architektur FACHMAGAZIN Ausgabe 2 2022
Gebäude energieeffizienter und resilienter gegen Umwelteinflüsse zu machen, ist eine der großen Aufgaben moderner Architektur. Die Fassade, als äußerste Schutzhülle, bietet hier besonders großes Potenzial. Probleme wie zu hoher Hitzeeintrag, die schon hier gelöst werden, entlasten vor allem die Haustechnik und können bei der Energiebilanz entscheidend sein. Doch moderne Fassaden können mehr. Sie erzeugen Strom, lüften selbstständig, kühlen überhitzte Städte und bieten mitunter sogar Lebensraum für allerlei Tiere. So legen sie einen Grundstein für nachhaltiges und zukunftsorientiertes Bauen. Die Projektberichte, die wir für diese Ausgabe zusammengestellt haben, könnten kaum unterschiedlicher sein. Sie spannen den Bogen zwischen smarten High-Tech- sowie cleveren Low-Tech-Ansätzen.
Gebäude energieeffizienter und resilienter gegen Umwelteinflüsse zu machen, ist eine der großen Aufgaben moderner Architektur. Die Fassade, als äußerste Schutzhülle, bietet hier besonders großes Potenzial. Probleme wie zu hoher Hitzeeintrag, die schon hier gelöst werden, entlasten vor allem die Haustechnik und können bei der Energiebilanz entscheidend sein. Doch moderne Fassaden können mehr. Sie erzeugen Strom, lüften selbstständig, kühlen überhitzte Städte und bieten mitunter sogar Lebensraum für allerlei Tiere. So legen sie einen Grundstein für nachhaltiges und zukunftsorientiertes Bauen.
Die Projektberichte, die wir für diese Ausgabe zusammengestellt haben, könnten kaum unterschiedlicher sein. Sie spannen den Bogen zwischen smarten High-Tech- sowie cleveren Low-Tech-Ansätzen.
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FACHMAGAZIN
WISSEN, BILDUNG, INFORMATION FÜR DIE BAUWIRTSCHAFT
Erscheinungsort Vösendorf, Verlagspostamt 2331 Vösendorf. P.b.b. 02Z033056; ISSN: 1606-4550
02
www.architektur-online.com
März/Apr. 2022
Intelligente
Fassade
© Seth Powers
CIELUMA
DER LICHTHIMMEL
Z.LIGHTING | ZUMTOBEL.COM/CIELUMA
www.architektur-online.com
3
Auch auf die Hülle kommt es an
Gebäude energieeffizienter und resilienter gegen Umwelteinflüsse zu machen,
ist eine der großen Aufgaben moderner Architektur. Die Fassade, als äußerste
Schutzhülle, bietet hier besonders großes Potenzial. Probleme wie zu hoher Hitzeeintrag,
die schon hier gelöst werden, entlasten vor allem die Haustechnik und
können bei der Energiebilanz entscheidend sein. Doch moderne Fassaden können
mehr. Sie erzeugen Strom, lüften selbstständig, kühlen überhitzte Städte und
bieten mitunter sogar Lebensraum für allerlei Tiere. So legen sie einen Grundstein
für nachhaltiges und zukunftsorientiertes Bauen.
Die Projektberichte, die wir für diese Ausgabe
zusammengestellt haben, könnten
kaum unterschiedlicher sein. Sie spannen
den Bogen zwischen smarten High-Techsowie
cleveren Low-Tech-Ansätzen.
Ein gelungenes Zusammenspiel aus
aktiven und passiven Maßnahmen zur
Gebäudeklimatisierung zeigt das Architekturbüro
Skidmore, Owings & Merrill
(SOM). Sie realisierten in der chinesischen
Millionenstadt Shenzhen ein „atmendes“
Hochhaus mit natürlicher Belüftung,
basierend auf einer Struktur aus
außenliegenden, sich diagonal kreuzenden
Trägern. Ebenfalls in China realisierten
CLOU architects mit dem FarmLab einen
Multifunktionsbau, der sich vor allem
Editorial
der Forschung in den Bereichen Landwirtschaft
und Tourismus widmet. Rund
um die innovativen Arbeits- und Präsentationsbereiche
im Inneren legt sich eine
ebenso smarte Rasterfassade.
Beim Neubau des Amts für Umwelt und
Energie in Basel ist der Name Programm.
Besonderes Gestaltungsmerkmal des von
jessenvollenweider entworfenen Nullenergiehauses
in Holz-Beton-Hybridbauweise,
ist die leichte Photovoltaikfassade,
die ein flexibles Raum- und Tragsystem
umhüllt.
Weniger Technik, dafür umso mehr Grün
bietet ein vom Büro Maison Edouard
François gestaltetes Wohnquartier auf
dem Areal eines ehemaligen Fußballstadions.
Dieses offeriert nämlich nicht nur
qualitativen Wohn- und Lebensraum,
sondern auch eine der größten begrünten
Fassaden Europas.
Das neue dreizehnstöckige Gebäude der
Buckle Street Studios im Londoner Stadtteil
Whitechapel wiederum überzeugt vor
allem auf ästhetischer Ebene. Das New
Yorker Design Studio Grzywinski+Pons
entwarf eine dreigeteilte Fassade, die sich
perfekt in das dichte Konglomerat von Gebäuden
verschiedenster Epochen einfügt.
Abgerundet wird das Leitthema durch ein
Interview mit Architekt und Professor Dr.
Philipp Lionel Molter. Er erklärt seine Arbeitsweise
an praktischen Beispielen und
gewährt einen Einblick, was eine intelligente
Fassade in seinen Augen auszeichnet.
Im Schwerpunkt RETAILarchitektur dreht
sich diesmal alles um kleine, aber feine
Shop-Konzepte. Zum Abschluss zeigen wir
in der Rubrik EDV, warum Künstliche Intelligenz
auch im Baubereich zu den Schlüsseltechnologien
der nächsten Jahre gehört.
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architektur FACHMAGAZIN
4
36
Inhalt
Editorial 03
Architekturszene 06
Die grüne Fassade der Moderne
Magazin 12
Bau & Recht 24
Suffizienz als 26
Entwurfsstrategie
Interview mit Architekt und Professor
Dr. Philipp Lionel Molter
Atmungsaktive Architektur 30
Shenzhen Rural Commercial Bank
Headquarters / Shenzhen, China / SOM
Schimmerndes Sonnenkleid 36
Amt für Umwelt und Energie /
Basel, Schweiz / jessenvollenweider
Gläserne Krone 42
Buckle Street Studios / London /
Grzywinski+Pons
Kreuz und quer gedacht 48
Sanya Jinmao FarmLab /
Hainan, China / CLOU architects
Urbanes Wohnen im Grünen 54
Le Ray / Nizza /
Maison Edouard François
RETAILarchitektur 60
Produkt News 74
edv 94
KI am Bau: Maschinell
planen und bauen
30
42 48
54
MEDIENINHABER UND HERAUSGEBER Laser Verlag GmbH; Ortsstraße 212/2/5, 2331 Vösendorf, Österreich
CHEFREDAKTION Andreas Laser (andreas.laser@laserverlag.at)
REDAKTION DI Linda Pezzei, Edina Obermoser, Dolores Stuttner, DI Marian Behaneck,
GESCHÄFTSLEITUNG Silvia Laser (silvia.laser@laserverlag.at) n LTG. PRODUKTREDAKTION Nicolas Paga (nicolas.paga@laserverlag.at) Tel.: +43-1-869 5829-14
GRAFISCHE GESTALTUNG & WEB Andreas Laser n LEKTORAT Mag. Heidrun Schwinger n DRUCK Bauer Medien & Handels GmbH
ABONNEMENTS Abonnement (jeweils 8 Ausgaben/Jahr): € 94,- / Ausland: € 115,-, bei Vorauszahlung direkt ab Verlag n Studentenabonnement (geg. Vorlage einer gültigen Inskriptionsbestätigung):
€ 64,- / Ausland: € 91,- (Das Abonnement verlängert sich automatisch, sofern nicht mind. 6 Wochen vor Erscheinen der letzten Ausgabe eine schriftliche Kündigung bei uns einlangt.)
EINZELHEFTPREIS € 14,- / Ausland € 18,-
BANKVERBINDUNG BAWAG Mödling, Konto Nr. 22610710917, BLZ 14000, IBAN AT 87 1400022610710917, BIC BAWAATWW n Bank Austria, Konto Nr. 51524477801, BLZ 12000
IBAN AT 231200051524477801, BIC BKAUTWW; UID-Nr. ATU52668304; DVR 0947 270; FN 199813 v; n ISSN: 1606-4550
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der Redaktion gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Das Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.
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architektur FACHMAGAZIN
6
Architekturszene
Die grüne Fassade
der Moderne
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt mittlerweile in Städten. Derzeit ist
davon auszugehen, dass sich der Anteil an Stadtbewohnern in Zukunft weiter vergrößert.
Dabei sind Städte heute für mehr als 70 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs
und der Erzeugung von CO 2 -Emissionen verantwortlich. Es stellt sich daher
durchaus die Frage, ob urbane Konglomerationen zum Erreichen der Klimaziele nicht
kontraproduktiv sind. Laut Architekt Rudi Scheuermann ist die voranschreitende
Urbanisierung und Globalisierung aber nicht etwa das Problem, sondern vielmehr
ein Teil der Lösung.
Text: Dolores Stuttner
Wird nämlich der CO 2 -Ausstoß in einer Großstadt pro
Kopf ermittelt, fällt der Wert in urbanen Arealen um
bis zu 40 Prozent geringer aus als in dünn besiedelten
Gebieten. Für die bessere Umweltbilanz sind kleinere
Wohnräume, die vermehrte Nutzung des Öffentlichen
Verkehrs und kürzere Wege verantwortlich.
Und trotzdem stehen auch Städte vor der Herausforderung,
bis 2050 klimaneutral zu werden. Gemäß
Experten ist der Einsatz von Stadtbegrünung, erneuerbarer
Energie und nachhaltiger Mobilitätskonzepte
dafür unverzichtbar. Große Entwicklungen gab es in
den letzten Jahren vor allem in Bezug auf Fassadenund
Dachbegrünungen.
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Amtsgebäude der MA 48 am Wiener Gürtel
© C. Fürthner
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Architekturszene
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architektur FACHMAGAZIN
8
Architekturszene
Das 2016 sanierte Gebäude der MA 31 im 6. Wiener Gemeindebezirk
© Salama Iman
Die Folgen des Klimawandels eindämmen
– Lebensqualität steigern
Begrünte Städte helfen nicht nur bei der
Bekämpfung des Klimawandels, sondern
sie steigern langfristig auch die Wohn- und
Lebensqualität der Bewohner. Pflanzen an
der Fassade wirken obendrein wärme- und
schalldämmend. Mit ihnen ist es möglich,
störende Umgebungsgeräusche im Gebäude
zu reduzieren – im Winter fungieren sie
als lokale Isolation, wobei sie die Wärme
speichern, während sie im Sommer einen
kühlenden Effekt haben. Der Dämmungseffekt
der Fassadenbegrünung ist dadurch
mit positiven Auswirkungen auf die Heizkosten
und den CO 2 -Verbrauch durch Klimageräte
verbunden.
Nicht zu vernachlässigen ist schließlich der
gestalterische Effekt grüner Hausfassaden.
Sie werten das Gebäude und – in weiterer
Folge – den betreffenden Stadtteil ästhetisch
auf.
Werden zusätzlich Dachbegrünungen realisiert,
findet damit eine Rückgabe versiegelter
Flächen an die Natur statt. Kleintieren
wird somit mehr Lebensraum in urbanen
Gebieten zur Verfügung gestellt, wobei die
Pflanzen Vögeln und Bienen Nahrungsquellen
und Nistplätze bieten. Ist ausreichend
Fläche vorhanden, lassen sich bepflanzte
Dachbereiche auch von Menschen zur Erholung
nutzen.
Stadtbegrünung als essenzielle
Zutat für die zukunftsfähige Stadt
Die Stadtbegrünung leistet also zweifelsohne
einen essenziellen Beitrag zum Klimaschutz.
Um nachhaltige Veränderung zu
erzielen, darf die grüne Architektur gemäß
Scheuermann aber nicht bloße „Zutat“ bei
Neubauten sein. Nicht selten wird das üppige
Grün an den Fassaden bei sogenannten
Nachhaltigkeitsprojekten zu Marketingzwecken
genutzt. Die Frage nach dem Klimaschutz
stellt sich besonders dann, wenn der
Bestand solchen Neubauten weichen muss.
Laut Architekt Scheuermann setzen Städte,
die dies oft nicht nötig hätten, auf kostspielige
und ressourcenintensive Wohntürme,
die durch grüne Wände umweltbewusst erscheinen
sollen. Wollen Planer ein Quartier
tatsächlich klimaneutral gestaltet, geht es
in erster Linie darum, Instandhaltungs- und
Sanierungsmöglichkeiten auszuloten.
Natürlich ist unbestritten, dass Begrünungen
von Dächern und Fassaden die Auswirkungen
des Klimawandels eindämmen. Im
Sommer heizen sich die betreffenden Bauteile
nicht so stark auf, wobei sich die Verdunstungskälte
der Pflanzen auch für die
Kühlung des Innenbereichs einsetzen lässt.
Bei intelligenter Planung ist es sogar möglich,
Grünelemente mit Photovoltaik zu kombinieren.
Diese Anlagen arbeiten bei mittleren
Temperaturen äußerst effektiv, wodurch
es also die Dach- und Fassadenbegrünung
schafft, deren Effizienz zu maximieren.
Klimaneutral wird ein Stadtteil aber erst
dann, wenn die Fassadenbepflanzung in
Kombination mit umweltschonender Architektur
zum Einsatz kommt. Positivbeispiel
für die Umsetzung einer grünen Fassade am
Bestand ist das Amtsgebäude der MA 48
am Wiener Gürtel. Auf einer Fläche von 850
Quadratmetern wurden nach den Plänen
von Rataplan Architektur 2.850 Laufmeter
Pflanzentröge aus Aluminium angebracht.
Die Verkleidung aus 17.000 Pflanzen dient
auf dem Bau aus den 1960er-Jahren nicht
nur dem CO 2 -Ausgleich, sondern sie ist
gleichzeitig Wärme- und Schalldämmung.
Ursachen statt Symptome bekämpfen
Mit der Stadt- und Gebäudebegrünung
wird es niemals möglich sein, die Auslöser
des Klimawandels zunichte zu machen. Die
nachhaltige Gebäudeverkleidung lindert
zwar die Symptome, aber nicht die Ursache
der globalen Erwärmung. Es spricht
selbstverständlich nichts dagegen, die
Auswirkungen der zunehmenden Luftverschmutzung
und Temperaturzunahme in
Siedlungsgebieten auf diese Weise zu mildern.
Allerdings ist die Baubranche dazu
angehalten, weitreichendere Lösungen für
eines der wohl größten Probleme der heutigen
Zeit zu finden.
Anstatt auf kostspielige und CO 2 -lastige
Prestigeprojekte mit grünen Fassaden zu
setzen, empfiehlt es sich eher, bestehende
Objekte zu begrünen und so im Kleinen zu
agieren. Das Ziel besteht darin, die Bepflanzung
an Fassaden und Dächern zur Selbstverständlichkeit
werden zu lassen – und
das nicht nur bei Großprojekten. u
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(Hannes K., Architekt)
architektur FACHMAGAZIN
10
Architekturszene
Stadthaus M1 in Freiburg
© Zooey Braun
Das Zusammenspiel der Materialien
Die Kombination von Pflanzen und Fassaden
verlangt Architekten auch ein genaues Wissen
über Bausubstanzen und deren Eigenschaften
ab. Ist ein Haus zu begrünen, muss
dieses in einwandfreiem Zustand sein. Liegt
eine hohe Widerstandsfähigkeit vor, können
auf dem Gebäude selbst Haftwurzler wie
Wilder Wein oder Efeu wachsen. Allein aus
diesem Grund werden Fassadenbegrünungen
häufig auf Neubauten installiert. Bereits
während dem Hausbau ist es möglich, die
Anbringung der Bepflanzung mit einzuplanen
und die Außenhülle entsprechend robust
zu gestalten – besonders gut eignen
sich Aluminium- und Stahlfassaden. Noch
junge Fassaden haben zudem den Vorteil,
frei von Rissen zu sein.
Das heißt allerdings nicht, dass bei Altbauten
auf Begrünungen dieser Art verzichtet
werden muss. Allerdings ist im Vorfeld der
Zustand der Fassade genau zu untersuchen.
Bestimmte Pflanzenarten können bei
Materialien, die bereits in die Jahre gekommen
sind, etwaige Schäden verschlimmern.
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn
sich erwähnte Haftwurzler in Spalten oder
Rissen festsetzen. Aus diesem Grund eignen
sich Häuser mit Verkleidungen aus
Schindeln oder vorgehängten Wandplatten
ebenfalls schlecht für die Bepflanzung.
Dass Fassadenbegrünung am Bestand
funktioniert, zeigt das 2016 sanierte Gebäude
der MA 31 im 6. Wiener Gemeindebezirk.
In diesem Fall wurde die Bepflanzung am
Bau aus den 1960er-Jahren nicht direkt angebracht
– die Installation erfolgt über eine
Tragkonstruktion, die die Architekten von
Rataplan auf eigenem Fundament vor das
Gebäude stellten.
Beliebt ist aber nicht nur die Fassadenbegrünung
mit Kletterpflanzen, sondern auch
die Bepflanzung von Bauten mithilfe von
Trögen. Solche Maßnahmen sind von den
zuständigen Architekten bereits bei der
Planung mitzudenken. Andere Varianten –
wie beispielsweise Tragkonstruktionen für
Ranken – lassen sich aber auch im Nachhinein
realisieren.
Die Fassadenbegrünung
dem Gebäude anpassen
Heute ist es auf unterschiedliche Weise
möglich, Pflanzen an die Fassade zu bringen.
