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atw - International Journal for Nuclear Power | 02.2022

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

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<strong>atw</strong> Vol. 67 (2022) | Ausgabe 2 ı März<br />

Taxonomie und andere Meilensteine<br />

3<br />

Liebe Leserinnen und Leser, die Wahrnehmung des Themas Kernenergie wurde in den vergangenen Wochen<br />

maßgeblich von der Diskussion über den Taxonomie-Vorschlag der Europäischen Kommission geprägt. In den Wochen<br />

davor und danach haben zudem andere wichtige Entwicklungen und Meilensteine für die Kernenergie diese Diskussion<br />

gewissermaßen flankiert, ohne vergleichbare Aufmerksamkeit zu finden, wie die plakative Diskussion über „grüne“<br />

Kernkraft.<br />

EDITORIAL<br />

Zunächst einmal kurz zum Thema Taxonomie: die EU-<br />

Kommission hat nach einem fast drei Jahre währenden<br />

Prozess am 2. Februar auch für die Kernenergie und die<br />

Gaskraft die technischen Kriterien für die Taxonomie-<br />

Einstufung vorgelegt und diese damit in die Taxonomie<br />

nachhaltiger Tätigkeiten aufgenommen. Die von<br />

Umweltverbänden sowie von der Bundesregierung oder<br />

der österreichischen Regierung geäußerten negativen<br />

Reaktionen waren voraussehbar. Sie sind deshalb so<br />

voraussehbar, weil sie von einem Bild der Kernenergie<br />

geprägt sind, das ausschließlich negativ konditioniert<br />

und in den Organisationen und im Denken der handelnden<br />

Personen fest verankert ist.<br />

So fest verankert, dass keine wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse oder diesem Bild widersprechende Analyse<br />

die Position in irgendeiner Weise erschüttern oder gar<br />

verändern könnten. Obgleich die Taxonomie-<br />

Entscheidung der Kommission zur Kernenergie auf Basis<br />

gezielt eingeholter wissenschaftlicher Expertise des Joint<br />

Research Center getroffen wurde, obwohl das IPCC der<br />

Kernenergie eine wichtige Rolle in der globalen<br />

Klimapolitik zuweist und der Bericht der United Nations<br />

Economic Commission <strong>for</strong> Europe „Life Cycle Assessment<br />

of Electricity Generation Options“ aus dem vergangenen<br />

Jahr der Kernenergie nicht nur eine exzellente<br />

Leistungsfähigkeit in der Treibhausgasvermeidung<br />

bescheinigt, sondern diese auch in anderen<br />

umweltrelevanten Kriterien wie Flächen-, Landschaftsund<br />

allgemeinem Ressourcenverbrauch sogar besser<br />

bewertet, als die in Deutschland so stark bevorzugte<br />

Stromerzeugung aus Wind und Sonne, bleibt es bei der<br />

monotonen Ablehnung der Kernenergie.<br />

Nun aber zu den anderen Entwicklungen. Hier<br />

kommen aus Nordeuropa besonders positive Nachrichten.<br />

Zunächst hat am 21. Dezember vergangenen Jahres das<br />

Kernkraftwerk Olkiluoto 3 Erstkritikalität erreicht und<br />

soll Ende Februar erstmals Strom ins Netz speisen. Dieses<br />

Ereignis ist nach der wechselvollen Projektgeschichte ein<br />

großer Schritt und sollte gerade in der deutschen<br />

Kerntechnikbranche, die hier stark vertreten war und ist,<br />

ein Grund zur Freude sein. Einige Tage später hat der<br />

Betreiber des finnischen Endlagerprojektes am Standort<br />

Okliluoto, Posiva, die weltweit erste Betriebsgenehmigung<br />

für ein Endlager für abgebrannte Brennelemente und die<br />

dazu gehörige Konditionierungsanlage beantragt. Im<br />

Januar kündigte Posiva dann für 2023 den<br />

Erprobungsbetrieb für die Anlagen noch ohne radioaktives<br />

Material an. Da der guten nordischen Dinge aktuell drei<br />

sind, konnte die schwedische Entsorgungsgesellschaft<br />

SKB am 27. Januar ankündigen, dass nach langjähriger<br />

Prüfung die schwedische Regierung die Erlaubnis erteilt<br />

hat, in Östhammar ein geologisches Endlager und in<br />

Oskarshamn die Konditionierungsanlage für die<br />

abgebrannten Brennelemente zu errichten. Das<br />

jahrzehntealte Mantra der Kernenergiegegner aller<br />

Länder, es gebe keinerlei Lösung für die Entsorgung<br />

radioaktiver Abfälle aus Kernkraftwerken, sollte nun<br />

endlich verstummen. Zumal in zahlreichen Staaten für<br />

andere Arten radioaktiver Abfälle schon vor Jahrzehnten<br />

Lösungen implementiert wurden. Man sollte in<br />

Deutschland auch in diesem Punkt nicht immer von sich<br />

auf alle anderen schließen.<br />

Aus Frankreich erreichte uns eine weit reichende<br />

Ankündigung: Bei einer Rede in Bel<strong>for</strong>t aus Anlass der<br />

Übernahme eines Teils der Nuklearsparte von GE Steam<br />

<strong>Power</strong> durch EDF verkündete Präsident Macron sein<br />

Vorhaben, zunächst bis 2035 sechs neue Kernkraftwerke<br />

des überarbeiteten Typs EPR2 zu errichten sowie die<br />

Errichtung von weiteren acht Anlagen bis 2050 planen.<br />

Dies entspricht einem der beiden weitreichenden<br />

Szenarien mit Kernenergie aus der langfristigen Analyse<br />

des Stromnetzbetreibers RTE. Macron kündigte damit<br />

eine Renaissance der französischen Kernenergie nach<br />

einem Jahrzehnt des Zweifels an, wie er es ausdrückte.<br />

Natürlich muss noch eine Finanzierungsmodalität in<br />

Übereinstimmung mit dem europäischen Beihilferecht<br />

gefunden werden und politisch gesehen muss das Projekt<br />

auch die kommende Präsidentschaftswahl überstehen.<br />

Letzteres erscheint aber wahrscheinlich, denn die<br />

Mehrheit des Kandidatenfeldes spricht sich für eine<br />

Energiezukunft Frankreichs mit Kernenergie aus.<br />

Nicolas Wendler<br />

– Chefredakteur –<br />

Editorial<br />

Taxonomie und andere Meilensteine

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