zugang zu den<br />

Akten bekommen müßten. Dabei müsse man zwischen dem Gemeinwohl, das den Zugang der<br />

Sicherheitsbehörden verlange, und den Individualrechten sowie dem Datenschutz abwägen261 .<br />

Die auf den 5. April datierte Fassung der "Formulierungshilfe" <strong>des</strong> Innenministeriums enthielt<br />

dann auch Bestimmungen, die den Strafverfolgungsbehörden zum Zwecke der Aufklärung<br />

und Verhütung von Straftaten Zugang zu Betroffenen-Akten einräumte262 .<br />

Die von CDU/CSU, SPD, F.D.P. und Bündnis 90/Grüne vereinbarten "Grundsätze" sahen<br />

ebenfalls die Nutzung von Opfer-Unterlagen im Falle besonders schwerer Straftaten vor,<br />

insbesondere wenn sie im Zusammenhang mit der Tätigkeit <strong>des</strong> Staatssicherheitsdienstes<br />

begangen worden seien. Die Daten dürften jedoch nicht zum Nachteil der Betroffenen<br />

verwendet werden.Von einer ausdrücklichen Zustimmung der Opfer, wie sie das Bündnis 90<br />

gefordert hatte, war nicht die Rede. Inhaltlich sollte der Passus "besonders schwere<br />

Straftaten" im Verlauf <strong>des</strong> Gesetzgebungsverfahrens noch näher bestimmt werden. Außerdem<br />

kam man überein, daß sich die Strafverfolgungsbehörden der nicht personenbezogenen<br />

Unterlagen sowie der Akten über Mitarbeiter bei der Verfolgung jeder Straftat bedienen<br />

dürften263 . Ingrid Köppe erklärte am 30. April, die Gegner eines Zustimmungsrechts für die<br />

Opfer argumentierten damit, daß dies gegen das sogenannte "Legalitätsprinzip" verstoße.<br />

Diesem zufolge müßten die Behörden bei bestimmten Verdachtsmomenten unabhängig von<br />

der Zustimmung anderer ermitteln können. Deshalb wolle Bündnis 90/Die Grünen nun<br />

versuchen, den Katalog der Straftaten, bei denen die Opferdaten benutzt werden dürften, so<br />

eng wie möglich zu halten264 .<br />

259 Ebenda, S. 1308D-1309A.<br />

260 Wolfgang Gast: Geheimdienste scharf auf <strong>Stasi</strong>-Akten, in: taz, 22.3.1991.<br />

261 Dokument 26.<br />

262 Golo Schmidt: Gesetzentwurf zu <strong>Stasi</strong>-Akten, in: BZ, 10.4.1991; Wolfgang Gast: <strong>Stasi</strong>-Akten in Griffweite<br />

der Geheimdienste, in: taz, 11.4.1991.<br />

263 Dokument 42.<br />

264 Einsichtsrecht für Betroffene sichern. Interview mit Ingrid Köppe, in: BZ, 30.4.1991.

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