2 - Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen
2 - Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen
2 - Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2 StANDoRtWAHl DER AKtEuRE DER KultuRWIRtSCHAFt<br />
»<br />
Die Akteure der <strong>Kultur</strong>wirtschaft tragen vielfach zur<br />
Aufwertung von Quartieren bei – <strong>und</strong> damit zu ihrer eigenen<br />
Vertreibung aus den Erprobungsräumen.<br />
dam (Niederlande) am Hafen im Cruise Term<strong>in</strong>al<br />
Rotterdam. Es handelt sich um e<strong>in</strong> Messekonzept<br />
für Kunstkollektive. Hier werden nicht E<strong>in</strong>zelwerke<br />
angeboten, sondern Künstlerkollektive vorgestellt,<br />
es werden ke<strong>in</strong>e Produkte, sondern Ideen, ke<strong>in</strong>e<br />
Kunststile, sondern politisch-künstlerische Gesamtkunstwerke<br />
gezeigt.<br />
Von e<strong>in</strong>er solchen kurzfristigen „Bespielung“ von<br />
Leerständen profitiert das Quartier, <strong>in</strong>dem es für kurze<br />
Zeit <strong>in</strong> den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt. Umgekehrt<br />
genießen die Initiatoren <strong>in</strong> gleicher Weise die<br />
öffentliche Aufmerksamkeit. Auch hier kann von e<strong>in</strong>er<br />
W<strong>in</strong>-w<strong>in</strong>-Situation gesprochen werden. Die Vorteile<br />
für die Eigentümer liegen ebenfalls <strong>in</strong> der Aufmerksamkeit,<br />
die se<strong>in</strong> Objekt durch e<strong>in</strong>e Event-Nutzung<br />
erfahren kann.<br />
Katalysator <strong>und</strong> Ideengeber<br />
Zwischennutzungen werden auch gezielt als Ideenlieferanten<br />
für künftige Nutzungen oder als Katalysatoren<br />
der Entwicklung e<strong>in</strong>er Liegenschaft e<strong>in</strong>gesetzt.<br />
Die Umsetzung neuer Nutzungen für Brachflächen<br />
<strong>und</strong> leer stehende Gebäude benötigt oftmals wegen<br />
f<strong>in</strong>anzieller Engpässe, ungeklärter Eigentumsverhältnisse,<br />
zeitaufwendiger Planungsverfahren oder<br />
verzögerten Rückbaus viel Zeit – <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>e Zwischennutzung<br />
durch <strong>Kultur</strong>schaffende möglich ist. Da die<br />
hierbei erprobten, neuen Nutzungen den Eigentümern<br />
wertvolle Folgenutzungsideen für die Entwicklungsplanung<br />
ihrer Liegenschaft liefern können,<br />
werden mittlerweile Zwischennutzungen auch gezielt<br />
<strong>in</strong>itiiert. Über die Aktivitäten der Zwischennutzer wird<br />
zudem der Standort laufend kommuniziert, was zu<br />
dessen Imagebildung, e<strong>in</strong>er erhöhten Aufmerksamkeit<br />
der Investoren für den Standort <strong>und</strong> letztlich zu<br />
dessen Aufwertung führen kann. Im Pr<strong>in</strong>zip handelt<br />
es sich um e<strong>in</strong>e Instrumentalisierung der Zwischennutzung<br />
für die wirtschaftlichen Interessen von Eigentümern<br />
<strong>und</strong> Investoren. Zunehmend planen auch Investoren<br />
selbst e<strong>in</strong>e Zwischennutzung als Katalysator <strong>in</strong><br />
ihre Entwicklungsplanung für e<strong>in</strong>en Standort e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong><br />
Beispiel hierfür ist das nt*/ areal <strong>in</strong> Basel. (Ausführliche<br />
Darstellung siehe Seite 51.)<br />
Eigenständige Entwicklung – Raum für Ideen<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n dieser Form der Zwischennutzung gibt es<br />
ke<strong>in</strong> oder nur e<strong>in</strong> vages stadtentwicklungspolitisches<br />
Ziel für die Fläche <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> konkretes Vermarktungs<strong>in</strong>teresse.<br />
Zwischennutzungen siedeln sich an,<br />
verdichten <strong>und</strong> verfestigen sich, e<strong>in</strong> zunächst ungeregelter<br />
Zustand stabilisiert sich, es bilden sich Strukturen,<br />
die Nutzungen qualifizieren sich selbst <strong>und</strong><br />
gehen <strong>in</strong> Dauernutzungen über. Schließlich wird die<br />
erreichte städtebauliche Struktur <strong>und</strong> Nutzung durch<br />
die Kommune mit entsprechenden planungsrechtlichen<br />
Instrumenten legitimiert. Es erfolgen eventuell<br />
behutsame Ergänzungen. Wie lange dieser Zustand<br />
dann bewahrt werden kann, bleibt allerd<strong>in</strong>gs auch<br />
hier offen. E<strong>in</strong> Erprobungs- <strong>und</strong> Experimentierraum<br />
hat sich eigenständig entwickelt.<br />
E<strong>in</strong> Beispiel für diesen Entwicklungstyp ist das Gelände<br />
des Reichsbahnausbesserungswerkes <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />
Wegen der positiven Wirkung des auf dem Gelände<br />
angesiedelten Projekts RAW Tempel e. V. auf die<br />
umliegenden Stadtquartiere wurde es von Beg<strong>in</strong>n an<br />
von Politik <strong>und</strong> der Bezirksverwaltung unterstützt.<br />
Träger des Projektes ist der geme<strong>in</strong>nützige Vere<strong>in</strong><br />
RAW Tempel e. V., der die Mietverträge über die<br />
e<strong>in</strong>zelnen Gebäude direkt mit der Eigentümer<strong>in</strong> RED<br />
Development GmbH schließt. Die RAW Tempel e. V.<br />
versteht sich als offene, geme<strong>in</strong>nützige Organisation<br />
von Bürger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bürgern, die e<strong>in</strong>en Freiraum<br />
50