Die Malteser Zeitung 1/2022
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seine Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seine Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.
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IMFOKUS<br />
nichts strahlte Liebe oder Andacht aus. <strong>Die</strong> Fronleichnamsprozession<br />
etwa fand noch statt. Aber was soll ein<br />
Fest, das nicht prächtig, froh, hochherzig und anstrengend<br />
ist? Echte Feste machen erst sehr viel Arbeit, dann<br />
sehr viel Freude. Heute gibt es an Fronleichnam wieder<br />
Blumenteppiche, Kinder mit himmelblauen Schärpen,<br />
Heiligenfiguren, die über den Köpfen schwanken und<br />
neue Prozessionswege wie durch das neue Wohnviertel,<br />
die „<strong>Malteser</strong>siedlung“, wo viele junge Familien leben.<br />
Da sind die Häuser zwar nicht geschmückt, aber das<br />
kann ja noch werden. Nur locker lassen darf man nicht.<br />
Keine Sekunde. Deswegen bin ich oft todmüde. Oder<br />
liegt es daran, dass der ganze Schmuck an Blumen und<br />
Birken nach der Prozession ins Auto gepackt, nach Wien<br />
transportiert und in der <strong>Malteser</strong>kirche neu aufgestellt<br />
wird? Damit zur Vesper des Hochfestes alles überwältigend<br />
schön ist. Dumm nur, dass dann nur drei, vier Leute<br />
kommen. Was zum Teufel mache ich falsch?<br />
schöne Idee für eine Gemeinde, in der viele vom Weinbau<br />
leben: den Segen Gottes für eine gute Ernte erbitten.<br />
Wenn dann aber über die Jahre hin nie mehr als zehn<br />
Leute mitgehen? Manches hat sich einfach überlebt, so<br />
schade das ist.<br />
Dafür entsteht Neues. Das geht folgendermaßen: Bibelgespräch?<br />
Versucht, geht nicht. Eigentlich kein Wunder,<br />
wenn sich sogar die Priester schwertun, über ihren Glauben<br />
zu sprechen. Glaubensgespräch? Versucht, geht auch<br />
nicht. Männerrunde? Wenn dann nur von früher erzählt<br />
wird? Jetzt aber haben wir den „Glaubenskurzkurs für<br />
Kinder und Erwachsene“, gleich nach der Vorabendmesse,<br />
15 Minuten. Geht wunderbar. <strong>Die</strong> Leute müssen<br />
nicht extra zu einem Termin kommen, sondern nur ein<br />
wenig länger bleiben. Der Pfarrer fragt die Kinder, die<br />
Erwachsenen sitzen dabei und lächeln, weil es lustig ist<br />
und weil sie dabei selbst etwas über ihren katholischen<br />
Glauben lernen. Ohne selbst abgefragt zu werden.<br />
Seelsorge<br />
Heute spricht man viel von „Achtsamkeit“. Einfache Aufmerksamkeit<br />
tut es auch. Ich versuche, sehr aufmerksam<br />
zu zelebrieren und den Menschen aufmerksam zu<br />
begegnen. Das hat mich unter anderem auf die Idee gebracht,<br />
dass Frauen sich tatsächlich zurückgesetzt fühlen<br />
könnten, wenn sie die Männer reden hören. Manches<br />
muss man eisern durchhalten, manches sein lassen. Das<br />
gilt für die Seelsorge im Dorf ebenso wie für eine kleine<br />
Kirche in der Stadt. Von den Maiandachten früher<br />
schwärmen alle. Aber wenn man dann eine Maiandacht<br />
hält, kommt niemand. Oder der Bittgang. Eigentlich eine<br />
Überhaupt die Kinder! Ich habe bis heute die Bilder und<br />
Klänge im Kopf, die mir die katholische Kirche in meiner<br />
Kindheit geschenkt hat. Sie machen mich glücklich.<br />
So will ich es weitergeben an die Kinder von heute. Sie<br />
werden den „Clangor“, das „Erdbeben“ am Ende der Ölbergandacht<br />
des Gründonnerstags, nie vergessen, da bin<br />
ich sicher. Das habe ich aus Paris importiert. Sie werden<br />
auch die Zeremonie der Türöffnung am Palmsonntag nie<br />
vergessen, wenn das große Vortragekreuz gegen die verschlossene<br />
Kirchentür schlägt. Das habe ich aus einem<br />
alten Ceremoniale. Hinsehen, studieren und erleben:<br />
So wird Seelsorge gut. Und die härtesten Typen werden<br />
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DIE MALTESER 1/<strong>2022</strong>