Bei Alt- sowie bei Bestandsbauten erfreut
sich vor allem die Fassadenbegrünung
mit Kletterpflanzen großer Beliebtheit.
Durch die Unterstützung ausgeklügelter
Ranksysteme lassen sich die Gewächse an
der Wand hinauf leiten. Hierbei wird zwischen
einem Edelstahlseilnetz und einem
Gerüstsystem zur Rankhilfe unterschieden.
Das Seilkonstrukt leitet die Pflanzen
mit einer Kombination aus Edelstahlseilen
und Klemmen in die gewünschte Richtung,
während das Gerüst als Stütze entlang der
Wand fungiert – gelungen setzten diese
Technik die Architekten Barkow Leibinger
am Stadthaus M1 in Freiburg um.
Experten bedienen sich heute aber auch der
flächigen Fassadenbegrünung. Diese setzt
sich aus bepflanzten Vliesmodulen mit einer
Unterkonstruktion als Verbindungselement
zusammen. Dadurch ist es möglich, die Konstrukte
mit der Fassade zu verbinden – die
Außenhaut des Gebäudes ist damit bereits
nach der Montage begrünt, sodass keine
langen Wuchszeiten abgewartet werden
müssen. Die Pflanzen wachsen des Weiteren
in der Fassade selbst, womit eine hohe
Gestaltungsvielfalt gegeben ist – das Beund
Entwässerungssystem ist übrigens in
die Bauteile integriert und von außen nicht
zu sehen. Da die begrünten Elemente bereits
mit der gewünschten Bepflanzung geliefert
werden, ist es ganz einfach möglich,
die Fassadenbegrünung in sämtlichen Teil-
www.architektur-online.com
11
Magazin
bereichen und Höhen unterzubringen. Der
Einsatz dieser Variante ist natürlich mit höheren
Baukosten verbunden, wobei sie sich
fast ausschließlich für Neubauten eignet.
Geht es um den Klimaschutz, ist die Fassadenbegrünung
für den Städtebau sicherlich
eine wichtige Ergänzung. Sie
zählt mittlerweile zu den Maßnahmen, die
in der Stadt der Zukunft als essenzielle
Zutat gehandelt wird, wobei sie nicht nur
dem Umweltschutz, sondern obendrein der
Lebens- und Wohnqualität dient. Das Problem
des Klimaschutzes vermag die Gebäudebegrünung
aber allein nicht zu lösen.
Architekten stehen heute vor der Herausforderung,
die Bauplanung ganzheitlich zu
betrachten – es gilt, veraltete Strukturen
zu durchbrechen und den Lebenszyklus
von Baumaterialien und Gebäuden zu maximieren.
Dabei ist zu bedenken, dass die
Konstruktion von neuen Gebäuden mit
einem hohen CO 2 -Verbrauch einhergeht.
Kurz gesagt: Auch eine noch so grüne
Stadt, kann die negativen Folgen der Materialverschwendung
nicht ausgleichen. •
Stadthaus M1 in Freiburg
© Zooey Braun
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architektur FACHMAGAZIN
12
Magazin
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13
Magazin
Vom Wolkenkratzer
zum Baumhaus
404 Bäume, 4.620 Sträucher und fast 2.500 m 2 Gras, Blumen und Kletterpflanzen
– was wie ein Konzept für Park- oder Grünflächen klingt, ist die begrünte Fassade
zweier Wohntürme. Mit dem Easyhome Huanggang Vertical Forest City Complex
brachten Stefano Boeri Architetti ein Stück vertikalen Wald nach Huanggang. Die
Hochhäuser zeigen, wie man urbanes Grün in neuen Dimensionen denkt und so
die Natur in die Stadt bringt.
Text: Edina Obermoser Fotos: RAW VISION studio
Auf dem über 4.5 Hektar großen Areal in der Metropole
in der Provinz Hubei entstehen mit dem
Easyhome-Komplex neue Wohn-, Hotel- und Gewerbeflächen.
Die fertiggestellten Türme sind die ersten
beiden – von insgesamt fünf – und den italienischen
Architekten zufolge der erste vertikale Wald Chinas.
Mit dieser Typologie beschäftigten sich Stefano
Boeri und sein Team bereits beim Bosco Verticale in
Mailand und vielen anderen Projekten. Für die Fassade
der chinesischen Wohnbauten kombinierten sie
offene und geschlossene Balkone, die sich in einem
diagonalen Muster und in unterschiedlichen Größen
aneinanderfügen. Während die verglasten Loggien
die Ansichten der 80 m hohen Türme wie 3D-Pixel
überziehen, wachsen in den Freiräumen dazwischen
Bäume, Sträucher und andere Pflanzen aus großen
Trögen. Sie umspielen die Fenster, ranken sich an den
Fassaden entlang in die Höhe oder hängen nach unten
und umrahmen die Aussicht der Bewohner. Der
Blick in die natürliche Umgebung soll ein naturnahes,
urbanes Wohnerlebnis bieten.
Bei der Bepflanzung setzte die Botanikerin und Landschaftsarchitektin
Laura Gatti auf lokale Arten. Neben
chinesischem Ginkgo kamen immergrüne Bäume
mit duftenden Blüten sowie Ahorn, Bambus und kleinere
Weidengewächse zum Einsatz. Dazwischen verdichten
Gräser den vertikalen Wald. Die spezifischen
Eigenschaften wie Laubfärbung, Wuchshöhe und
Ausrichtung der Vegetation wurden in die Gestaltung
der Wohntürme miteinbezogen. Die lebendigen
Ansichten sorgen aber nicht nur für einen grünen
Farbtupfer in der Stadt, der sich mit den Jahreszeiten
verändert, sondern haben zudem einen positiven
Einfluss auf das Klima: Laut Berechnungen der Planer
nimmt die bewachsene Hülle pro Jahr 22 Tonnen
CO 2 auf und produziert gleichzeitig 11 Tonnen Sauerstoff.
Mit diesen klimaaktiven Qualitäten birgt das
Projekt insbesondere für asiatische Großstädte mit
hoher Luftverschmutzung interessante Chancen und
trägt vielleicht dazu bei, dass in Zukunft – Mensch
und Planet zuliebe – auch in China mehr urbane Räume
überwiegend Grün statt Grau gebaut werden.
architektur FACHMAGAZIN
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Magazin
Hightech Blattgrün
Mit einer begrünten Fassade setzt das Hotel Gilbert im 7. Bezirk in Wien Maßstäbe
in der nachhaltigen Klimawandelanpassung. Bei dem im Herbst vergangenen Jahres
eröffneten Beherbergungsbetrieb ist neben der Dachflächenbegrünung und
dem Pflanzkonzept der Innenräume die begrünte Fassade ein integraler Bestandteil
der Gebäudearchitektur.
Fotos: Wolf-Dieter Grabner, Sempergreen
www.architektur-online.com
15
Magazin
Zum Einsatz kam dafür das Living-Wall-System des
holländischen Begrünungsspezialisten Sempergreen,
das vom Wiener Büro Green4Cities geplant und speziell
für das Gilbert an den Standort in der Breite
Gasse 9 angepasst wurde: Ein individueller, ganzjährig
grüner Pflanzenmix aus Gräsern, Stauden und
Gehölzen sorgt dort an heißen Sommertagen durch
die natürliche Verdunstung für eine Kühlleistung
zwischen 250 bis 337 kWh pro Tag. Das entspricht
ungefähr der Leistung von fünf Raumklimageräten
über den gleichen Zeitraum. Gemeinsam mit der aktiven
Kühlung durch den Verdunstungseffekt ist so für
deutliche Abkühlung gesorgt – um bis zu 3° Celsius.
Hinter der Pflanzenwand schläft es sich aber nicht
nur aus Temperaturgründen besser: Um rund 10
Dezibel verringert die bepflanzte Gebäudehülle die
Lärmbelastung. Der Geräuschpegel wird also – die
Skala verläuft exponentiell – halbiert.
Die einzelnen Paneele dieses Fassaden-Systems
wurden im Glashaus unter optimalen Bedingungen
vorkultiviert und fertig begrünt angeliefert. Durch
die automatisch gesteuerte und über Sensoren überwachte
Wasser- und Nährstoffversorgung erhalten
die Pflanzen in den Cradle-to-Cradle zertifizierten
Fassadenteilen nun auch genau das, was sie zum
Wachsen benötigen – die Living Wall kümmert sich
sozusagen um sich selbst, einzig für den Pflanzenschnitt
müssen die Hausgärtner noch Hand anlegen.
Die Neugestaltung des Gilbert leistet einen aktiven
Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel – die Fassade
speichert etwa 1 kg CO 2 /m 2 im Jahr –, und ist
vor allem eine Maßnahme zur Klimawandelanpassung.
Gemeinsam mit umfangreicher Bepflanzung
der Terrassen im Dachgeschoß, Begrünung des Innenhofes
und einem modernen Pflanzkonzept für
den Innenbereich ist die ganzjährig grüne Gebäudefront
ein Beitrag zu einer belebten Stadt, die nicht
nur für Menschen lebenswert ist, sondern in der auch
Biodiversität und Artenvielfalt ihren Platz finden. Als
Grüninsel ist sie dauerhafter oder temporärer Lebensraum
für unzählige Arten von Vögeln und Insekten
und trägt so auch entscheidend zum Artenschutz
in der Stadt bei.
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architektur FACHMAGAZIN
16
Magazin
Textil-Twist
Lang Vonier Architekten realisierten mit Gantner Instruments IV in Schruns
bereits das vierte Projekt für den Prüf- und Messgerätehersteller. Nach der Errichtung
der Firmenzentrale, einer Erweiterung und einem Innenumbau gestalteten
die ebenfalls in der Vorarlberger Gemeinde ansässigen Planer nun einen kompakten
Anbau. Dieser tanzt mit seiner textilen Fassade subtil aus der Reihe und sorgt
so für einen dynamischen Twist.
Text: Edina Obermoser Fotos: Lang Vonier Architekten
Gantner Instruments legte großen Wert darauf, dass
der Unternehmenssitz nicht nur räumliche Anforderungen
erfüllt, sondern auch zur Firmenphilosophie
passt. Bereits der längliche Haupttrakt wurde deshalb
so gestaltet, dass er wachsen und sich flexibel
an neue Bedürfnisse anpassen kann. Im Zuge der
vierten Erweiterung dockt jetzt ein schlichter Kubus
an den Bestand an. Der Neubau beinhaltet über drei
Etagen verteilt Labor- und Versuchsräume im Erdgeschoss
sowie Büro- und Arbeitsflächen in den oberen
Bereichen, die sich rund um einen Erschließungskern
mit zentralem Oberlicht anordnen. Der Zugang zum
Annex erfolgt ausschließlich über eine Brücke im ersten
Stock vom Hauptgebäude aus. Dieses bleibt mit
seiner zentralen Treppe und der Gemeinschaftszone
weiterhin das Herzstück des Headquarters. Wie auch
der Riegelbau ist das neue Volumen orthogonal zur
vorbeiführenden Straße positioniert und hat die gleiche
Breite, steht jedoch leicht versetzt ein paar Meter
weiter innen am Grundstück. Der quadratische Anbau
ist in Stahlbeton ausgeführt. Anders als beim bestehenden
Gebäude – wo der Beton außen konventionell
gedämmt, verputzt und abschließend rundum mit
einer Fassade aus Metalllamellen verkleidet wurde –
entschieden sich die Architekten hier für einen anderen
Ansatz: Sie ließen den grauen Sichtbeton außen
sichtbar und kombinierten ihn mit einer innenliegenden
Schaumglasdämmung, die mit Gips verspachtelt
wurde. Die Oberfläche ergibt leicht angeschliffen eine
raue, lebendige Struktur. Lediglich vereinzelte, neuralgische
Stellen hydrophobierte man.
u
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Magazin
Thermisch sanieren
Dämmung rauf,
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Eine effiziente Dämmung der Außenwände schützt im
Winter nicht nur vor Kälte, sondern auch im Sommer vor
Überhitzung. Bei der thermischen Sanierung der Außenwand
ist die Baumit open air KlimaschutzFassade die erste Wahl.
Baumit open air ist die kostengünstigste atmungsaktive
Fassadendämmung. Baumit open air ist
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architektur FACHMAGAZIN
18
Magazin
Die Außenansichten umhüllt in den oberen zwei
Dritteln des Baukörpers eine textile Fassade. Sie
setzt sich aus drei Streifen zusammen, die das Volumen
horizontal umschließen. Als Unterkonstruktion
für die Membranen dient ein Stahlrahmensystem.
Rechteckige Formrohre verbinden die Stahlbügel
mit den Fassadenprofilen, in denen die Bahnen
eingespannt sind. Da die vorgehängte Struktur im
Grundriss um vier Grad verdreht wurde, variiert der
Abstand zwischen den beiden Schichten der Gebäudehülle.
Diese leichte Rotation verleiht dem Annexbau
nicht nur eine gewisse Dynamik, sondern hat
zudem konstruktive Gründe: An den Berührungspunkten
befestigte man den Stahlrahmen an den
Betonwänden. Über die Ansichten zieht sich eine
schwarz-weiße Punktewolke, die je nach Blickwinkel
dichter oder lockerer wirkt und auf einem Luftbild
der Region basiert. Das Konzept für das abstrahierte
Muster entstand gemeinsam mit der Grafikagentur
Sägenvier aus Dornbirn. Besonders spannend fanden
Lang Vonier Architekten den Effekt der transluzenten
Gebäudehülle, die sich je nach Licht und
Tageszeit verändert: Während sie von außen tagsüber
eher geschlossen erscheint, macht sie den Bau
nachts zum diffusen Leuchtkörper. In den Innenräumen
nimmt man die Membran hingegen kaum wahr.
Dort lässt sie Blicke nach draußen nahezu uneingeschränkt
zu, schützt aber gleichzeitig vor Sonne und
Blendung. Besonders erfreulich: Trotz etwas höherer
Kosten setzte man beim gesamten Projekt auf Regionalität
und wählte für Planung und Umsetzung
ausschließlich lokale Unternehmen.
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Magazin
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20
Magazin
Energetische
Innovation aus Holz
Einen neuen städtebaulichen Maßstab setzten a+r Architekten mit der „Westspitze“.
Mit dem Gewerbe- und Bürobau aus Holz realisierten sie das erste Holz-Hybrid-Gebäude
in dieser Größenordnung in Deutschland. Das siebengeschossige
Bauwerk wird als Musterbeispiel für Klimafreundlichkeit angesehen und hat sich
in Tübingen bereits als „kompaktes Kraftwerk der Nachhaltigkeit“ einen Namen
gemacht – verantwortlich dafür, ist nicht zuletzt die fast unsichtbare Solarfassade.
Die energieerzeugende Außenhaut arbeitet effizient, wobei sie optisch nicht
zu technisch wirkt.
Text: Dolores Stuttner Fotos: Brigida Gonzalez
21
Magazin
Die PV-Elemente mit farbiger Beschichtung integrieren
sich geradezu spielend in die pulverbeschichtete,
vorgehängte Außenhaut aus Aluminiumblech. Je
nach Lichteinfall ändert die Fassade ihre Farbe, was
den Bau lebendig – und bisweilen gar emotional –
wirken lässt.
Die Holz-Hybrid-Bauweise stellte die Architekten
zweifelsohne vor eine Herausforderung – zur Meisterung
des Zusammenspiels der Materialien war bei
der Planung als auch beim Bau ein genaues Vorgehen
gefragt. Es galt nämlich, die Fassadengeometrie
den Anforderungen des Holz-Tragwerks anzupassen.
Die Raumdecken und die Außenwand bestehen aus
rund 1.100 Kubikmetern Fichtenholz. Gemäß den Architekten
handelt es sich dabei um über 1.000 Tonnen
gebundenes CO 2 , wobei im Vergleich zum Bauen
mit Stahlbeton ebenfalls weniger CO 2 -Verbrauch
stattfand. Die Holz-Hybrid-Bauweise ist damit eine
effektive ökologische Alternative zu konventionellen
Baustoffen – das Innovationsprojekt zeigt auf, dass
sich die noch junge Technik auch bei Hochhäusern sicher
einsetzen lässt. Bereits ab dem ersten Geschoss
wurde das Tragwerk des Gewerbegebäudes in dieser
Ausführung errichtet, während die Planer Beton und
Stahl so sparsam wie möglich anwendeten. Als Beispiel
sind hier die Zimmerdecken zu erwähnen: diese
setzen sich aus einem Holz-Brettschicht-Verbund
mit sieben Metern Spannweite und Aufbeton von nur
zehn Zentimetern zusammen.
Klimagerechte Bauweise fand auch in der Innenraumgestaltung
Einzug. Für jede Ebene sahen die Planer
vertikale Gärten aus Orchideen, Farnen und anderen
Regenwaldpflanzen vor. Die Atmosphäre gleicht auf
den 4.500 m 2 Gewerbefläche damit einem Gewächshaus,
sorgt für Komfort und Wohlbefinden.
Visuell ansprechend und durchaus atmosphärisch ist
des Weiteren die Holz-Verbund-Bauweise an den Unterseiten
der Zimmerdecken sowie den Stützen der
Fassade. Durch raumhohe Verglasungen werden die
Räume durch Tageslicht erhellt. In Kombination mit
der natürlichen Beleuchtung und dem weißen Mobiliar
schafft die freundliche, offene Gestaltung der
Zimmer ein einladendes Gefühl von Weite.
Bei der Raumaufteilung stoßen intime Zonen auf offene
Bereiche. So befinden sich im Gebäude nicht
nur Büros – das Erdgeschoss wurde speziell für die
Abhaltung von Kongressen, Events und anderen
Großveranstaltungen konzipiert, während im siebten
Stock ein Gemeinschaftsraum mit Terrasse allen
Mietern zur Verfügung steht.
