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Erinnerungen an Lauterbach, Kreis Reichenbach in Schlesien

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Jacobowsky <strong>an</strong> der Ecke, der h<strong>an</strong>delt mit allem Drecke". E<strong>in</strong> Sohn ist ausgew<strong>an</strong>dert nach Amerika,<br />

hatte dort großes Heimweh und wollte wieder zurück. Er hatte sich genug für die Rückreise gespart,<br />

da brach der erste Weltkrieg aus und er konnte nicht mehr zurück. M<strong>an</strong> sagt, er ist <strong>an</strong> Heimweh<br />

gestorben, denn l<strong>an</strong>ge hat er nicht mehr im fremden L<strong>an</strong>d gelebt. Für mich ist er immer e<strong>in</strong> Symbol<br />

dafür, wie sehr die Schlesier ihre Heimat lieben und wie sehr sie auch <strong>an</strong> ihr hängen. Der Schlesier<br />

hat auch viele lobenswerte Eigenschaften. Und wenn m<strong>an</strong> z.B. vergleicht ,wie die Paläst<strong>in</strong>enser auf<br />

ihr Heimatrecht bestehen und noch nach Jahrzehnten darum kämpfen, und das wir Schlesier uns<br />

teilweise wie geduldige Schafe aus der Heimat treiben lassen haben, d<strong>an</strong>n s<strong>in</strong>d das auch g<strong>an</strong>z<br />

unterschiedliche Charaktereigenschaften. E<strong>in</strong> Sohn, Josef übernahm als L<strong>an</strong>dwirt das Elternhaus<br />

und heiratete e<strong>in</strong>e Ida Fischer aus Kle<strong>in</strong>-Neudorf. Von diesen Vorfahren gibt es die ersten Fotos.<br />

Diese Großeltern hatten <strong>in</strong>sgesamt vier K<strong>in</strong>der. Alfred ist im ersten Weltkrieg gefallen, se<strong>in</strong> Name<br />

steht auch auf dem Kriegerdenkmal wovon nur noch e<strong>in</strong>e Fotografie <strong>in</strong> der Chronik ist. Alle <strong>an</strong>deren<br />

Gefallenen s<strong>in</strong>d aber sehr gut lesbar auf dem Foto. Clemens ist mit 17 Jahren - wahrsche<strong>in</strong>lich nach<br />

reichlichem Genuss von Obst und darauf kaltes Wasser - verstorben. Auch die Tochter Hulda ist<br />

<strong>an</strong>geblich <strong>an</strong> Zahnkrämpfen gestorben, aber da gibt es unterschiedliche Me<strong>in</strong>ungen. Der Onkel Josef<br />

heiratete die Niklaus-Martha, Tochter des Rossschlächters aus Heidersdorf und sie hatten<br />

zusammen e<strong>in</strong> Bauernhof <strong>in</strong> Wättrisch. Onkel Josef war sehr bek<strong>an</strong>nt, fuhr er doch mit se<strong>in</strong>em<br />

Bulldog die Milchk<strong>an</strong>nen aus der Umgebung <strong>in</strong> die Molkerei von Jord<strong>an</strong>smühl. Hier wurde übrigens<br />

der Rotkäppchen-Camenbert-Käse erfunden. Me<strong>in</strong> Vater übernahm nun schon <strong>in</strong> der 4. Generation<br />

den Elternhof als L<strong>an</strong>dwirt und war bis zur Vertreibung dort sehr glücklich. D<strong>an</strong>ach war er e<strong>in</strong> <strong>an</strong>derer<br />

Mensch, nie wieder so fröhlich und sorglos und positiv gestimmt wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er geliebten <strong>Lauterbach</strong>er<br />

Heimat. Er heiratet die Tochter vom Nuppern, das war der Gastwirt und Kretschmer Karl Ha<strong>in</strong>ke, der<br />

zuerst den Gasthof <strong>in</strong> den Praushäuser gepachtet und später die Gaststätte <strong>in</strong> den Straßenhäusern<br />

mit se<strong>in</strong>er tüchtigen Frau und neun K<strong>in</strong>dern gekauft hat. Die Frau Klara brachte den Sohn M<strong>an</strong>fred<br />

mit <strong>in</strong> die Ehe. Zuerst wurde die Tochter Brigitte, sechs Jahre später die Tochter Hildegard und<br />

d<strong>an</strong>ach der "Erbhofbauer" Horst geboren. Ich war e<strong>in</strong> Nachzügler, me<strong>in</strong>e Eltern waren damals beide<br />

