Mensa 75th anniversary special issue
An special issue to Mensa's 75th anniversary produced by MinD-Mag, the magazine of Mensa in Deutschland
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Lange Zeit stieg der IQ in den Industrienationen<br />
um 0,3 Punkte pro Jahr an; mittlerweile<br />
stagniert er dort jedoch, und in<br />
manchen Ländern sinkt der Wert inzwischen<br />
sogar. In anderen Ländern entfaltet<br />
der „Flynn-Effekt“ nach wie vor seine Wirkung.<br />
Die Gründe sind noch nicht abschließend<br />
geklärt. Der Flynn-Effekt zeigt jedoch,<br />
warum IQ-Tests von Zeit zu Zeit neu normiert<br />
werden sollten – zumindest, solange<br />
der Flynn-Effekt noch wirksam ist.<br />
1987<br />
Der Psychologieprofessor Detlef Rost startet<br />
das Marburger Hochbegabtenprojekt – eine<br />
Längschnittstudie, die sich mit der Entwicklung<br />
von Hochbegabten und Hochleistern<br />
im Kindes- und Jugendalter beschäftigt.<br />
Bis heute gilt die Studie als methodisch vorbildlich,<br />
da sie auf einer großen Stichprobe<br />
basiert, im Gegensatz zur Terman-Studie<br />
keine Vorauswahl getroffen wurde und den<br />
Teilnehmenden ihr Testergebnis nicht mitgeteilt<br />
wurde.<br />
Rosts Ergebnisse bestätigen im Wesentlichen<br />
die „Harmoniehypothese“, die besagt,<br />
dass Hochbegabte entgegen dem Klischee<br />
durchschnittlich Begabten in sozialer<br />
und emotionaler Hinsicht keineswegs unterlegen<br />
sind. Die Daten der inzwischen erwachsenen<br />
Teilnehmenden werden weiterhin<br />
ausgewertet.<br />
1993<br />
Der Psychologe und Psychometriker John C.<br />
Carroll erzielt einen weiteren Durchbruch<br />
in der Beschreibung der Intelligenzstruktur:<br />
Mithilfe der Faktorenanalyse und einer<br />
großen Zahl von Datensätzen gelingt<br />
es ihm, Intelligenz als hierarchisches Konstrukt<br />
zu beschreiben. An der Spitze der<br />
Hierarchie (Stratum III) steht die allgemeine<br />
Intelligenz (Spearmans General- oder<br />
g-Faktor), gefolgt von den Gruppenfaktoren<br />
auf Stratum II, die spezifischere Fähigkeiten,<br />
etwa logisches Schlussfolgern, Geschwindigkeit<br />
oder auditive Fähigkeiten,<br />
zusammenfassen. Auf Stratum I schließlich<br />
finden sich sehr konkrete Einzelfähigkeiten<br />
– etwa die Fähigkeit, Tonhöhen zu<br />
unterscheiden. Carrolls Modell wird in den<br />
2000er Jahren mit dem Gf-Gc-Modell zum<br />
„CHC-Modell“ (benannt nach Cattell, Horn<br />
und Carroll) integriert.<br />
1994<br />
The Bell Curve von Charles Murray und Richard<br />
Herrnstein erscheint – der Titel bezieht<br />
sich auf die Glockenkurve der Intelligenzwerte.<br />
In ihrem Buch argumentieren<br />
die beiden Autoren, dass verschiedene<br />
„Menschenrassen“ in IQ-Tests unterschiedlich<br />
gut abschneiden: Asiatischstämmige<br />
am besten, gefolgt von Weißen und schließlich<br />
Schwarzen Menschen. Sie postulieren,<br />
dass diese Unterschiede genetisch bedingt<br />
seien.<br />
Das Buch, das nicht nur aufgrund seines<br />
rassistischen Tenors, sondern auch aufgrund<br />
seiner selektiven Studienauswahl<br />
kritisiert wird, führt unter anderem zur Bildung<br />
einer Task Force der American Psychological<br />
Association, die ein Jahr später<br />
unter dem Titel „Intelligence: Knowns and<br />
Unknowns“ eine Klarstellung des Status<br />
quo der Intelligenzforschung publiziert.<br />
Im Rahmen einer weiteren Längsschnittstudie<br />
zu Hochbegabung entwickeln Kurt<br />
Heller, Ernst Hany und Christoph Perleth<br />
das „Münchner Hochbegabungsmodell“.<br />
Seine Besonderheit: Begabung wird klar<br />
von Leistung unterschieden. Des Weiteren<br />
stellen die Autoren heraus, dass Begabung<br />
nicht nur im intellektuellen Bereich, sondern<br />
auf vielen Gebieten vorliegen und sich<br />
38 | mind magazin sonderheft 75 jahre mensa | oktober 2021