Das Tübinger Innovationsprojekt zeigt auf, wie sich
eine klimagerechte Holz-Hybrid-Bauform auch in
Form von Gewerbeeinrichtungen realisieren lässt.
Das Ziel der Architekten – und auch der Bauherrin
Westspitze Gewerbebau GmbH – war es, ein Gebäude
mit langlebiger und wartungsarmer Fassadenverkleidung
auf hölzernem Grundgerüst zu entwickeln;
energetisch wurde die Einhaltung des KfW-55-Standards
angestrebt. Das Vorhaben der Planer ging mit
ihrem Büroturm am Fuße eines jungen Wohnquartiers
voll auf. Auch bei Mietern stieß das einzigartige
Design auf Anklang – nur wenige Wochen nach
seiner Fertigstellung im August 2020 war das Haus
vollständig bezogen.
architektur FACHMAGAZIN
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Magazin
Hightech-Hülle
Gegenüber des historischen Universitätsgeländes der Harvard University entsteht
auf der anderen Seite des Charles River im Bostoner Stadtteil Allston ein
neuer Campus, der die nachhaltige Ausrichtung der renommierten Hochschule
zeigen soll. Mit dem Science and Engineering Complex (SEC) planten Behnisch Architekten
eines der ersten Gebäude am neuen Standort. Dafür entwickelten sie ein
Forschungs- und Lehrgebäude mit innovativem Fassaden- und Lüftungssystem.
Text: Edina Obermoser Fotos: Brad Feinknopf
Auf 50.000 m 2 finden in dem Neubau der School of
Engineering and Applied Science (SEAS) Labore,
Schulungs- und Seminarräume nebeneinander Platz.
Sie verteilen sich auf drei achtstöckige Volumen, die
sich rund um zwei Atrien legen und auf Terrassengeschossen
ruhen. Die ersten drei Etagen gehen mit
ihren begrünten Dachterrassen stufenweise in die
südlichen Freiflächen über. Sämtliche Grünflächen
tragen maßgeblich zu einem angenehmen Klima auf
dem Gelände bei. Gemeinsam mit Transsolar arbeitete
das Planerteam ein effizientes Klima- und Energiekonzept
für den Bau aus. Dieses setzt sich aus einer
intelligenten Fassade und einem optimierten System
zusammen, das mittels natürlicher Belüftung den
Lüftungsbedarf um bis zu einem Drittel senkt. Das
verringert die CO 2 -Emissionen im Vergleich zu ähnlichen
Forschungsbauten um 50% und brachte dem
Projekt eine LEED-Platinum-Auszeichung ein.
www.architektur-online.com
23
Magazin
Eine Dreifachverglasung mit Fenstern zur Frischluftzufuhr
bildet die erste Schicht und den thermischen
Abschluss der intelligenten Gebäudehülle. Davor
legt sich in den obersten vier Stockwerken ein feststehender
Sonnenschutz aus 12.000 filigranen Edelstahlelementen
in 14 Formen, der zum charakteristischen
Merkmal des Universitätsgebäudes wird. Mit
den Ingenieuren von Knippers Helbig entwickelten
die Architekten die erste hydrogeformte Fassade. Die
einzelnen Paneele presste man dafür mit dem Verfahren
aus der Automobilindustrie mittels Innendruck in
die jeweilige Form. Für maximale Stabilität und niedrige
Blendung wurden die 1.5 mm dünnen Bleche anschließend
gefaltet und perforiert. Jedes Einzelteil
des Brisesoleils ist perfekt auf seine Position und
die Sonneneinstrahlung abgestimmt. Die Verschattungselemente
ermöglichen Ausblicke nach draußen
und lenken das Tageslicht gleichzeitig angenehm in
die Forschungs- und Lehrräume. Je nach Jahreszeit
reduziert das Fassadensystem Kühl- und Heizlast sowie
Gebäudetechnik um bis zu 65%. Im Sockel und
den terrassierten Geschossen prägen Fensterbänder
und bodentiefe Verglasungen das Bild. In den Atrien
gibt es öffenbare Elemente zur Nachtluftkühlung und
außenliegende, horizontale Lamellen. Sie komplettieren
die innovative Gebäudehülle des Bildungsbaus
auf dem neuen Harvard-Campus, schützen vor Überhitzung
und lassen diffuses Licht ins Innere.
SKYFOLD
Das vertikale Trennwandsystem öffnet sich
komplett in den Deckenbereich. Es ist platzsparend,
benötigt keine Führungs- oder
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architektur FACHMAGAZIN
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Bau & Recht
Pop-up-Stores und
Showroom-Konzepte
Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 haben auch den Wirtschaftssektor
der Retail-Immobilien nicht verschont. Restrukturierungen und Insolvenzen
von Retailern lassen einen erhöhten (auch großflächigen) Leerstand von Immobilien
erwarten, sofern er noch nicht eingetreten ist. Vermieter sind daher vermehrt
gezwungen, alternative Nutzungen ihrer Objekte ins Auge zu fassen.
Text: Mag. Matthias Nödl
Als alternative Nutzungen von Immobilien
erleben vor diesem Hintergrund Pop-up-
Stores und Showroom-Konzepte derzeit
einen regelrechten Boom. Beide Nutzungsarten
haben gemeinsam, dass sie auf eine
eher kurzfristige und flexible Verwendung
der Immobilien ausgerichtet sind. Sowohl
die Kurzfristigkeit, als auch die Flexibilität
der Nutzung stehen in aller Regel jedoch im
Widerspruch zum Interesse des Vermieters
an einer langfristigen und gleichförmigen
Vermietung.
Das gesetzliche Mietrecht bietet dem Vermieter
im Falle solcher kurzfristigen, flexiblen
Nutzungen kaum Handhabe. Denn das
Mietrechtsgesetz (MRG) ist auf Geschäftsraummietverträge,
deren ursprüngliche
oder verlängerte Vertragsdauer ein halbes
Jahr nicht übersteigt, nicht anwendbar.
Und das – im Wesentlichen mittels Vereinbarung
abdingbare – Mietrecht des ABGB
(§§ 1090 ff) gibt nur einen groben rechtlichen
Rahmen für Mietverhältnisse vor.
Folglich liegt es – von wenigen Ausnahmen
wie z.B. dem zwingenden Mietzinsminderungsrecht
iSv § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB
abgesehen – in der Privatautonomie von
Mieter und Vermieter, im Mietvertrag Bedingungen
und Konditionen zu vereinbaren,
die einerseits dem Wunsch des Mieters
nach einer kurzfristigen, flexiblen Nutzung
der Immobilie gerecht werden, andererseits
das Interesse des Vermieters an einer möglichst
friktionsfreien Vermietung absichern.
Steht das Mietobjekt im Wohnungseigentum
des Vermieters sind auch die Interes-
sen der übrigen Wohnungseigentümer und
die im Wohnungseigentumsvertrag getroffenen
Vereinbarungen zu berücksichtigen,
die einer kurzfristigen, flexiblen Nutzung
des Mietobjekts – z.B. aufgrund des ständigen
Mieterwechsels, häufiger baulicher Anpassung
der Ausstattung des Mietobjekts
und des Hauses an die Bedürfnisse des
Mieters, Wechsels der Klientel, etc. – entgegenstehen
könnten.
Das besondere Risiko, das mit einer kurzfristigen
Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten
zur flexiblen Nutzung verbunden
sein kann, liegt darin, dass ein Mieter den
vereinbarten Mietzins nicht bezahlt, aber
die zwangsweise Räumung des Mietobjektes
aufgrund der Rechtslage vor Ablauf der
kurzen Vertragsdauer nicht gelingen kann,
auch wenn der Vermieter unverzüglich die
sofortige Auflösung des Mietverhältnisses
erklärt.
Dies liegt zum einen daran, dass der Vermieter
gemäß § 1118 ABGB zu einer Auflösung
des Mietverhältnisses erst berechtigt ist,
wenn der Mieter den Mietzins trotz Mahnung
bis zum nächstfolgenden Zinstermin
nicht bezahlt hat (qualifizierter Zahlungsverzug).
Die Vereinbarung von vermietergünstigeren
Auflösungsbestimmungen ist
daher überlegenswert, auch wenn eine solche
von der Rechtsprechung allenfalls als
rechtsunwirksam gewertet werden könnte.
Zum anderen bedingt die Dauer eines gerichtlichen
Räumungsverfahrens und die
Möglichkeit des Mieters, die gerichtliche
Durchsetzung der Räumung selbst durch
unbegründete Einwendungen in die Länge
ziehen zu können, dass gerichtliche Hilfe
bei kurzfristigen Vermietungen stets zu
spät kommt. Und Selbsthilfemaßnahmen
des Vermieters könnte der Mieter mittels
Besitzstörungsklage und Maßnahmen des
einstweiligen Rechtsschutzes bekämpfen.
Bei kurzfristigen Mietverhältnissen sollte
der Vermieter daher darauf bestehen, dass
der Mieter die Bezahlung des Mietzinses für
die gesamte oder einen Gutteil der Mietdauer,
in welcher Form immer (z.B. durch Mietzinsvorauszahlung,
Barkaution oder unbare
Sicherstellung in Form einer Bank-, Versicherungs-
oder Konzerngarantie), sicherstellt.
Im Falle einer unbaren Sicherstellung
sollte der Vermieter überdies darauf wertlegen,
dass die beigestellte Garantie abstrakt
ist. Das heißt: Die Auszahlung der vom Vermieter
angeforderten Garantiesumme sollte
nach den Garantiebestimmungen über
erste Anforderung des Vermieters erfolgen,
und dies innerhalb kurzer Frist und unter
Verzicht des Garanten auf jedwede Einreden
oder Einwendungen aus dem zugrunde
liegenden Mietverhältnis.
Im Zusammenhang mit einer kurzfristigen
Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten
zur flexiblen Nutzung kann sich aber auch
aus der flexiblen Nutzung des Mietobjektes
durch den Mieter selbst ein erhebliches Risiko
für den Vermieter ergeben, insbesondere
wenn der Rahmen der Flexibilität des
Mieters zwischen Mieter und Vermieter
– auch im Interesse allfälliger Wohnungseigentümer
oder anderer Nutzer der Immobilie
– nicht klar und deutlich vereinbart ist.
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Vom Konferenzraum …
Magazin
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Auch öffentlich-rechtliche Restriktionen
(z.B. Bestimmungen des Baurechts, des
Gewerberechts, des Feuerpolizeirechts,
etc.) können einer flexiblen Nutzung des
Mietobjektes allenfalls entgegenstehen. Für
den Vermieter gilt es daher zu vermeiden,
dass der Mieter daraus (z.B. wegen einer
behördlichen Untersagung der Gewerbeausübung)
Ansprüche ableiten kann, weil
das Mietobjekt allenfalls zur vereinbarten
flexiblen Nutzung nicht taugt.
… bis zur Gebäudeautomation
© Cultura / Getty Images
So wäre es beispielsweise denkbar, dass
Geschäftsräumlichkeiten, die bisher zum
Betrieb eines Textilhandels genutzt wurden,
aufgrund einer Neuorientierung des
Mieters (der sich z.B. auf die Überlassung
der Geschäftsräumlichkeiten an einen Untermieter
beschränkt, ohne selbst ein Gewerbe
in den Räumlichkeiten zu betreiben)
zumindest vorübergehend als Showroom
oder Verkaufsraum für E-Automobile verwendet
werden; einer Nutzungsart, von der
völlig andere Risiken für Nutzer, Kunden,
etc. ausgehen können, als im Falle eines
Textilhandels.
In einer solchen Konstellation kann sich
eine überschießende Beanspruchung der
eingeräumten Flexibilität durch den Mieter
unter Umständen zu einem erheblich
nachteiligen Gebrauch des Mietobjektes
auswachsen, der nicht nur den Bestand
des Mietverhältnisses selbst, sondern auch
den Hausfrieden zwischen den Wohnungseigentümern,
Mietern oder sonstigen Nutzern
des Hauses zum Nachteil des Vermieters
gefährden kann.
Vor diesem Hintergrund ist es im Falle einer
kurzfristigen, flexiblen Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten
empfehlenswert, im
Mietvertrag den Rahmen der Flexibilität der
mieterseitigen Nutzung möglichst klar und
deutlich zu definieren, eine möglichst strikte
Zuordnung der damit allenfalls einhergehenden
Haftungsrisiken gegenüber Dritten
vorzunehmen und auch die Einhaltung
allfälliger Restriktionen des öffentlichen
Rechts durch den Mieter sicherzustellen.
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architektur FACHMAGAZIN
26
Interview
Suffizienz
als Entwurfsstrategie
Interview mit Architekt und Professor Dr. Philipp Lionel Molter
© Andreas Heddergott
www.architektur-online.com
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Philipp Lionel Molter
Philipp Lionel Molter versteht sein Atelier studiomolter
als interdisziplinäres Atelier, das in den Bereichen
Architektur und Design forscht und praktiziert. Als Professor
für Architektur an der IU International University
setzt Molter in seinem Verständnis von Architektur und
Design auch auf einen wissenschaftlichen Forschungsansatz.
Im Interview erklärt er seine Arbeitsweise an
praktischen Beispielen und gewährt einen Einblick, was
eine intelligente Fassade in seinen Augen auszeichnet.
In seinem Münchner Atelier studiomolter setzt Architekt
Philipp Lionel Molter auf eine interdisziplinäre Arbeitsweise.
Da das Bauen und Planen in der heutigen
Zeit zunehmend an Komplexität gewinnt, ist in der
Konzeption auch immer mehr Expertenwissen nötig.
Dabei stellen sich nicht nur Fragen der Energieeinsparung,
des Lebenszyklus oder betreffend der Materialien
– auch rechtliche Belange werden zunehmend
zum Thema. Entgegen der Tendenz zu immer größer
werdenden Bürostrukturen, setzt Molter auf ein eher
kleines und dafür agiles Konstrukt, das im Netzwerk
und projektweise äußerst systematisch, strategisch
und zielgerichtet agieren kann. Die Basis bildet aber
dennoch sein internationales und interdisziplinäres
Team mit verschiedenen Kompetenzen, das für Projekte
oder für Wettbewerbe fachspezifisch erweitert
werden kann. Der Arbeitsalltag im studiomolter ist
dank der Forschungstätigkeiten des Büroleiters geprägt
von einem sich gegenseitig befruchtenden Wissens-
und Inspirationstransfer zwischen Hochschultätigkeit
und Praxis. Das gilt auch für das wichtige
Thema der intelligenten Fassade der Zukunft.
Herr Molter, wie leben Sie den wissenschaftlichen
Designforschungsansatz und wie lässt sich dieser in
die Praxis übersetzen?
Hier setze ich auf „research by design“ – das heißt,
dass ich aus der entwerferischen Fragestellung heraus
einen Forschungsansatz entwickle oder meine
eigene Forschungstätigkeit wiederum in die Bürotätigkeit
einfließen lasse. So wie bei dem Projekt
„Wohnhochhaus in Regensburg“, bei dem es um eine
Lebenszyklusanalyse der Fassade und die Möglichkeit
der Stromerzeugung für die MieterInnen ging. In
meiner Tätigkeit generieren sich die Lösungen immer
sowohl aus der Forschung als auch aus dem Netzwerk
heraus.
„Getrieben von Neugierde erforschen wir mit
einem wissenschaftlichen Ansatz die Komplexität
und Vielfalt aller Maßstäbe, die Architektur
und Design zu bieten haben. Unsere Methodik
zur Gestaltung unserer gebauten Umwelt
basiert auf einer tiefgreifenden kulturellen und
geographischen Recherche. Die Art und Weise,
wie wir arbeiten, spiegelt sowohl den persönlichen
als auch den sozialen Kontext wider, innerhalb
derer wir versuchen, in einer offenen
und kollaborativen Weise mit Architekten, Ingenieuren,
Wissenschaftlern und Experten gemeinsam
die passende Lösung zu finden.“
Wie und mit welchen (Hilfs- oder Arbeits-) Mitteln arbeiten
Sie in der Forschung und in der Praxis?
Ob Pappmodell, 3D-Druck oder 1:1-Mockup – wir
setzen die jeweiligen Mittel ganz individuell ein und
verlassen uns dabei auf unseren Werkzeugkasten an
digitalen und analogen Komponenten, wobei wir alles
nutzen, was uns zur Verfügung steht. In der Lehre
beobachte ich, dass die Studierenden als Digital Natives
oft sehr fit sind am Computer, das Physische
kommt dabei allerdings manchmal zu kurz. In meinen
Augen ist ein Pappmodell meist sehr hilfreich und
auch im Arbeitsprozess leicht zu adaptieren. Später
übersetzen wir dieses ohnehin in die Dreidimensionalität
der CAD-Programme. Ich würde sagen, dass
sich letztlich alle Werkzeuge ergänzen und keinesfalls
ausschließen.
u
Philipp Lionel Molter
architektur FACHMAGAZIN
28
Interview
© studiomolter
Wohnhochhaus in Regensburg:
Bestandsobjekte des Wohnungsbaus
aus den 60er- bis 80er-Jahren bilden
eine der klassischen Bauaufgaben der
kommenden Jahre. Um diese zukunftsfit
zu machen, ist eine Erneuerung der
Gebäudehülle und ein damit einhergehendes
Einläuten der weiteren
Lebensphasen unumgänglich. Das
Wohnhochhaus in Regensburg dient als
exemplarisches Beispiel einer detaillierten
Betrachtung der Lebenszyklusanalyse
sowie der Energiegewinnung
durch gebäudeintegrierte Photovoltaik
in der Fassade.
Inwiefern hat Sie Ihre Zeit im Renzo Piano Building
Workshop beeinflusst bzw. tut es noch?