43 Jahre alte. Als die Vertreibung 1946 g<strong>an</strong>z <strong>Schlesien</strong> und die Heimattreuen besonders<br />

erschütterte, war ich gerade neun Jahre alt. Dennoch ist mir <strong>Lauterbach</strong> immer noch als Paradies der<br />

K<strong>in</strong>dheit <strong>in</strong> lebhafter Er<strong>in</strong>nerung und das Bild der Straßenhäuser wie es sich auf dem Heimweg durch<br />

den Hof vom Mücka-Richard im Sonnensche<strong>in</strong> präsentierte, ist wie e<strong>in</strong>e Fotografie im Gedächtnis<br />

e<strong>in</strong>geprägt.<br />

Wie g<strong>in</strong>g die Familiengeschichte im Westen weiter. Brigitte heiratet ihren Rudi, e<strong>in</strong>en Buchdrucker<br />

und zog nach Lüdenscheid. Aus dieser Ehe g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Sohn, Rüdiger hervor. M<strong>an</strong>fred heiratete<br />

Lenchen Schroppe, die Tochter des Gittelder Bürgermeisters. Dem Ehepaar wurde e<strong>in</strong>e Tochter , die<br />

Eva geschenkt. M<strong>an</strong>fred konnte aufgrund se<strong>in</strong>er Kriegsverletzung ke<strong>in</strong>e berufliche Tätigkeit<br />

aufnehmen, starb im hohen Alter von über 85 Jahren. Die jüngste Tochter Hildegard heiratete e<strong>in</strong>en<br />

Schlesier aus Geseß, e<strong>in</strong> Dorf am R<strong>an</strong>de der Sudeten <strong>in</strong> unmittelbarer Nähe des Ottmachauer<br />

Staubeckens. Er stammte aus e<strong>in</strong>em großen Bauernhof, da jedoch der älteste Sohn als Erbhofbauer<br />

bestimmt war, lernte Berthold <strong>in</strong> Patschkau Elektriker und Masch<strong>in</strong>enschlosser. Diese Ausbildung<br />

konnte er nach se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz im zweiten Weltkrieg - mit 17 e<strong>in</strong>gezogen - sehr gut <strong>an</strong>wenden.<br />

Durch Fleiß und die typische schlesische Beharrlichkeit baute sich das Ehepaar <strong>in</strong> Bad Grund e<strong>in</strong><br />

schönes E<strong>in</strong>familienhaus. Der Wunsch nach K<strong>in</strong>dern wurde ihnen leider nicht erfüllt. Zu früh für alle<br />

die diesen Menschen k<strong>an</strong>nten, starb Berthold <strong>an</strong> Herzschwäche. Der jüngste Sohn Horst, also ich,<br />

ist se<strong>in</strong>en Eltern unendlich d<strong>an</strong>kbar, dass sie ihm die Möglichkeit zum Besuch der Mittelschule <strong>in</strong><br />

Seesen gaben. Vater war etwas enttäuscht als ich ihm nach der Schulzeit me<strong>in</strong>en Wunsch<br />

Masch<strong>in</strong>enschlosser zu lernen, erläuterte. Er dachte mehr <strong>an</strong> Post- oder Bundesbahn<strong>an</strong>gestellter. Mit<br />

Uniform und sicherer Rente. Die Lehre bei Kamax <strong>in</strong> Osterode sollte nicht Endstation se<strong>in</strong>. Nach der<br />

Wehrpflicht beg<strong>an</strong>n 1961 das Studium im Fach "Apparatebau und Verfahrenstechnik" <strong>an</strong> der<br />

Ingenieurschule <strong>in</strong> H<strong>an</strong>nover. 1965, nach dem erfolgreichen Examen erfolgte der Umzug nach<br />

M<strong>an</strong>nheim und die Heirat der H<strong>an</strong>nover<strong>an</strong>er<strong>in</strong> Erika Harre. 1967 wurde Tochter Sab<strong>in</strong>e und 1969<br />

Sohn Heiko geboren. Beide K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d verheiratet, Sab<strong>in</strong>e ist Leiter<strong>in</strong> des K<strong>in</strong>dergartens <strong>in</strong><br />

Laudenbach, ihrem Wohnort und Heiko arbeitet als Ingenieur für Kälte- und Klimatechnik im Vertrieb.<br />

Tochter Sab<strong>in</strong>e und Re<strong>in</strong>er Diehlm<strong>an</strong>n haben drei K<strong>in</strong>der. Die Tochter Fr<strong>an</strong>ziska studiert Lehramt <strong>in</strong><br />

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