55_next_06_2015
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<strong>06</strong>‘15 Exklusiv- Interview<br />
Das Magazin für die Region<br />
Interview mit<br />
Lisa Fitz<br />
Nicht nur auf der Bühne sind Sie eine<br />
Powerfrau, auch Ihre Rollen sind oft<br />
bewusst Frauen mit Haaren auf den<br />
Zähnen. Haben es Frauen in der Comedy<br />
bzw. im Kabarett schwerer als<br />
ihre männlichen Kollegen?<br />
Wenn sie gut sind, eher nicht mehr.<br />
Ich war die erste Frau mit einem Soloprogramm<br />
mit ausschließlich eigenen<br />
Texten und Songs. Es ging damals, der<br />
Zeit entsprechend, viel um das Thema<br />
Emanzipation, in humorvoller Aufbereitung.<br />
Eigentlich hatte ich eher einen<br />
Frauenbonus. Aber auch heute gibt es<br />
nicht viele Kabarettistinnen, die Gesellschaftspolitik<br />
oder gar Politik als Thema<br />
wählen. Sicher war es auch das Aufwachsen<br />
in meiner Familie, mit zwei potenten<br />
Bühnenfrauen als Vorbild - Mutter<br />
und Großmutter - das mich mutiger<br />
mit eigenem Gedankengut auf die Bühne<br />
gehen hat lassen als andere Frauen.<br />
Sie galten lange als einzige Kabarettistin<br />
in Deutschland. Inzwischen gibt<br />
es immer mehr weibliche Comedians.<br />
Ist das ein momentaner Hype oder wo<br />
sehen Sie die weiblichen Vorteile?<br />
Das hat auch mit Tradition zu tun. Der<br />
Mann hat halt sehr lange geführt und<br />
die Welt erklärt. Frauen haben schon immer<br />
gerne kommuniziert. Aber ich habe<br />
mal eine Umfrage gelesen, dass 70 Prozent<br />
der Frauen kein Interesse an Politik<br />
haben. Themen wie gesunde Ernährung,<br />
Erziehung und Familie sind wichtiger.<br />
Da fehlt es an Bewusstsein. Ich<br />
würde mir von den Frauen wünschen,<br />
dass sie auch politisch mehr mitgestalten<br />
wollen. Kabarett ist seit jeher eine<br />
Kunstform, die gewisse Anforderungen<br />
an den Zuschauer und seinen IQ stellt.<br />
Bei der Comedy ist mir der Großteil zu<br />
platt, das befriedigt mich intellektuell<br />
nicht.<br />
Im Kabarett-Bereich fühle ich mich<br />
schon sehr wohl. Ich bekomme im<br />
Juli vom BR/ Bayrischen Fernsehen<br />
den Bayerischen Kabarett-Ehrenpreis<br />
<strong>2015</strong> für mein Lebenswerk verliehen,<br />
das freut mich sehr!<br />
Die Texte für Ihre Bühnenprogramme<br />
schreiben Sie alle selbst? Macht das<br />
einen Unterschied fürs Publikum?<br />
Das macht DEN großen Unterschied.<br />
Ich wäre ja nicht ich, wenn irgendwer<br />
meine Texte schreiben würde. Das kann<br />
auch niemand, weil niemand meine<br />
Denke und meine Sicht der Gesellschaft<br />
hat. Ich schreibe alle Texte selbst. Nur bei<br />
den Songs gab es zuweilen Co-Autoren<br />
oder andere Komponisten. Vor jedem<br />
Programm schwitzt man lang über<br />
Themen und dem Titel. Und dann wählt<br />
man das Thema aus, das nach der eigenen<br />
Ansicht dem Zeitgeist entspricht,<br />
was not tut und worüber man sich berufen<br />
fühlt, etwas sagen zu können.<br />
Kam Ihr Wunsch, auf der Bühne zu<br />
stehen, durch Ihre künstlerischen<br />
Wurzeln?<br />
Ich komme aus der Künstlerdynastie<br />
Fitz, in dritter Generation. Da bekommt<br />
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man das schon mit der Muttermilch mit.<br />
Mein Großvater Hans Fitz war Schriftsteller,<br />
Schauspieler, Rezitator, Gitarrist,<br />
meine Großmutter Ilse Opernsängerin,<br />
Vater Walter war Komponist und Musiker,<br />
meine Mutter Molly Sängerin und<br />
Gitarristin. Ich glaub, da kann und will<br />
man gar nichts anders, als diese Laufbahn<br />
ergreifen.<br />
Am 28. Juni kommen Sie mit ihrem<br />
aktuellen Live-Programm nach Neuwied,<br />
in die Abtei Rommersdorf. Um<br />
was geht es darin?<br />
Meine letzten drei Programme habe ich<br />
als Standup-Kabarett präsentiert. Aber<br />
ich hatte dann das Gefühl, die Form,<br />
dass man als Kabarettist oder Comedian<br />
auf die Bühne kommt und seine<br />
Meinung zu einem Thema absondert,<br />
hat sich ein bisschen erschöpft. Deshalb<br />
wollte ich es diesmal komödiantischer<br />
aufbereiten und habe vier Figuren geschaffen,<br />
vier Rollen, in die ich schlüpfe:<br />
Die Putzfrau Hilde Eberl, die rothaarige<br />
Journalistin Inge von Stein, die russische<br />
Geheimagentin Olga Geheimnikowa<br />
und CSU-Abgeordnete Gerda Wimmer.<br />
Jede ist quasi Weltmeisterin in ihrem<br />
Kosmos und schildert ihre Sicht der Dinge<br />
auf die Welt. Das macht Spaß, man<br />
hat mal Ferien vom Ich und kann sich<br />
fragen: Wer bin ich –und wenn ja, wie<br />
viele? Ach ja, und zum Schluss komm<br />
ich aber dann schon noch als Lisa Fitz<br />
auf die Bühne...<br />
Redaktion Magazin NEXT, Katharina Göbel