Die Zeit war tatsächlich sehr entscheidend und prägend
für meine Tätigkeit und ganz klar eine Vertiefung
der universitären Ausbildung. So ist das Büro
wohl auch konzipiert. Renzo Pianos Architektur wird
oft fälschlicherweise auf eine Art Hightech-Architektur
reduziert, wobei ich seine Werke als eine zutiefst
humanistische Architektur empfinde, die ungemein
zeitlos ist. Diese Grundeinstellung und auch die Arbeitsweise
trage ich noch immer in mir. Auch die Methodik,
in der sich der architektonische Entwurf aus
sehr vielen Disziplinen, die sich aus der Gesellschaft
und den jeweiligen kulturellen sowie geografischen
Kontexten speist, ist Grundlage einer jeden Aufgabenstellung
im Atelier.
In Ihrer Forschung und Lehre konzentrieren Sie sich
auf adaptive Gebäudehüllen und ihre thermische,
visuelle und ökologische Leistung – was kann man
darunter konkret verstehen?
Adaptive Architektur geht davon aus, dass sich Architektur
an verändernde Situationen anpassen
kann. Das heißt, eine adaptive Gebäudehülle kann
auf Tag und Nacht, die Jahreszeiten, die Temperatur
usw. reagieren – ganz analog zu einem biologischen
Organismus. Wenn die Epidermis unsere erste Haut
ist und die Kleidung unsere zweite, dann kann man
die Gebäudehülle als dritte Haut verstehen. Allesamt
können diese auf Umwelteinflüsse reagieren – meiner
Meinung nach sollte eine Gebäudehülle in diesem
Zusammenhang mehr können, als nur Fenster zum
Öffnen und Schließen bereitzustellen. In Zukunft soll-
www.architektur-online.com
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Philipp Lionel Molter
© Philipp Lionel Molter
Climate Active Bricks: Das in Kooperation mit der TU München und climateflux
entstandene Rechercheprojekt befasst sich mit der Auswirkung von Fassaden im
urbanen Kontext und deren Einfluss auf die Aufenthaltsqualität unserer verdichteten
Innenstädte. Um der Überhitzung der Stadt sowie dem Entstehen von Wärmeinseln
entgegenzuwirken, wurden in diesem Zuge anpassungsfähige Wände entwickelt, die
sich weniger stark aufheizen, das Mikroklima verbessern und somit den BewohnerInnen
mehr Aufenthaltsqualität versprechen.
te unsere dritte Haut nicht nur extrem anpassungsfähig
sein, sondern durch das Verknüpfen von Technik
und Design auch gestalterisch überzeugen. Ich sehe
eine Weiterentwicklung von der technischen Werkschau
hin zu architektonischen Entwurfskomponenten.
Die Forschung befindet sich momentan an einem
Punkt, an dem Einzelentwicklungen in angepasste
Anwendungen überführt werden, das heißt es gibt
immer mehr Produkte am Markt und der Einzelfall
wird langsam zur Systemlösung.
Was macht für Sie eine intelligente Fassade aus?
Der Unterschied zwischen einer rein adaptiven (reaktiven)
und einer autoreaktiven, sich selbst anpassenden,
Fassade. Hier besteht ein großes Potenzial
in der Vereinfachung aber auch Selbstregulation. Die
Beschaffenheit der Geometrie oder Materialität wird
immer noch allzu oft unterschätzt.
Wo sehen Sie Trends und Potenziale?
Im Moment lässt sich ein extremer Holzbau-Boom
beobachten, in Zukunft aber muss die Architektur
insgesamt eher zum Ort passen. Klimagerechte Architektur
stützt sich auf Prinzipien der vernakulären –
also historisch gewachsenen – und lokalen Architektur.
Ich zitiere in diesem Zusammenhang gerne Cedric
Price, der bereits 1966 provokant fragte: „Technology
is the answer, but what was the question?“ Das drückt
für mich aus, wohin der Weg gehen sollte. Bisher wurde
allzu viel mit Technik beantwortet, jetzt sollten wir
aus unserem Wissen schöpfen und uns fragen, was
wir wirklich brauchen – Stichwort Suffizienz.
Eine Fassade, die Sie gerne realisieren würden?
Ich sehe ein enormes Potenzial in begrünten Fassaden,
auch um unseren Energiedurst zu stillen. Generell
würde mir mehr “Grün” in all unseren Lebensbereichen
gefallen.
•
www.philippmolter.com
architektur FACHMAGAZIN
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Intelligente Fassade
Atmungsaktive
Architektur
Shenzhen Rural Commercial Bank Headquarters / Shenzhen, China / SOM
Text: Edina Obermoser Fotos: Seth Powers
Das Architekturbüro
Skidmore, Owings &
Merrill (SOM) realisierte
in der chinesischen
Millionenstadt Shenzhen
ein „atmendes“ Hochhaus
mit natürlicher Belüftung.
Für die neuen Headquarters
der Rural Commercial
Bank entwarfen sie eine
Struktur aus sich diagonal
kreuzenden Trägern. Diese
verleihen dem Gebäude
nicht nur ihr markantes
Aussehen, sondern dienen
zudem als gigantischer
Sonnenschutz.
Wolkenkratzer sind in der Metropole im Südosten
Chinas nichts Besonderes – das 158 Meter hohe
Bankgebäude allerdings schon: Natürlich belüftet
tanzt es aus der Reihe und zeigt, wie nachhaltiges
Design in tropischen Breitengraden aussehen kann.
Mit seinen 33 Stockwerken steht der Turm am Rande
eines öffentlichen Parks im Geschäftsviertel von
Shenzhen. Die Grünfläche steht im Zentrum des
Masterplans für den Stadtbezirk. Durch seine Gestaltung
soll der Neubau auf die Geschichte und die
ländlichen Wurzeln der Bank sowie deren Vision für
die Zukunft hinweisen und traditionelle Komponenten
mit modernen Ideen verbinden.
SOM setzten auf eine simple, quadratische Grundform
und kombinierten diese mit innovativer Technologie.
Das Herzstück des Bankhauptsitzes ist seine
charakteristische Fassade, die als Brisesoleil und
Konstruktion fungiert. Wie ein Exoskelett umschließt
sie den Turm mit einer engmaschigen Struktur. Diese
besteht aus weißen Stahlträgern, die sich überkreuzen.
Als außenliegendes Tragwerk ermöglichen
sie im Inneren offene Grundrisse und eine flexible
Nutzungsanpassung. Die Diagonalen sind in jedem
zweiten Stockwerk über horizontale Rahmen mit
dem Betonkern verbunden, der die Kräfte in den Boden
abführt. Zudem schirmt das Gitter die dahinterliegende
Glasfassade vor der Sonne ab, schützt vor
Blendung in den Büros und reduziert den solaren
Wärmeeintrag um 34 Prozent. Am Fuße des Baus
weiten sich die Abstände zwischen den Rauten der
Außenhülle. Sie umrahmen den Blick in den Park und
markieren die Zugänge zum Gebäude.
u
www.architektur-online.com
31
SOM
architektur FACHMAGAZIN
32
Intelligente Fassade
Zwei Atrien stellen die Lunge der Rural Commercial
Bank dar. Sie verlaufen zentral entlang der Westund
Ostansicht über die gesamte Höhe, begleiten
die offenen Treppenhäuser und teilen die Bürogeschosse
als Verlängerung des Erschließungskerns
in zwei gleich große Bereiche. Die beiden Schächte
lassen den Headquarterbau „atmen“ und sorgen für
eine kontinuierliche Luftzirkulation. Je nach Jahreszeit
und Qualität kommt die Luft dafür entweder
von außen oder von der internen Kühlung. Durch lamellenartige
Öffnungen strömt die Frischluft in die
einzelnen Etagen. Anders als in vollautomatisierten
Bürotürmen können die Nutzer hier selbst zwischen
mechanischer und natürlicher Belüftung wählen. Das
erhöht den Komfort und spart Energiekosten. Hinter
der Stahlkonstruktion bildet eine durchgängige
Glasfassade den thermischen Abschluss. Sie erwies
sich während des Bauprozesses als besondere Herausforderung,
da die außenliegende Tragstruktur zuerst
montiert werden musste. Erst dann konnte man
die Vorhangkonstruktion dahinter anbringen. Die
Verglasungen sind mit einem zusätzlichen Verschattungssystem
ausgestattet, das auf den Lichteinfall
reagiert und automatisch vor der Sonne schützt. Mit
der effizienten Planung und verminderten Kühllast
erfüllt der Bau sämtliche Kriterien für eine LEED Platin-Zertifizierung.
Im Erdgeschoss legt sich
das Exoskelett eindrucksvoll
vor die Glasfassade.
Die größeren Abstände
zwischen den weißen
Stahlträgern schaffen
Eingänge und rahmen den
Blick in die Umgebung ein.
www.architektur-online.com
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SOM
Dank der tragenden Gebäudehülle sind sämtliche
Geschosse stützenfrei ausgeführt und lassen sich
individuell bespielen. Die Glasfassade bietet Ausblicke
nach draußen und ein angenehm helles Arbeitsumfeld.
Bei der Gestaltung der Innenräume
bedienten sich die Planer Elementen des Feng-Shui
und verbesserten durch sie das Ambiente merklich.
Wasser steht in der chinesischen Harmonielehre für
Wohlstand und kommt im repräsentativen Eingangsbereich
zum Einsatz. Dort fassen Pools – in denen
sich das Licht spiegelt – und 15 Meter hohe Glaswände
die Lobby ein. Das kühle Nass setzt sich auch
in der Vertikale fort: An einem „Regenvorhang“ fließt
es nach unten und benetzt die Oberfläche. Diese
Wasserspiele kühlen in den heißen Monaten durch
Verdunstung das gesamte Bankgebäude. Tropfenförmige
Hängeleuchten greifen das Thema Wasser
erneut auf. Der Erschließungskern ist in Marmor verkleidet
und soll mit seiner wellenartigen Musterung
an nassen Stein erinnern. Wasser- und Grünflächen
sowie Sitzgelegenheiten und in Granit gepflasterte
Wege prägen die Außenräume und leiten Besucher
und Mitarbeiter ins Gebäude. Ein niedriger, gläserner
Anbau dockt direkt an die Eingangshalle an. Er
ist verglast, schimmert in edlem Bronze und verfügt
über eine zweischalige Außenhaut. Im Gegensatz
zum transparenten Hauptgebäude umgibt ihn ein
leichter Lamellenvorhang. Dieser schafft die nötige
Privatsphäre für die Räumlichkeiten des exklusiven
VIP-Banking-Bereichs im Inneren. Oben auf dem
Turm rundet eine Dachterrasse vor dem Panorama
des geschäftigen Shenzhens und der südchinesischen
See das Programm ab. Mit mobilen Trennwänden
scheinen Innen- und Außenraum hier in luftiger
Höhe fließend ineinander überzugehen. u
architektur FACHMAGAZIN
34
Intelligente Fassade
Eine Dachterrasse bildet
den krönenden Abschluss
des intelligenten
Wolkenkratzers. Sie wird
ebenfalls von den diagonalen
Trägern eingefasst
und überblickt Shenzhen
bis hin zum südchinesischen
Meer.
Wasser, Wind, Sonne – für das Design der Shenzhen
Rural Commercial Bank ließen sich die Planer
von SOM, die für ihre innovativen Entwürfe bekannt
sind, von der Natur inspirieren. Mit dem auffälligen
Exoskelett entwickelten sie in Zusammenarbeit mit
den Ingenieuren von Arup die perfekte Balance zwischen
Stabilität, Sonnenschutz, Licht und Luft für
das Projekt. Die weiße Gitterkonstruktion bereichert
die chinesische Metropole nicht nur um ein neues
Wahrzeichen, sondern ist außerdem effizient und
berücksichtigt das Wohlbefinden der Nutzer. Durch
optimierte Planung entstand das perfekte Zusammenspiel
aus aktiven und passiven Maßnahmen zur
Gebäudeklimatisierung. Somit ist bewiesen, dass
eine saisonale, natürliche Belüftung selbst in hohen
Bauten in tropischen Regionen möglich ist. Ein nachhaltiger
Ansatz, der die nächsten Finanzgeschäfte im
Headquarter – in vielerlei Hinsicht – zum atemberaubenden
Erlebnis macht.
•
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SOM
Shenzhen Rural Commercial Bank Headquarters
Shenzhen, China
Bauherr:
Planung:
Projektleitung:
Brandschutz/Licht:
Gebäudehöhe:
158 m
Grundstücksfläche: 7.665 m 2
Nutzfläche: 94.049 m 2
Fertigstellung: 2021
www.som.com
Shenzhen Rural Commercial Bank
Skidmore, Owings & Merrill (SOM)
Scott Duncan
Arup
„Wir sind immer auf der Suche nach
Möglichkeiten, originelle, technische
Lösungen mit architektonischem
Design zu verbinden. Beim
Hauptsitz der Rural Commercial
Bank konnten wir ein Diagrid – ähnlich
einem Exoskelett – einbauen.
So brachten wir die Tragstruktur
an die Außenseite und hängten den
Turm innen ab, um stützenfreie Arbeitsbereiche
zu schaffen.“
Scott Duncan, SOM
architektur FACHMAGAZIN
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Intelligente Fassade
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jessenvollenweider
Schimmerndes
Sonnenkleid
Amt für Umwelt und Energie / Basel, Schweiz / jessenvollenweider
Text: Linda Pezzei Fotos: Philip Heckhausen
Der Neubau des Amts für
Umwelt und Energie am
Fischmarkt in Basel ist
so konzipiert, dass seine
Elemente, ihre Funktion
und deren Zusammenspiel
nach innen wie außen erkennbar
sind. Besonderes
Gestaltungsmerkmal des
von jessenvollenweider
entworfenen Nullenergiehauses
in Holz-Beton-Hybridbauweise
ist die leichte
Photovoltaikfassade,
die das flexible Raum- und
Tragsystem umhüllt.
Energie, Abfallbewirtschaftung, Gewässer- und Lärmschutz,
Altlastensanierung sowie Landwirtschaft sind
die Kerngeschäfte des Amts für Umwelt und Energie
in Basel. 2021 bezog das Amt den neu errichteten,
markanten, achtgeschossigen Holz-Beton-Hybridbau
mit Photovoltaikfassade im Herzen der Stadt. Das
ortsansässige Architekturbüro jessenvollenweider
konzipierte den Entwurf als Antwort auf den dichten
städtebaulichen Kontext und konnte mit einer ausgefeilten
energietechnischen Lösung die gewünschte
Zertifizierung als Minergie-A-ECO erreichen.
Die Ausschreibung für den Neubau der AUE BS forderte
bereits 2013 ein Leuchtturmprojekt in Hinblick
auf Nachhaltigkeit und Minergie-A, die für das Bauen
in Basel eine Vorbildfunktion einnehmen sollte. Mit
der gelungenen Umsetzung des Projekts konnte der
Kanton die Chance nutzen, weit über die gesetzlichen
Vorgaben hinauszugehen. Kein anderes Bürogebäude
in Basel weiß bislang die Verwendung von regionalem
Holz, eine ans Stadtbild angepasste PV-Fassade oder
eine aktive Raumkühlung aufzuweisen. Die Zuständigen
erhoffen sich auf interner Ebene aber auch von
der offenen Arbeitswelt ohne individuelle Arbeitsplätze
neue Impulse, sowie regen, externen Besucherandrang
im neuen Kompetenzzentrum.
Um allen Ansprüchen gerecht werden zu können, war
für die Architekten bereits früh klar, dass es darum
gehen würde, eine Einheit im grundsätzlich Gegensätzlichen
zu schaffen. Dies bot die Chance sichtbar
zu machen, wie ein zeitgemässes städtisches Haus,
das die Grundsätze des nachhaltigen Bauens und ein
sinnvolles Maß an gezielten technischen Innovationen
verwirklicht, selbstverständlich in einen historischen
Stadtkontext integriert werden kann. jessenvollenweider
positionierten einen leichten Holzbau in
Hybridbauweise inklusive hochmoderner Photovoltaikfassade
inmitten der Altstadt von Basel, die vom
Baustoff Stein dominiert wird. Das Fassadenkonzept
entwickelte sich als besondere Herausforderung im
Laufe der Planungsphase analog zur rasant voranschreitenden
Evolution der Technik stetig weiter. So
verlagerte sich der konzeptionelle Fokus von der polykristallinen
Zelle – die in der Materialität und Farbigkeit
die Verwandschaft zu den angrenzenden Gebäuden
in Naturstein sucht – hin zur monokristallinen
Zelle mit bis zu 30 Prozent mehr Leistungsfähigkeit.
Die Erscheinung ist dabei grundlegend anders, nämlich
dunkel und monoton. Das Trägermaterial Glas
erhält somit eine besondere Bedeutung. In diesem
Zusammenhang wurde ein Schmelzglas entwickelt,
das eine plastische, unregelmäßige und im Licht changierende
Lebendigkeit entfaltet und durch seine
Struktur die dahinter liegenden PV Zellen abbildet.
Zusammen mit den in das Glas integrierten metallischen
Farbpunkten aus Titannitrid wird die dunkle
Farbe der PV-Zellen überlagert und die charakteristische
Erscheinung der Fassade ermöglicht.
Die Entscheidung, die Photovoltaikflächen auf die
Fassade zu packen, ist auch der Tatsache geschuldet,
dass die zur Verfügung stehende Dachfläche schlicht
zu klein war, um den Bedarf an Betriebsenergie für
das Klimagebäude aus erneuerbaren Quellen in Form
von Sonnenenergie decken zu können. Die Module
enthalten effiziente monokristalline PERC-Zellen, die
auch über Bereiche mit weniger Sonneneinstrahlung
Energie erzeugen können. Das Fassadenkleid vereint
Leistung, Langlebigkeit und Ästhetik in besonderem
Maße. Der Reiz des Erscheinungsbildes rührt aus
dem unterschiedlichen Lichteinfall zu verschieden
Tageszeiten her: Die Bandbreite reicht vom dunklen
technischen Kraftwerk über die farbliche Einbindung
in den Kontext der sandsteinfarbenen Nachbarn bis
hin zum leuchtenden Glashaus, das die Umgebung
widerspiegelt und das Sonnenlicht bricht. u
architektur FACHMAGAZIN
38
Intelligente Fassade
Die künftige Überprüfung der Wirksamkeit des
Energiekonzepts des Gebäudes kann mithilfe eines
digitalen Zwillings evaluiert und entsprechende Parameter
gegebenenfalls justiert werden. Dieses Monitoring
soll im Eingangsbereich auch den Besuchern
und Mitarbeitern aufbereitet präsentiert werden.
Neben der Fassade überzeugt das Amt für Umwelt
und Energie aber auch in räumlicher und konstruktiver
Hinsicht. Als Basis für ein ressourcenschonendes
Bauen setzten die Architekten einen kompakten
Baukörper auf das trapezoid verzogene Grundstück.
Einerseits Solitär, definiert das achtgeschossige Gebäude
andererseits den Straßenraum der Spiegelgasse
und bildet mit seiner Attika an der Blumengasse
eine Torsituation für die Passage zwischen
Marktgasse und Spiegelhof aus. Haupteingang, Foyer
und Empfang orientieren sich zum Fischmarkt,
während sich der Eingang für die Mitarbeiter mit
integriertem Veloabgang ins Untergeschoss an der
Blumengasse befindet.
Auf struktureller Ebene fungiert die stringente
Skelettstruktur ohne aussteifenden Kern als wirtschaftliches
und flexibles Raum- und Tragsystem.
Die Arbeitsbereiche orientieren sich aufgrund der
Lichtsituation in Richtung Westen, während die Archivflächen
in Richtung Nordosten zum beengten
Innenhof hin verortet wurden. Im Zentrum befindet
sich ein zenital belichtetes Treppenhaus mit Lift,
von dem aus sich auch die Besprechungs- und Nebenräume
erschließen lassen. Dank einer gewissen
Großzügigkeit bildet das Treppenhaus den zentralen
Ort im Haus, der zur fußläufigen Bewegung zwischen
den Ebenen animiert und zufällige Begegnungen unter
Kollegen und Besuchern fördert und fordert. u
In Verbindung mit dem Sonnenschutz und der automatisierten
Nachtauskühlung sichern die Closed-Cavity Fassaden von WICONA
einen sehr guten sommerlichen Wärmeschutz.
www.architektur-online.com
39
jessenvollenweider
architektur FACHMAGAZIN
40
Intelligente Fassade
Die Gestaltung der Innenräume
überzeugt nicht
nur funktional, auch die
Ästhetik kommt dank der
gelungenen Materialkombination
nicht zu kurz.
Die Decken wurden als Holzbetonverbundkonstruktion
mit Bauteilaktivierung ausgeführt. In Kombination
mit dem Lüftungskonzept, welches eine
natürliche Nachtauskühlung ermöglicht, konnte auf
die heute für konventionelle Bürogebäude übliche
Klimatisierung verzichtet werden. Der extrem hohe
energetische Standard basiert zudem auf einer sehr
gut gedämmten Gebäudehülle, der kompakten Gebäudeform
sowie einem einfachen Haustechnikkonzept,
das auf einer klaren Systemtrennung und der
Nutzung von Sonnenenergie fußt. Die Maßnahmen
wirken sich in ihrer Gesamtheit – mit wenig Technik,
aber ausgeklügelter Gebäudeautomation – zudem
positiv auf die Raumbehaglichkeit aus.
In Zukunft hofft man, mit der innovativen Fassade
sogar mehr Energie produzieren zu können, als für
den Eigenbedarf nötig. Und dass zahlreiche neugierige
Besucher das Gebäude für sich entdecken und
sich für die Zukunft inspirieren lassen. Ein (Sonnen-)
Kleid für alle Fälle anstelle von High Fashion lautet
die Devise.
•
Spiegelgasse
Spiegelgasse
N
N
www.architektur-online.com
41
jessenvollenweider
AUE - Amt für Umwelt und Energie, Basel
18.11.21
AUE - Amt für Umwelt und Energie, Basel
18.11.2
Schnitt A-A
Schnitt B-B
Schnitt C-C
2. Untergeschoss
1. Untergeschoss
Erdgeschoss
1./2./4. Obergeschoss
0 5 10 25
Schnitte 1:500
jessenvollenweider
UG22. Untergeschoss
UG1 1. Untergeschoss
Erdgeschoss
EG OG 1./2./4. 1/2/4 Obergeschoss
Blumenr ain
Blumenr ain
Blumengasse
Schi f lände
Blumengasse
Mar k tgasse
Schi f lände
OG 3./5. 3/5Obergeschoss OG 6. Obergeschoss 6 OG 7. Obergeschoss
7
Situation, 1:2000
Mar k tgasse
3./5. Obergeschoss 6. Obergeschoss 7. Obergeschoss
Situation, 1:2000
Grundrisse, 1:500
Grundrisse, 1:500
0
Amt für Umwelt und Energie
Basel, Schweiz
0
5 10 25
Bauherr: Kanton Basel-Stadt,
vertreten durch das Hochbauamt des Kantons Basel-Stadt
Planung: jessenvollenweider architektur ag, Basel
Projektleitung: Mira Lüssow GP-Leiter: Sven Kowalewsky
Statik:
SJB. Kemter.Fitze AG, Frauenfeld
Fassadensystem: WICONA / Hydro Building Systems Switzerland AG
Grundstücksfläche: 335 m 2
Bebaute Fläche: 335 m 2
Haupt-Nutzfläche: 1.267 m 2
Planungsbeginn: 2014 (WB 1. Preis 2013)
Bauzeit: 2018-2021
Fertigstellung: 11/2021
Baukosten:
18,3 Mio. CHF (Gesamtinvestitionskosten inkl. MwSt.)
www.jessenvollenweider.ch
5 10 25
N
N
„Der Neubau des Amts für Umwelt und Energie
am Fischmarkt in Basel verwirklicht als
zeitgemässes Bürohaus Grundsätze des
nachhaltigen Bauens mit einem sinnvollen
Maß an technischen Innovationen und ist
glaubwürdig in den historischen Stadtkontext
integriert.“
Anna Jessen, Ingemar Vollenweider,
Sven Kowalewsky
jessenvollenweider
jessenvollenweide
©Nelly Rodriguez
architektur FACHMAGAZIN
42
Intelligente Fassade
Gläserne
Krone
Buckle Street Studios / London / Grzywinski+Pons
Text: Linda Pezzei Fotos: Nicholas Worley
Neben 103 Wohnungen, einem Co-Working-Space und
einem Café finden auch Tagungsräume sowie ein Concept
Store Platz in in dem neuen dreizehnstöckigen Gebäude
der Buckle Street Studios im Londoner Stadtteil Whitechapel.
Das New Yorker Design Studio Grzywinski+Pons
zeichnet neben der Architektur auch für das gesamte Interior
Design und einen Großteil der Möbel verantwortlich.
Besonderer Hingucker: die Fassadengestaltung.
Im Zuge ihres Entwurfs der Buckle Street Studios
im Londoner Stadtteil Whitechapel sah sich
das Planungsteam des New Yorker Design Studios
Grzywinski+Pons mit einem Standort konfrontiert,
der geprägt ist durch ein dichtes Konglomerat von
Gebäuden, die sich sowohl in ihrer Größe als auch ihrem
Stil unterscheiden. Niedrige, denkmalgeschützte
Gebäude befinden sich in direkter Nachbarschaft zu
modernen Hochhäusern und definieren das sogenannte
Londoner East End östlich des mittelalterlichen
Stadtkerns und nördlich der Themse. Arbeiterviertel
trifft hier auf hippes Szenequartier. Matthew
Grzywinski wurde schnell klar: Der geplante dreizehnstöckige
Neubau sollte unbedingt als Bindeglied
zwischen den Welten fungieren.
„Während des Planungsprozesses arbeiteten wir
von Anfang an eng mit den städtischen Behörden
zusammen, um sicherzustellen, dass unser Entwurf
die angestrebte Rolle eines architektonischen Vermittlers
sowohl in Bezug auf das Gebäudevolumen
als auch auf die Gliederung der Fassade erfüllt“, sagt
Grzywinski. „Wir waren uns unserer Verantwortung
bewusst, den größeren städtebaulichen Kontext
unseres Standorts zu berücksichtigen, und haben
in diesem Sinne Materialien spezifiziert und unsere
Formensprache definiert, um den architektonischen
Clash zwischen den kleineren historischen Gebäuden
zu den jüngeren Hochhäusern zu mildern.“ u
www.architektur-online.com
43
Grzywinski+Pons
architektur FACHMAGAZIN
44
Intelligente Fassade
Dank der abgerundeten
Ecken, der Materialität
und der Maßstäblichkeit
fügen sich die Buckle
Street Studios harmonisch
in das bestehende
Stadtgefüge ein.
Entstanden ist ein einprägsames, elegantes Bauwerk,
das sich sanft in den bestehenden Block einfügt. In
seinem äußeren Erscheinungsbild zum einen geprägt
durch die runden Ecken, zum anderen definiert durch
die stringente vertikale Gliederung. „Wir übertrugen
einen Großteil der strukturellen Lasten auf einen expressionistischen
Parabelbogen von doppelter Höhe,
während wir uns gleichzeitig von den Rundbogenfenstern,
bogenförmigen Gesimsen und abgerundeten
Ziegeln der historischen Gebäude in den benachbarten
Straßen inspirieren ließen“, erklärt Grzywinski
die Herangehensweise.
Um das Gebäude mit zunehmender Höhe heller und
transparenter erscheinen zu lassen, setzten die Architekten
auf eine stufenweise Gliederung und eine
Teilung des Volumens in drei Abschnitte. Aufgrund
der eingeschränkt zur Verfügung stehenden Grundfläche
griffen Grzywinski+Pons anstelle von formalen
Rücksprüngen auf eindrückliche, aber geordnet
vorgenommene Materialwechsel über alle Schichten
des Gebäudes hinweg zurück, um in Folge einen Giebel
und eine Krone abzubilden. Die Materialwahl und
-verarbeitung war letztlich ausschlaggebend für den
gesamten optischen Eindruck der Fassade.
www.architektur-online.com
45
Grzywinski+Pons
Der Sockelbereich wurde mit gealterten, vernickelten
Metallpaneelen in Form von unterschiedlich dimensionierten,
vertikal positionierten Kassettenelementen
verkleidet, die gleichermaßen als Brüstungsabdeckungen
und kunstvoll gestaltete Lüftungsgitter fungieren
und die geschichtete Fassade harmonisieren.
„Unsere moderne Interpretation einer progressiven,
geordneten Skalierung“, so Grzywinski. Über diesem
ersten Giebel schließen warmgraue Handstrichziegel
mit vorspringenden Lisenen an, die in ein Gesims am
Fuß der Krone münden und einen erneuten Materialwechsel
einläuten. Die Lisenen und die raffinierten
Anknüpfungspunkte verleihen der ohnehin strukturierten
Gebäudehülle zusätzlich Plastizität und Tiefe.
Der krönende Abschluss der Buckle Street Studios
entspricht in seinen Proportionen dem Sockel und
wurde vollständig mit Glasbausteinen verkleidet.
Durchscheinend, hell und leicht wirkt dieser Teil
nahezu entmaterialisiert und scheint nahtlos in den
Himmel überzugehen. Die Wohnungen in diesem Bereich
verfügen über Fenster mit Ausblick über die
Stadt sowie Fassadenflächen, durch die das durch
die Glasbausteine gefilterte Licht gedämpft nach
innen fällt und eine einmalige Atmosphäre schafft.
Auch um eine maximale thermische und akustische
Effizienz zu erreichen, besteht die Hülle der Krone
aus zwei Wänden, wobei die Außenhaut sowohl als
Brüstung als auch als Fassade dient. Die erforderlichen
haustechnischen Geräte auf dem Dach ließen
sich durch eine entsprechende Überhöhung vollständig
verdecken, während die Lichtdurchlässigkeit der
Glaselemente einen diffusen und sanften Abschluss
des oberen Teils des Gebäudes in der Vertikalen
erzeugt. Trotz dieser Leichtigkeit mutet dieser Gebäudeteil
ebenso wie der darunter liegende schwere
Ziegelstein extrem haptisch und dauerhaft an. „Das
Volumen erscheint solide und flüchtig zugleich, während
die Bewohner durch die Aktivierung der Innenräume
ein natürliches kinetisches Leuchten erzeugen“,
erklärt Grzywinski.
u
architektur FACHMAGAZIN
46
Intelligente Fassade
Die Planer nahmen die Gelegenheit dankbar wahr,
sowohl die Konstruktion als auch die Innenräume gestalten
zu dürfen, um schließlich einen umfassenden
Raumeindruck auf Basis des ambitionierten architektonischen
Konzepts kreieren zu können. Gerade auf
den öffentlichen Flächen des Projekts ist diese Integration
von innen nach außen für die Architekten von
grundlegender Bedeutung: „Das wichtigste strukturierende
Element dieser Bereiche ist der parabolische
Bogen. Er ist von der Straße aus durch eine großflächige
Verglasung sichtbar und stützt und definiert
das Zwischengeschoss im Inneren des erdgeschossigen,
überhöhten Raums, während er gleichzeitig die
Last der vorderen Hälfte des Gebäudes aufnimmt.“
Dieser strukturelle Expressionismus wird durch eine
integrierte Holzbalustrade sowie geriffelte Verkleidungen,
warmen Lehmputz, wallende Vorhänge und
die zarte Möblierung abgemildert. In Anlehnung an
die Fassade wurden die Fußböden und Sockelleisten
der Einbaumöbel mit eben jenen Ziegeln verkleidet.
Den Concept Store im Erdgeschoss definieren Vitrinen
aus rautenförmigen, mit Porzellan und Glas
verkleideten Volumina, die die kuratierten Produkte
in Szene setzen. Großzügig geschwungene und gepolsterte
Sitzbänke, weiche Sofas und Poufs laden
zum Verweilen ein. Die Gestaltung befindet sich –
passend zum Inhalt der Vitrinen – an der Schnittstelle
zwischen Kunst und Kommerz. Der Raum, der zu
gleichen Teilen als Galerie, Lounge, Café, Shop und
Wohnzimmer fungiert, wirkt ebenso einladend wie
undefinierbar – eine gewünschte Intention der Architekten:
„Wir hoffen, dass sich die Passanten gezwungen
sehen, hineinzugehen, um zu erfahren, was
genau das ist, und dass sie sich dann wohl fühlen und
eine Weile bleiben.“
Das durchdachte, materialbetonte und detailverliebte
Design zieht sich von der Fassade bis in die Innenräume
durch alle Bereiche stringent durch und eröffnet
Bewohnern und Gästen ein umfassendes Raumerlebnis.
www.architektur-online.com
47
Grzywinski+Pons
Mezzanin
Während sich in den Buckle Street Studios öffentliche
und private Räume grundsätzlich verzahnen, beginnen
sie sich in Richtung der Krone mit den Wohneinheiten
dennoch mehr und mehr von dem bunten
Londoner Trubel zu abzugrenzen – auch wenn eine
gewisse Offenheit durch die schimmernden Glasbausteine
stets bewahrt bleibt. Hier kommen der Reiz
und der Nutzen der leuchtenden Glasverkleidung
in den Innenräumen voll zur Geltung, deren Anmutung
von Licht und Wärme geprägt sind. Helle Holzböden,
erdfarbener Lehmputz, cremefarbener Stein
und samtige Nude-Töne verleihen dem Interior einen
hochwertigen und einladenden Charakter.
„Für uns als Architekten und unseren Bauherrn fördert
dieses Projekt auch die gleichermaßen urbane wie
persönliche Auseinandersetzung von Öffentlichkeit
und Privatheit, zwischen Bewohnern und Besuchern.
Diese Mischung ist der Stoff, aus dem so viele der erfolgreichsten
und lebendigsten Gemeinden Londons
gemacht sind“, bringt Grzywinski seine Motivation auf
den Punkt. Whitechapel darf sich jedenfalls über einen
rätselhaften und doch verlockenden öffentlichen
Raum freuen, der einen integrativen und einladenden
Kontext eröffnet, in dem die Gemeinschaft und die
Besucher miteinander interagieren und sich gegenseitig
inspirieren können – und sollen.
•
EG - Lobby
Buckle Street Studios
London, Großbritannien
Bauherr:
Planung:
Mitarbeiter:
Statik:
Oaktree Capital
Grzywinski+Pons
Matthew Grzywinski, Amador Pons
Manhire Associates
Nutzfläche: 3.530 m 2
Planungsbeginn: 2018
Bauzeit:
2 Jahre
Fertigstellung: 2022
www.gp-arch.com
„Unser Studio hat sich einem herausragenden
Design verschrieben, das
auf Qualität, Schönheit, Innovation und
einer rigorosen Herangehensweise an
Details beruht. Design-Elemente wie
Licht, Gestalt, Erschließung und Materialien
haben stets Funktion, Ästhetik
und Erlebnis in ihrer Gesamtheit im
Blick. Wir betrachten Projektbeschränkungen
immer auch als Chance, um Innovationen
zu forcieren.“
Matthew Grzywinski
architektur FACHMAGAZIN
48
Intelligente Fassade
www.architektur-online.com
49
CLOU architects
Kreuz und
quer gedacht
Sanya Jinmao FarmLab / Hainan, China / CLOU architects
Text: Edina Obermoser Fotos: Shining Laboratory
4.600 m 2 Forschungs- und Ausstellungsflächen
realisierten CLOU architects mit dem FarmLab im
chinesischen Sanya. Der Multifunktionsbau vereint
mit Landwirtschaft und Tourismus die beiden wichtigsten
Wirtschaftssektoren der Region unter einem
Dach und bietet Platz für Showrooms, vertikalen
Indoor-Anbau und ein Farm-to-table-Restaurant.
Rund um die innovative Forschung im Inneren legt
sich eine ebenso smarte Rasterfassade.
Mit ihrem tropischen Klima und den weiten Sandstränden
zieht die Insel vor der Südküste Chinas vor
allem Urlauber an. Neben dem Tourismus ist auf Hainan
aber auch die Landwirtschaft von großer Bedeutung.
Der Anbau und Vertrieb von Kaffee, Früchten
und Nüssen floriert. Doch nicht nur der Agrarhandel,
sondern auch die damit verbundene Forschung erlebt
in Sanya, dem Zentrum im Süden des Eilands,
einen regelrechten Boom. Denn immer häufiger wird
die Nahrungsmittelproduktion – in Folge des Klimawandels
– von knappen Ressourcen wie Wasser
oder Boden beeinträchtigt. Auch die lokale Regierung
erkannte den Bedarf an neuen, zukunftsfähigen
Optionen und investiert zunehmend in Projekte
dieser Art. Im Zuge dessen entwickelt sich der Nanfan-Bezirk
sukzessive zum Silicon Valley der Saatgutindustrie
und widmet sich als Hightech-Hub der
landwirtschaftlichen Wissenschaft und Technologie
von morgen. Im Auftrag der Immobilienfirma Jinmao
gestalteten CLOU architects mit dem FarmLab den
jüngsten Zuwachs als neuen Fokus im Stadtteil. u
architektur FACHMAGAZIN
50
Intelligente Fassade
Das L-förmige Gebäude entwickelt sich über vier
Geschosse in die Höhe und wird von einer auffälligen
Hülle umschlossen: Ab dem zweiten Stockwerk
verlaufen die Fassaden schräg und werden mit dem
Flachdach Teil des oberen Abschlusses. Oberhalb
einer teils offenen, teils verglasten Sockelzone legt
sich eine enorme Gitterstruktur über den kompakten
Baukörper. Für diese ließ sich das Planerteam von
den auskragenden Dachkonstruktionen der auf Hainan
ansässigen Li-Minderheit inspirieren. Aus den
traditionellen Strukturen wurde ein großformatiges
Raster, welches dem Neubau sein charakteristisches
Aussehen verleiht. Es stellt die erste Schicht der Außenhülle
dar, schließt diese allerdings nicht hermetisch
ab, sondern lässt mit seiner Transparenz Ausund
Einblicke zu.
Das holzfurnierte
Stahlgitter legt sich vor
Fassade und Dach. Hinter
der gerasterten Hülle
befinden sich nicht nur
geschlossene Forschungsräume,
sondern auch ganz
oder halb außenliegende
Bereiche.
www.architektur-online.com
51
CLOU architects
Aufgrund von baubehördlichen Entscheidungen
durfte das Gitter nicht – wie ursprünglich geplant –
als tragende Fassade in Schichtholzträgern gebaut
werden. Stattdessen besteht es nun aus einem mit
furnierten Aluminiumelementen verkleideten Stahltragwerk.
Die regelmäßig angeordneten Rasterträger
sind bis zu einem Meter tief. Sie dienen mit ihren breiten
Laibungen hauptsächlich als Sonnenschutz und
garantieren die passive Kühlung des Sanya FarmLab.
Neben der Beschattung sorgt die Dach- und Fassadenebene
zudem für die natürliche Belüftung des
Gebäudes: Während die Zwischenräume des Gitters
an den Seiten offen bleiben, sind sie in den schrägen
Abschnitten verglast. Das Glas ist je nach Programm
innenseitig bedruckt oder klar, und schützt die Räume
als zweite Hülle vor der Witterung. Es reduziert
die Solarabsorption um bis zu 70%, lässt gleichzeitig
aber jede Menge Licht einfallen und erinnert damit
an landwirtschaftliche Gewächshäuser. Dadurch
herrscht in dem neuen Zentrum ein durchwegs helles
und freundliches Ambiente sowie ein angenehmes
Raumklima, das durch die freie Luftzirkulation
begünstigt wird. Integrierte Entwässerungsrinnen
sammeln das Regenwasser, das anschließend für die
Bepflanzung im Gebäude und die umgebenden Grünflächen
genutzt wird. Für den ganzheitlichen Ansatz
erhielt der Multifunktionsbau unter anderem den
Iconic Award für innovative Architektur und wurde
beim German Design Award für herausragende Architektur
speziell gewürdigt.
u
architektur FACHMAGAZIN
52
Intelligente Fassade
Im Bereich der geneigten
Dach- und Fassadenflächen
schützt Glas vor
tropischem Regen. Je
nach Ausrichtung ist es
matt bedruckt und sorgt
so für eine geringere
Solar absorption sowie
helle Innenräume.
Hinter der auffälligen Fassaden- und Dachstruktur
verbirgt sich ein bunter Mix aus Außen- und Innenräumen
sowie halboffenen Bereichen. Dynamische
Grundrisse sollen auf allen Etagen den Austausch
zwischen Wissenschaftern, Besuchern und Touristen
fördern. Nur die Labore und Büros sind in gestapelten,
geschlossenen Glasboxen untergebracht und
aktiv klimatisiert. Ein zentraler Kern mit Treppe und
Lift nutzt den Kamineffekt und führt warme Luft aus
dem Gebäude nach oben hin ab. Rund herum ordnen
sich – umschlossen von der Gitterstruktur – mit begrünten
Plattformen, Spielflächen für Kinder, Multimedia-Ausstellungen
und Café sämtliche öffentlichen
Besucherfunktionen an. Im Erdgeschoss kragt
die gerasterte Hülle über den Haupteingang und
die Erschließungsflächen aus. Besucher empfängt
hier nicht nur eine großzügige Lobby, sondern auch
eine skulpturale Wendeltreppe, deren Spiralform den
Raum beherrscht. Sie wird lediglich durch das Fassadenraster
vom Außenraum abgegrenzt und verbindet
vertikal die überdachten Freibereiche innerhalb
des FarmLab. Ein großes offenes Auditorium rundet
das Raumprogramm ab.
Start-ups und innovative Unternehmen widmen sich
in dem neuen Mehrzweckgebäude Themen wie Agrarrobotik
und vertikalem Indoor-Farming. Die Forschung
findet nicht nur hinter verschlossenen Türen
statt, sondern wird in den anschließenden Ausstellungsbereichen
auch den Besuchern nähergebracht.
Diese sollen ihren eigenen Konsum bewusst überdenken
und erhalten praktische Vorschläge für einen
nachhaltigeren Lebensstil. Die angebauten Lebensmittel
kommen im hauseigenen Restaurant direkt auf
die Teller der Gäste und machen so das Farm-to-table-Konzept
schmackhaft.
Mit dem Forschungs- und Ausstellungszentrum wollten
CLOU architects eine moderne Interpretation des
Landwirtschaftsbetriebes schaffen, in dem Büro, Labor
und Ausstellung nebeneinander und miteinander
Platz finden. Diese Vision verkörperten sie in einem
Entwurf, der Nachhaltigkeitsbewusstsein auf programmatischer
wie architektonischer Ebene thematisiert.
Das Sanya FarmLab zeigt neue Wege für die
Landwirtschaft der Zukunft auf, lädt zum Entdecken,
Verstehen und Probieren ein und wird so zum vielschichtigen
Vermittler. Die effiziente Gebäudehülle
ergänzt den zukunftsweisenden Ansatz mit ihrem
Lowtech-Konzept perfekt und zeigt, wie ein komfortables
Raumklima durch passive Planungselemente
auch in tropischen Breitengraden ohne flächendeckende
Klimatisierung umgesetzt werden kann. •
www.architektur-online.com
53
CLOU architects
Sanya Jinmao FarmLab
Sanya, Hainan, China
Bauherr:
Planung:
Projektleitung:
Team:
Jinmao Sanya Nanfan Rongmao Real Estate
CLOU architects
Jan Clostermann, Lin Li
Na Zhao, Sebastian Loaiza, Julien Douillet, Yaxi Wang,
Tianshu Liu, Tiago Tavares, Principia Wardhani,
Javier Pelaez, Yiqiao Zhao
Urban Architecture Design
Statik/ TGA:
Fassadenplanung: China Building Technique Group
Lichtplanung: Fuzhou Bovs Lighting Design
Grundstücksfläche: 3.485 m 2 (Teilfläche)
Bebaute Fläche: 1.280 m 2
Nutzfläche: 4.800 m 2
Planungsbeginn: Januar 2020
Bauzeit:
12 Monate
Fertigstellung: Juli 2021
www.clouarchitects.com
„In unserem internationalen Team verfolgen wir
gemeinsam eine Mission: die besten sozial interaktiven
Orte der Welt zu gestalten. Wir entwerfen
und realisieren innovative Gesamtkonzepte,
Gebäude und Innenräume, die positiven Einfluss
haben – auf die, die sie planen und bauen, auf die
unmittelbar lokale und weitere Umgebung, und
auf die Menschen, Gruppen und Gemeinschaften,
die sie nutzen.“
Jan Clostermann, CLOU architects
architektur FACHMAGAZIN
54
Intelligente Fassade
www.architektur-online.com
55
Maison Edouard François
Urbanes Wohnen
im Grünen
Le Ray / Nizza / Maison Edouard François
Text: Edina Obermoser Fotos: Wearecontents
Wo bis 2013 Torjubel
erklang, befindet sich mit
le Ray heute ein urbanes
– und äußerst grünes –
Viertel im Norden von
Nizza. Das Büro Maison
Edouard François konnte
den Wettbewerb auf dem
Areal des ehemaligen
Fußballstadions für ein
neues Wohnquartier mit
Mischnutzung für sich
entscheiden. Mit einem
Masterplan à la Manhattan
gestalteten die
Pariser Planer nicht nur
qualitativen Wohn- und
Lebensraum, sondern
auch eine der größten
begrünten Fassaden
Europas.
Nach dem Abriss des Stadions blieben rund um das
Gelände einige Sportplätze erhalten und auf dem
größten Teil der Fläche entstand ein öffentlicher
Park. Das neue, gemischte Quartier sollte die übrigen
1,2 Hektar mit neuem Leben füllen. Nizza liegt
idyllisch inmitten von üppig bewachsenen Hügeln,
die der Stadt ihren mediterranen Charme verleihen.
Von der südfranzösischen Landschaft ließen sich
die Architekten bei der Planung inspirieren. Sie wollten
eine „Insel der Frische“ schaffen, die trotz ihrer
Großmaßstäblichkeit nicht repetitiv, sondern individuell
wirkt. Um den begehrten Stadtraum an der
Côte d’Azur bestmöglich zu nutzen, entwickelten
sie ein Konzept, das auf vier Punkten basiert, die ihrer
Meinung nach essenziell für urbane Dichte sind:
Mobilität, Mischung, Materialität und Ökologie. Eine
gute Infrastruktur war dabei von Anfang an gegeben:
Der einstige Standort der Sportstätte begeistert mit
Ausblicken bis zur Altstadt und dem Meer hin und
verfügt zudem über eine direkte Straßenbahnverbindung,
die innerhalb von zehn Minuten direkt ins
Zentrum führt.
u
architektur FACHMAGAZIN
56
Intelligente Fassade
Le Ray besteht aus einer gemeinsamen Sockelzone
und zehn Baukörpern, die darüber in die Höhe wachsen.
Auf diese Weise brachte das Planerteam rund um
Edouard François auf fast 25.000 m 2 ein gemischtes
Programm aus Gewerbe- und Wohnflächen sowie 650
Autostellplätze unter. Das Parkhaus erstreckt sich
über zwei unterirdische Ebenen. Darüber befinden sich
im durchgängigen Erdgeschoss ein Dōjō – ein Zentrum
für japanischen Kampfsport – und ein 6.000 m 2
großer Supermarkt, der zu drei Viertel in die Landschaft
eingegraben ist. An der südwestlichen Ecke
des Blocks öffnet sich das Kaufhaus zum Boulevard
Gorbella und einem städtischen Platz hin in Form von
ungleichen Schaufenstern. Sie erwecken den Eindruck
einzelner Geschäfte, anstatt einer zusammenhängenden
Ladenfläche. An diesem Punkt dockt das
neue Wohnquartier an die Umgebung an: Die farbigen
Stein- und Putzfassaden der Gebäude orientieren
sich in ihrer Gestaltung an den traditionellen Ansichten
Nizzas. Sie sind unterschiedlich hoch und sogar
mit den typischen Fensterläden ausgestattet. Oberhalb
der öffentlichen, kommerziellen Bereiche verteilen
sich 250 Eigentumswohnungen und 100 geförderte
Appartements auf die einzelnen Bauten.
Wo sich bis dato relativ kahle Holzstangen
vor die Fassaden legen, wird
schon bald ein grünes Pflanzenkleid
die Ansichten umspielen und sich
sowohl auf das Raum- als auch auf das
Stadtklima positiv auswirken.
www.architektur-online.com
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Maison Edouard François
Die Wohnhäuser betteten die Architekten in Kooperation
mit Jean-Frédéric Gay, der als Landschaftsarchitekt
mit seinem Büro La Compagnie du Paysage auch
den angrenzenden Park plante, in einen vielfältigen
Garten ein. Dieser legt sich zwischen die einzelnen
Volumen. Er beschränkt sich nicht nur auf die Horizontale,
sondern wächst an den Außenwänden der
Bauten weiter in die Höhe und unterstützt Edouard
François‘ Idee der „durch Begrünung unterstützten“
Fassade. Bewachsene Dächer und Gemüsegärten
komplettieren das neue, grüne Stadtquartier. Aufgrund
der seismischen Aktivität in der Region sind
die Gebäude in Sichtbeton gefertigt. Davor legt sich
eine leichte Konstruktion aus Kastanienholzstäben,
die Fassaden und Loggien einfasst und als Rankgitter
für das grüne Blätterkleid dient. Zwischen den
Holzstangen verlaufen Edelstahlkabel, an denen die
Pflanzen künftig ebenfalls empor klettern können.
Die Kletterpflanzen wurden unten direkt in die Grünstreifen
entlang der Wohnbauten eingesetzt, weiter
oben wachsen sie in Kübeln. Ein sichtbares Rohrnetz
für Be- und Entwässerung versorgt das junge Grün.
Es rundet die zweischichtigen Ansichten ab und verleiht
ihnen ein nahezu grafisches Design. Notausgänge,
Lüftungsgitter und andere sicherheitstechnische
Einrichtungen verstecken sich an unauffälligen Stellen
hinter dem grünen Vorhang und sorgen für ein
naturnahes Erlebnis. Die Vegetation wurde so ausgewählt,
dass sie ein in sich geschlossenes Ökosystem
ergibt, das Ressourcen wie Wasser, Luft und Sonne
sowie Nährstoffe miteinander teilt. Bereits nach drei
Jahren versorgen sich die Pflanzen völlig autonom
und müssen nicht mehr gegossen werden. u
architektur FACHMAGAZIN
58
Intelligente Fassade
Die Fassaden der Gebäude
am Boulevard Gorbella
stellen Bezüge zur Umgebung
her. Lediglich zwei
auf die bunten Putzfassaden
gesetzte Staffelgeschosse
lassen die
Gestaltung des übrigen
Viertels erahnen.
Zwischen grüner und gebauter Hülle ist jeder der
Wohneinheiten ein Balkon oder eine Terrasse zugeordnet.
Von dem Gestänge und Geländern aus
hölzernen Lamellen eingefasst, sollen sie Raum zur
persönlichen Entfaltung der Bewohner bieten. Diese
können selbst entscheiden, ob sie die Loggia als
privaten Außenraum nutzen, oder ihn schließen und
ihre Wohnfläche vergrößern. Laut Hausordnung dürfen
die Erweiterungen ausschließlich aus unverrottbarem
Holz wie Kastanie oder Robinie umgesetzt
werden. In Zukunft erscheinen die Fassaden von Le
Ray dadurch wohl noch individueller und unregelmäßiger.
Der alternative Ansatz mit Durchmischung und
Begrünung stieß anfänglich auf wenig Begeisterung.
Gegenstimmen aus der Bevölkerung begegneten
die Planer aus Paris daraufhin mit Transparenz und
Dialog. In einem partizipativen Prozess bezogen sie
die Nachbarschaft und deren Wünsche in den Entwurf
mit ein und erlangten so die Akzeptanz der Anrainer.
Selbst dem OGC Nizza, dem Fußballclub, der
einst auf dem Areal seine Heimspiele austrug, wurde
Tribut gezollt: In der in Marmor ausgeführten Haupteingangshalle
erinnern Ausstellungsstücke und Stadionsitze
an die sportliche Vergangenheit und lassen
das Herz von Fußballfans höher schlagen.
Getreu dem Motto „mehr ist mehr“ dachten Maison
Edouard François Architekten mit dem Le Ray-Quartier
auf vielen Ebenen einen Schritt weiter. Anstatt
sich auf minimale Anforderungen zu beschränken,
zeigen sie Chancen für moderne, urbane Projekte
auf – Versickerung anstelle von Versiegelung, Grün
statt Grau und Individualität als Ersatz für Monotonie.
Die Fassade der neuen Siedlung in Nizza ist eine
der größten begrünten Fassaden Europas und kühlt
nicht nur den Wohn-, sondern auch den Stadtraum.
So wirkt sie sich in vielerlei Hinsicht positiv auf die
Lebensqualität des Viertels aus.
•
www.architektur-online.com
59
Maison Edouard François
Le Ray
Nizza, Frankreich
Bauherr:
Planung:
Team:
Statik:
Landschaftsplanung:
TGA:
VINCI Immobilier
Maison Edouard François
Mathieu Chatenet, Jérémie Dalin, Pauline Lécrivain
Verdier Ingénierie
La Compagnie du Paysage
Ingerop
Grundstücksfläche: 1,2 Hektar
Nutzfläche: 24.500 m 2
Planungsbeginn: 2016
Bauzeit:
36 Monate
Fertigstellung: 2021
Baukosten:
48,8 Mio. Euro (exkl. MwSt.)
www.edouardfrancois.com
„Ökologie heißt, heute an morgen zu
denken, um Wärmeinseln zu bekämpfen.
Potenzielle Lösungen dafür sind Hyperbegrünung
und Hyperdurchlässigkeit der
Böden. Wir müssen am Fuße der Fassaden
Grünstreifen freilassen, damit Pflanzen
von dort aus die Bauten bewachsen und
so die Städte erfrischen können.“
Maison Edouard François
architektur FACHMAGAZIN
60
RETAILarchitektur
Feuer, Wasser,
Erde, Luft
Online-Shopping war gestern. Das Einkaufserlebnis von morgen ist physischer
Natur. Und es soll alle Sinne ansprechen, wenn es nach Ruud Belmans,
dem Kreativdirektor für Raumgestaltung bei WeWantMore geht. Das interdisziplinär
aufgestellte Studio für Raumkonzepte und Markendesign zeichnet
für das neue 400 m 2 große Ladenlokal des belgischen Traditionshauses
Timmermans in Sint-Niklaas verantwortlich. Das Gesamtkonzept umfasst
neben der Innenraumgestaltung auch das Grafik- und Verpackungsdesign.
Text: Linda Pezzei Fotos: WeWantMore
Auch heute noch, 145 Jahre nach der Gründung des
Unternehmens, sind für Geschäftsführerin Carole
Timmermans das Fühlen der Materialien von Schuhen
und Kleidern, das erste Hineinschlüpfen in ein Kleidungsstück
und sogar der Duft vor Ort essenzielle
Bestandteile eines sinnlichen und intuitiven Einkaufserlebnisses.
Dazu gehört für Belmans eine flexible
Verkaufsfläche, die sich im Laufe der Jahreszeiten mit
den Kollektionen wandeln lässt: „Der Shop soll bei jedem
Besuch der Stammkundschaft ein wenig anders
aussehen, ohne dabei seinen Wiedererkennungswert
zu verlieren.“ Die Lösung: ein flexibles Raster, das die
Fläche in vier verschiedene Zonen unterteilt, die wiederum
jeweils eines der vier Elemente repräsentieren.
Dazu ein Vorhangsystem, das sich im Zickzack über
die gesamte Länge des Raumes erstreckt und die Bereiche
je nach Anforderung voneinander trennt oder
sie ineinanderfließen lässt.
Wie die Modebranche selbst, kommt auch der physische
Einzelhandel nicht umhin, sich wieder einmal
neu zu erfinden. WeWantMore haben für ihr Konzept
die Umkleidekabinen und die Kassenzone in der Mitte
des Ladens positioniert. Der Flachs, der die Anprobe
optisch und räumlich fasst, ist gleichermaßen neutral
wie taktil – eine Textur, die geradezu dazu einlädt,
berührt zu werden. Dazu befindet sich in jedem Einkaufsbereich
ein auffälliges Einrichtungsobjekt, das
sich auf eines der vier Elemente bezieht. „Die Kollektionen
geben dem Geschäft bereits seine helle
Farbpalette vor. Deshalb haben wir uns entschieden,
Farbe nur in Form von Materialien hinzuzufügen: Präsentationsflächen
und -volumen aus rotem Travertin,
rohen Betonsteinen, geschwärztem Holz und Baumstämmen
verweisen auf Erde und Feuer, während Kathedralglas
und halbtransparente Vorhänge Wasser
und Luft in das Innere bringen“, erklärt Belmans.
www.architektur-online.com
61
RETAILarchitektur
Da das neue Timmermans-Geschäft außerhalb des
Einkaufsviertels der Stadt liegt, war ein traditionelles
großes Schaufenster nicht notwendig, die Sichtbarkeit
dafür umso entscheidender. WeWantMore
setzten auf eine zweiteilige Fassade mit einem robusten
Teil aus Kork und einer weiteren Wand aus
Aluminium, die mit einer subtilen wellenartigen
Textur das Element Wasser symbolisiert und einen
starken Kontrastpunkt zum erdig anmutenden Naturmaterial
Kork setzt. Ein rundes Fenster verbindet
den Innenraum mit der Außenwelt. „Beim Einsatz von
Kunst- und Tageslicht sind Rhythmus und Schichtung
wichtig. Die Kombination von Oberlichtern, die
für natürliches Licht sorgen, mit eher technischem
und direktem Licht, das die Produkte optimal zur
Geltung bringt, ist bei der Gestaltung von Einzelhandelsflächen
von entscheidender Bedeutung“, sagt
Belmans und verweist auf die Bedeutung der Kombination
von Materialien, Oberflächen und Farben für
ein Einkaufs erlebnis, das alle Sinne ansprechen soll.
Anfassen unbedingt erlaubt!
architektur FACHMAGAZIN
62
RETAILarchitektur
stil bewusst sehen
Aschaffenburg, Heinsestraße 8. In der Mitte des offenen, weitläufigen Raumes
eine knuffige Couch in rotem Samt, daneben ein lässiger Retrosessel, dazwischen
ein luftiger Beistelltisch. Gleich gegenüber des Counters ein ausgesucht
bestückter Barwagen. Dazu stilvoll ausgewählte Leuchten und grüne
Pflanzen in naturbetonten Töpfen. Gerahmt wird dieses Gesamtkunstwerk
von einer perfekt abgestimmten Komposition aus kräftigen Farbtönen. Was
auf den ersten Blick wie ein eleganter Concept Store erscheint, ist „nur“ ein
Optikgeschäft. Dabei spiegelt sich der Name „Bartels – stil bewusst sehen“
eins zu eins in der Innenraumgestaltung von Stephanie Thatenhorst wider.
Text: Linda Pezzei Fotos: Stefan Grau
„Das richtige Farbkonzept gibt eindeutig den Ton
vor. Ich liebe starke Farben und den selbstbewussten
Einsatz verschiedenster Materialien – gerade, wenn
es um die Gestaltung von Verkaufsflächen geht“,
erklärt die Innenarchitektin. Während Thatenhorst
die direkte Beleuchtung gezielt einsetzt, um die Verkaufsobjekte
in Szene zu setzen, kommt die indirekte
Beleuchtung zum Tragen, wenn es darum geht, einen
Shop nahbar und wohnlich zu gestalten. Funktionalität
und den gewünschten Look unter einen Hut zu
bekommen – darin besteht die größte Herausforderung
für die Architektin: „Oft wird beim Verkaufsdesign
auf wohnliche Aspekte wie Textilien, Teppiche
oder Akzentleuchten verzichtet – was ich absolut
falsch finde. Bei dem Projekt Bartels Optik konnten
wir beides vereinen: eine angenehme Atmosphäre mit
stilvoller Produktpräsentation.“
www.architektur-online.com
63
RETAILarchitektur
Die farbenfrohe, kontrastreiche Raumwelt setzt auf
eine Kombination von grafischen Mustern für Stoffe
und Fliesen sowie gezielt positionierte Vorhänge und
Teppiche, um den Raum zu zonieren. Der Boden aus
Sichtbeton schafft den balancierten Ausgleich zur
eher warmen Wohnzimmeratmosphäre und vermittelt
eine gewisse Coolness und Eleganz, die ganz der
effektvollen Inszenierung der Brillen dient.
Der Grundriss ist konzeptionell an eine Wohnung
angelehnt und dementsprechend in verschiedene
„Wohnbereiche“ – wie Lounge-Ecke, Kaffeetresen
oder Separee – aufgeteilt, wobei verschiedene Zonen
ineinanderfließen dürfen. Große Auflageteppiche
und gemütliche Polstermöbel sorgen nicht nur für ein
Gefühl der Privatsphäre und Geborgenheit, sondern
schaffen auch eine angenehme Akustik. Auf diese
Weise ergeben sich ganz natürlich intime Bereiche zur
individuellen Beratung der Kunden. Als besonderes
Highlight ist der Werkstattbereich so angelegt, dass
er für den Kunden gut einsehbar ist und das filigrane
Handwerk nebenbei mitverfolgt werden kann.
Die Brillen selbst werden auf farbigen, simplen Metallregalen
präsentiert. Einfache, geometrische Boards
dienen zusätzlich dem Verstauen der Brillen, die in
großen Schubladen gelagert werden. Beim Testen
der Brillen können sich die Kunden in von der Decke
abgehängten Spiegeln in geometrischen Formen betrachten.
Gerade bei der Möblierung von Verkaufsflächen
liegt für Thatenhorst eine individuell gestaltete
Einbaulösung nahe: „Die sollte aber unbedingt durch
weitere Produkte ergänzt werden – der Mix macht es!“
architektur FACHMAGAZIN
64
RETAILarchitektur
Aspirin statt
Abendmenü
Im Zuge der Covid-Pandemie sah sich ein Restaurant-Besitzer in Puerto
Vallarta an der Pazifikküste im Westen Mexikos gezwungen, neue Wege
zu gehen. Der Inhaber entschied sich dazu, eine Apotheke aus dem Lokal
zu machen. Nach 35 Jahren heißt es nun: Rezept statt Abendkarte. Für die
Farmacia del Río entwickelten die mexikanischen Architekten güey studio
ein unkonventionelles, buntes Design.
Text: Edina Obermoser Fotos: Eduardo Mendoza
Während vergleichbare Projekte oft eintönig und wenig
aufregend gestaltet sind, entschied sich das Planertrio
dazu, den Besuch in der Apotheke zum Erlebnis
zu machen. Sie kreierten ein Konzept mit hohem
Wiedererkennungswert für diese und alle zukünftigen
Filialen der neuen Franchise-Kette. Ihre Arbeit beschränkte
sich dabei nicht nur auf den Umbau der Innenräume,
sondern setzte sich bis zum Logo fort. Neben
dem Verkaufsraum für Arzneimittel gehört auch
eine kleine Praxis zur Farmacia del Río. Beide sind
über ein gemeinsames Foyer miteinander verbunden,
verfügen aber gemäß den Vorschriften über separate
Eingänge. So können sich Patienten im Anschluss an
den Arztbesuch bequem die verschriebenen Medikamente
besorgen.
www.architektur-online.com
65
RETAILarchitektur
we
ove
livefor
light
Die Präsentation von Highend-Produkten erfordert
ein qualitatives, funktionales Beleuchtungsdesign
sowie ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl
bei der Planung. Abgestimmt auf Brand und
Shop-Architektur liefert Molto Luce ein harmonisches
Konzept für designorientiertes, effizientes
und maßgeschneidertes Shop-Licht.
Von außen fügt sich der in lokalen Materialien gefertigte
Bau mit seiner natürlichen Textur harmonisch
in den Urlaubsort ein. Blickt man durch das große
Schaufenster in die Apotheke, erwartet man zunächst
eher, dass hier Süßigkeiten und keine Arzneien über
den Tresen wandern. Im Gegensatz zur schlichten
Fassade ist das Innere in freundlichen Tönen gestaltet.
Sie ziehen die Blicke der Passanten auf sich und
sorgen außerdem für eine angenehme Atmosphäre.
Farbige Wände zonieren die Ladenfläche optisch. Der
Bereich der Angestellten ist ganz in Blau gestrichen.
Eine Theke in kräftigem Orange trennt den öffentlichen
und privaten Teil der Apotheke endgültig voneinander
ab. An ihrer Vorderseite leuchten türkise
Regalböden aus den Vitrinen. Knalliges Dottergelb an
einer Hintertür und in der Küchenzeile der Mitarbeiter
komplettiert die bunte Farbpalette. Dazu kombinierten
die mexikanischen Architekten Regalböden
aus Holz, die der Farmacia del Río mit ihrer Maserung
einen natürlichen Touch verleihen. Im Kundenbereich
fügen sich die Bretter an die Wand und dienen als Präsentationsfläche.
Hinter dem Verkaufstisch stehen
sie, von Metall gerahmt, als Regale mit mehreren Etagen
mitten im Raum und bieten Platz für die Organisation
der Medikamente. Auch den Wartebereich der
Arztpraxis prägt das farbenfrohe Konzept. Selbst im
dezenten, weißen Behandlungsraum halten in Form
von bunten Möbeln einzelne Farbakzente Einzug.
COLOURFUL LIGHT. COLOURFUL LIFE.
Ab sofort schreibt Molto Luce
seine Stories auch in Farbe.
Kuratierte Creative Colours bedeuten
noch mehr Gestaltungsfreiheit,
auch im Ladenbau.
Wels / Wien / Graz / Innsbruck
München / Köln / Hamburg
Brescia / Lenzburg
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architektur FACHMAGAZIN
66
RETAILarchitektur
Wo Schuhkauf
zum Erlebnis wird
Traditionelle Qualität trifft im neuen Flagship-Store des High-End-Schuhlabels
Notabene auf industrielles Design. Mitten in der Altstadt von Kopenhagen
entwickelten Norm Architects ein völlig neues Ladenkonzept und
setzten dabei auf Beton, Eichenholz und Metall. Kunden können hier nicht
nur einkaufen, sondern in dem holistischen Shop vom Entwurfsprozess bis
hin zu Produktion und Pflege in die Welt der Schuhe eintauchen.
Text: Edina Obermoser Fotos: Jonas Bjerre-Poulsen
Das Planerteam ließ sich bei der Gestaltung des
Shops von der Philosophie der traditionellen Marke
inspirieren und wählte Kontraste: Klassisch trifft auf
innovativ, zart auf kraftvoll. Während rohe Oberflächen
die Geschichte der Räumlichkeiten erzählen,
spiegeln exklusive Schreinerarbeiten das präzise
Schusterhandwerk wider. Das Ergebnis ist ein 250 m 2
großer Laden, der Verkaufsfläche und Atelier vereint
und die hochwertigen Produkte in den Fokus rückt.
Beim Betreten des Stores gelangt man direkt in den
Hauptraum, der mit hohen Decken, unverkleideten
Sichtbetonwänden und -säulen empfängt. Leichte
Vorhänge legen sich vor die großen Fenster und
sorgen für Privatsphäre, lassen aber gleichzeitig jede
Menge Licht in den Raum. Auf dem hellen Terrazzoboden
stehen Sockel aus Ton und Holz, auf denen
die Schuhe ausgestellt werden. Entlang der Wände
fungieren zart-schimmernde Metallregale als weitere
Präsentationsflächen. Sämtliche Holzeinbauten
wurden von lokalen Handwerkern maßgefertigt. Die
Möbel entwarfen die japanischen Designer Karimoku
Case Study speziell für den Laden. Zum prägenden
Element des Raums wird eine skulpturale Treppe: Sie
verbindet die drei Ebenen des Shops miteinander.
Nach unten gelangt man in die Schuhputz-Bar, hinauf
in eine offene Galerie. Diese ist in den Verkaufsraum
eingehängt und beinhaltet das Designlabor des
Schuhlabels. Die Stiege fassen vertikale, dicke Holzlamellen
ein, die sich in regelmäßigen Abständen aneinanderfügen.
Als Geländer begleiten sie die einzelnen
Stufen und fungieren gleichzeitig als Brüstung des
Zwischengeschosses.
www.architektur-online.com
67
RETAILarchitektur
Im Gegensatz zum grauen Beton im Eingangsbereich
erwarten Kunden in der unteren Etage mit Eichenholz
verkleidete Wände. Sie sollen Wärme ausstrahlen und
ein heimeliges Gefühl vermitteln. Anstatt der neuesten
Schuhtrends dreht sich hier alles um die professionelle
Pflege. Bis das eigene Lieblingspaar wieder
in neuem Glanz erstrahlt, schlüpft man in weiche
Pantoffeln und kann in der gemütlichen Lounge-Ecke
entspannt in Magazinen blättern. Ein zentraler Tresen,
an dem wahlweise Kaffee oder Drinks serviert werden,
komplettiert den Notabene Flagship-Store und rundet
das etwas andere Shopping-Erlebnis stimmig ab.
architektur FACHMAGAZIN
68
RETAILarchitektur
www.architektur-online.com
| BA12-22G |
RETAILarchitektur
Futuristisches
Retrodesign
Im Herzen von SoHo in New York hat Kanuk, kanadischer
Hersteller von handgefertigten Wintermänteln
aus Montreal, seine erste internationale Boutique
eröffnet. Gestaltet wurde der Shop, der in einem historischen,
6-stöckigen Gebäude situiert ist, vom Architekturstudio
Atelier Barda aus Montreal.
Fotos: Eric Petschek
Ihr Grundkonzept basiert auf drei unterschiedlichen Räumen,
darunter eine Empfangshalle, ein Produktausstellungsraum
und ein Umkleidebereich. Die Designer mischten bei der Gestaltung
historische Referenzen des Mantelherstellers mit
Elementen, die die New Yorker Umgebung des Geschäfts
widerspiegeln. Das gewünschte, galerieähnliche Ambiente
unterstützen Plakate und Videobildschirme, welche die Werbekampagnen
von Kanuk zeigen – in Anlehnung an die zweisprachige
Kultur in Montreal sowohl auf Französisch als auch
auf Englisch.
Beim Betreten des Stores lenkt der weit geöffnete Raum sofort
von den Erwartungen an eine klassische Verkaufsfläche
ab. Die minimalistischen Gestaltungsmerkmale lassen hier die
Grenzen zwischen Einzelhandel und Galerie verschwimmen.
Ein transluzenter, monolithischer Schreibtisch steht als einer
der wenigen Einrichtungsgegenstände im Raum und verkörpert
eine Art rituellen „Altar“. Helle Teppiche mit Retro-Akzenten
in Grau und Braun bilden einen subtilen Kontrast zu dem
ansonsten zeitgenössischen Erscheinungsbild des Raums.
Designelemente aus dem Montreal der 1960er- und 1970er-
Jahre machen Anspielungen auf die Geschichte der Marke.
Die Beleuchtung fungiert als wesentliches Element, um die
unterschiedlichen Atmosphären der verschiedenen Räume
zu gestalten. Atelier Barda setzte das Konzept dafür in Zusammenarbeit
mit Derek Porter Studio und James Clotfelter
Lighting Design um. Versteckte Vouten-Beleuchtung
strahlt nach oben und wird von der gewölbten, weißen Decke
des Ausstellungsraums reflektiert, wodurch reichlich
diffuses Licht in den scheinbar unendlichen, schattenlosen
Raum zurückgeworfen wird. Diese Helligkeit und Unendlichkeit
rufen ein Gefühl von Winterweiß und Schwerelosigkeit
hervor, das die physischen Grenzen des Raums
verwischt und den Blick auf den Boden und seine scheinbar
schwebenden Produkte und feinen Details lenkt.
„Unsere Absicht bei diesem Projekt war es, einen atmosphärischen
und erlebbaren Raum für Besucher zu schaffen, um uns
von der traditionellen Einzelhandelsumgebung abzuheben.
Wir haben uns auch auf die Einzigartigkeit von Kanuk konzentriert
und sind der Essenz der Vision und Kultur der Marke
treu geblieben,“ erläutern die Designer.
Licht unlimited:
TwinCAT 3 Lighting Solution
für DALI-2
Die TwinCAT 3 Lighting Solution:
über Excel konfigurierbar, voll HTML- und webfähig,
dezentral skalierbar sowie direkt über Panel bedienbar
vereinfacht alle Arbeitsschritte von Engineering bis Wartung
integriert alle typischen Lichtregelungen
unbegrenzte Anzahl der DALI-2-Linien
schnelle Funktionsänderungen, Adressierungen und
Erweiterungen direkt im Betrieb
DALI-2-Linien unabhängige Gruppierungen
ermöglicht tagesverlaufsbezogene Human-Centric-Lighting-
Konzepte
Scannen und
alles über die
Vorteile der
Lighting Solution
erfahren
architektur FACHMAGAZIN
70
RETAILarchitektur
Funktionaler Allrounder
Als Spezialist für innovative Beleuchtungslösungen hat sich Molto Luce auch
international einen Namen gemacht. Großes Know-how hat der Leuchtenhersteller
aus Oberösterreich im Bereich Retail vorzuweisen. Namhafte Marken setzen bei
der Beleuchtung ihrer Shops auf die funktionalen Lichtlösungen und das Fingerspitzengefühl
der erfahrenen Planer, die an den zehn Unternehmensstandorten in
Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien aktiv sind.
Gerade im Shop kommt es auf die richtige Stimmung,
aber ebenso auf die richtige Inszenierung der Produkte
an: Mit dem innovativen Lichtbandsystem TRAIL
bietet Molto Luce ein zukunftssicheres Lichtsystem,
das alle Wege mitgeht. Selbst eine Anpassung an sich
ändernde Erfordernisse ist mit TRAIL eine Kleinigkeit.
Standardmäßig 7- oder 11-polig durchgangsverdrahtet,
bietet TRAIL deutlich mehr Gestaltungsfreiraum
als eine klassische 3-Phasenschiene. Strahler oder
lineare Lichteinsätze in diversen Abstrahlcharakteristiken,
Notlicht oder Lautsprecher – TRAIL nimmt
alles auf und ermöglicht ein nachträgliches Adaptieren!
Darum ist TRAIL wunderbar als Shoplicht-Lösung
geeignet. Das schlichte Design des Systems
lässt die Beleuchtung in den Hintergrund treten. Was
bleibt, sind die gezielt gesetzten Lichteffekte, die das
Produkt in den Fokus des Betrachters rücken, eine
Zonierung des Shops ermöglichen und beste Einkaufsatmosphäre
sicherstellen.
Das Lichtbandsystem kann aber auch für die dazu
gehörenden Lagerbereiche optimal konfiguriert
werden. Gerade bei größeren Flächen besteht die
Möglichkeit, Sensoren zu integrieren, die in direkter
Interaktion mit den Leuchten stehen. Auf diese Weise
kann sowohl Energie als auch CO 2 deutlich eingespart
werden.
Molto Luce GmbH
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71
RETAILarchitektur
Lösungen zwischen
Tür und Zarge
Fotos: Bründl Sports / Joachim Grothus
Kautschuk für Flagship-Store
Mit 31 Niederlassungen an neun Standorten
ist Bründl Sports das größte Wintersporthaus
im Alpenraum. Dieser Leitgedanke
war auch bei der Erweiterung des
Flagship-Stores im Salzburger Kaprun
prägend. Das mehrfach für seine visionäre
Architektur ausgezeichnete, vierstöckige
Gebäude wurde 2021 auf 2.500
Quadratmeter Verkaufsfläche verdoppelt.
Beim Umbau spielte die Nachhaltigkeit
eine zentrale Rolle. Deshalb entschied
man sich für den Kautschukboden noraplan
unita, der in verschiedenen Farben
auf mehr als der Hälfte der Gesamtfläche
im Verkaufsbereich sowie auf den
Treppen verlegt wurde. Auf dem Großteil
der Verkaufsfläche nimmt sich der Belag
dabei in Naturfarbtönen optisch dezent
zurück, nur auf einigen Pop-up-Flächen
wurde er in Akzentfarben verlegt und
ergibt mit der gleichfarbigen Wandgestaltung
ein Raum-in-Raum-Konzept.
Neben der attraktiven Optik waren vor
allem die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit
entscheidende Auswahlkriterien
für diesen Boden. noraplan unita ist
CO 2 -neutral – verbleibende Emissionen
gleicht das Unternehmen freiwillig aus.
Er ist mit dem „Blauen Engel“ sowie dem
Indoor Air Comfort Gold-Siegel ausgezeichnet,
enthält keine Phthalat-Weichmacher
und bietet damit optimale Bedingungen
für eine gute Qualität der
Innenraumluft. Zudem vermindern Kautschukböden
durch ihre Dauerelastizität
den Gehschall und sorgen auf diese Weise
für eine gute Raumakustik.
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architektur FACHMAGAZIN
72
Licht
Wohnlich Erleuchtet
Mit ihrem Projekt „Das Bootshaus“ beschritt die Gastronomen-Familie Querfeld
einen „neuen Weg am Wasser“ und verbindet damit zwei ihrer Leidenschaften
miteinander: das Rudern und die Gastronomie.
Fotos: Alexander Magyar
Der Ursprung des Lokals an der Alten Donau liegt
rund um das Jahr 1900, als dort die Kleingartenkolonie
„Neu Brasilien“ gegründet wurde. Aus dem
damaligen kleinen Ausschank für die Kleingärtner,
bestehend aus einer kleinen Hütte und zwei Bänken,
entwickelte sich auch im Sog des aufkommenden
Rudersports das Traditionslokal „Neu Brasilien“, das
2017 von Querfeld übernommen wurde. Es folgte
die behutsame Renovierung des historischen Hauses
und die Schaffung eines Lokals im Stil eines britisch-wienerischen
Ruderclubs.
Stilistisch haben sich die Eigentümer gemeinsam mit
dem Lichtspezialisten Alexander Magyar und den
Innenarchitekten von Derenko an Beispielen des traditionell
britischen Rudersports orientiert und diese
Stimmung nach Wien geholt. Zur Inszenierung bediente
man sich hochwertiger Materialien, wie dunkelbraunem
Leder, Kupfer und Eiche, sowie originaler
Dekor-Elemente. Holzvertäfelungen, alte Spinde
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sowie Sprossenwände und Sportgeräte sorgen für
ein authentisches „Gym-Feeling“. Historische Fotos
und alte Pokale erinnern an die Rudervergangenheit
an der Alten Donau. Das Finish für das perfekte Ruderclub-Flair
bildet ein heller, offener Dachstuhl in
gedecktem Weiß, an dem neben Kristall-Lustern aus
England auch zwei alte Ruderboote abgehängt wurden.
Draußen bietet der idyllische Steg eine unversperrte
Aussicht auf die Skyline der Stadt.
In Szene gesetzt wird all das durch ein durchdachtes
Lichtkonzept. Lichtplaner Magyar fasst seine
Herangehensweise an die Beleuchtung für das nicht
alltägliche Gastronomieprojekt folgendermaßen zusammen:
„Meine Aufgabe bestand darin, die Lichtstimmung
zu inszenieren. Ich entschied mich dazu,
nur von der Seite aus mit speziell gefertigten Auslegern,
die Tische direkt zu beleuchten. Damit wir
eine gemütliche Wohnzimmer-Atmosphäre erzeugen,
wurden auf den Auslegern Strahler mit engem
Reflektor, warmem Licht und zusätzlichem Blendschutz
montiert. Dieselben Strahler mit stärkerer
Leuchtkraft und breit strahlendem Reflektor und zusätzlichem
Staubschutz wurden auch für die indirekt
Beleuchtung des offenen Dachstuhls eingesetzt. Die
Dimmbarkeit der Leuchten ermöglicht eine durchgehend
perfekte Lichtstimmung – vor allem von Beginn
der Abenddämmerung, bis in die Nacht.“
73
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der Hanffaser
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74
Produkt News
Kreativer Freiraum
Im Office von heute steht nicht mehr nur das klassische Einzelbüro im Fokus, sondern
flexibel nutzbare Zonen gewinnen immer häufiger an Bedeutung. Die herkömmlichen
Arbeitsstrukturen verschwinden nach und nach – das Open Office rückt in
den Vordergrund.
Bei einer guten Büroplanung ist die Mischung zwischen
Funktion und Design dabei enorm wichtig: In
vielen Betrieben und Berufen wird zwar immer noch
auf die altbewerten Büroformen gesetzt, jedoch legen
die ArbeitnehmerInnen immer mehr Wert auf
sozialen Austausch und eine flexible Arbeitswelt. Für
den Spagat zwischen offenen Kommunikationszonen
und Rückzugsorten bietet die Produktpalette von
Selmer in einzelnen Produktfamilien stimmige Weiterentwicklungen.
pads | Loungesystem für
individuelle Raumgestaltung
Ganz neu in der Produktfamilie ist ein Würfel, der sich
ganz beliebig kombinieren lässt. Mit den Polsterelementen
von pads sind moderne Mittelzonen, Warteund
Loungebereiche nicht mehr weg zu denken. In
diesen Bereichen fühlen sich nicht nur Kunden wohl,
auch die MitarbeiterInnen können diese Zonen als
kreativen Freiraum nutzen – entweder in der Gruppe
oder allein.
cellular | Rückzugsort für mehr Konzentration
Das Produkt cellular gibt es jetzt auch als Einzelkabine
mit Polstersessel, Schreibtablar und weiteren Features.
Das ist eine Arbeitsplatzlösung, die besonders
geeignet ist für Großraum und Wartezonen. Mitten
im Trubel entstehen so Nischen für ruhiges Arbeiten.
Die Module können beliebig angeordnet werden, egal
ob im Kreis oder in wechselnder Aufstellung.
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75
Produkt News
Grill Erlebniswelt
Der neue Weber Original Store in Graz-Seiersberg begeistert mit Restaurant,
Weber Grill Academy und Eventlocation nicht nur Grillfans. Damit das multi-funktionale
Konzept aus Grill Store, Academy, Eventlocation und Hotel in einem Gebäude
funktioniert, erforderte speziell der im ersten Obergeschoss befindliche Seminarund
Eventbereich akustische Maßnahmen.
An der Decke sorgen RIGIPS Rigiton-Lochplatten mit
einer durchlaufenden 8/18 Rundlochung für ein optisch
fugenloses Deckenbild. Die hochwertigen und
akustisch wirksamen Lochplatten sind aus dem umweltfreundlichen
Rohstoff Gips hergestellt und sorgen
mit einer fugenlosen Verlegung für ein einheitliches
architektonisches Deckenbild. Um dem Weber
Design- und Farbkonzept zu entsprechen, wurde
die Akustikdecke abschließend schwarz gestrichen.
Damit ein möglichst einheitliches Deckenbild erzielt
werden konnte, wurde beim Akustikvlies auf
die schwarze Variante zurückgegriffen. Im Hotelbereich
sorgt zudem die Auskleidung mit dem ISOVER
Trennwand-Klemmfilz für ausgezeichneten Schalldämmung,
bietet optimale Wärmedämmung und als
unbrennbares Material ebenso Brandschutz.
Saint-Gobain Austria GmbH
RIGIPS Austria
T +43 (0)3622 505-0
rigips.austria@saint-gobain.com
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76
Produkt News
Urbane Fassadenbegrünung
Durch dichte Bebauung und wärmespeichernde Beton- und Asphaltflächen kann
die Luft in vielen Großstädten kaum noch zirkulieren und die Temperaturen
steigen. Autoabgase und die Abwärme von Klimaanlagen tragen ebenfalls zur
Aufheizung und Luftverschmutzung bei und Grünflächen und Pflanzen, die diesen
Effekten entgegenwirken, sind Mangelware.
Deshalb geht der Trend weltweit zu grünen Gebäuden
mit Pflanzen an Fassaden, auf Terrassen, Balkonen und
Dächern. Vor allem bepflanzte Fassaden bieten viele
Vorteile: Sie verbessern das Stadtklima durch die Aufnahme
von CO 2 und säubern die Luft von Feinstaubpartikeln
und Schadstoffen. Gleichzeitig produzieren
grüne Fassaden Sauerstoff, gleichen Grünflächenverluste
aus und beleben und verschönern das Stadtbild
für mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität.
Dieser Entwicklung begegnet AluKönigStahl mit der
neuen begrünten Fassade Schüco AF UDC 80 Green
Façade. Die Cradle-to-Cradle zertifizierte Elementfassade
bietet hohe Gestaltungsvielfalt mit zahlreichen
Pflanzen und Systembauarten und ermöglicht ein Begrünungssystem
mit besonders großer Blattmasse am
Gebäude. Anders als bei der bodengebundenen Fassadenbegrünung
wachsen Pflanzen in dieser Fassade
selbst, sie benötigt keinen Bodenanschluss und eignet
sich daher besonders für innerstädtische Bereiche. Die
Be- und Entwässerung der Pflanzen erfolgt über ein
integriertes, von außen unsichtbares System.
Gefertigt wird die begrünte Fassade aus nicht brennbaren
Baustoffen der Klasse A, sie überzeugt durch
einen hohen Vorfertigungsgrad für eine einfache und
schnelle Montage: Mit Hilfe einer Unterkonstruktion
werden die bepflanzten Vliesmodule unkompliziert
mit dem Schüco UDC 80 Fassadenelement verbunden
und vor Ort in die Fassade eingehängt. Somit ist
die Fassade direkt nach der Montage bereits vorbegrünt,
sodass lange und pflegeintensive Wuchszeiten
am Gebäude entfallen.
ALUKÖNIGSTAHL GmbH
T +43 (0)1 98130-0
office@alukoenigstahl.com
www.alukoenigstahl.com
www.architektur-online.com
Neue Farben
im Jubiläumsjahr
Seit 1972 fertigt markilux hochwertige Markisen „Made
in Germany“. In diesem Jahr feiert das Unternehmen
sein 50-jähriges Bestehen und hat sich dafür eine besondere
Aktion ausgedacht: Unter dem Motto „High
Five“ bietet der Markisenexperte fünf neue Gestellfarben
ohne Aufpreis an: Schillernde Namen wie Concept
Black, Space Blue metallic, Fine Green, New Champagne
metallic und Real Silver metallic verkörpern den wertigen
Stil der markilux Produktpalette und betonen das
moderne Markisendesign. Im Jubiläumsjahr 2022 sind
sie für alle Markisen des Herstellers (ausgenommen
markilux 1300) erhältlich.
Zu den fünf Gestellfarben gibt es eine separate Broschüre
und einen kleinen Farbfächer. Außerdem jeweils zwei passende
Tuchempfehlungen aus der „visutex-Kollektion“ in
den Qualitäten „sunsilk“ und „sunvas“.
markilux Vertriebs- und Servicezentrum
T +43 (0)662 852 206
austria@markilux.com
www.salzburg.markilux.at
77
Produkt News
architektur FACHMAGAZIN
78
Produkt News
Höchste Windstabilität
Außenliegende Sonnenschutz-Systeme sind die effektivste Lösung, wenn es um
ein wirtschaftliches Energiemanagement und thermischen Komfort geht. Der
Wärmeeintrag der Sonne wird vor der Verglasung abgewehrt und Innenräume
wirkungsvoll vor Überhitzung geschützt.
Raffstoren bieten darüber hinaus eine flexible Tageslichtnutzung
bei gleichzeitigem Blendschutz, denn
der Einfall des Sonnenlichts kann durch die verstellbaren
Lamellenwinkel individuell gesteuert werden.
In der Architektur haben sich Flachlamellen wegen
ihrer filigranen und zurückhaltenden Optik bewährt.
Dank ihrer vielfältigen Systemvarianten lassen sich
die schlanken Flachlamellen-Anlagen unkompliziert
in jede Konstruktion integrieren und sind daher sowohl
bei Planern wie Bauherren sehr beliebt.
Für hohe Gebäude oder allgemein bei Fassaden in
windexponierten Lagen standen zwar bisher schon
windstabile Lösungen bereit, doch hinsichtlich Tageslichtlenkung
und Ästhetik setzt die neue Windra
Flachlamelle 80 WF von Warema neue Maßstäbe:
Sie verbindet die filigrane Eleganz der Flachlamelle
mit außergewöhnlicher Stabilität und ist die derzeit
windstabilste Flachlamelle am Markt. Das Sonnenschutzsystem
mit Schienen- oder Seilführung wurde
speziell für anspruchsvolle, windexponierte Fassaden
entwickelt und hält Windgeschwindigkeiten bis
zu 25 m/s stand. Mit ihrer filigranen Geometrie und
vier Trendfarben im Standard (RAL 9006, 9007, 7016
und DB 703) sowie einer Vielzahl an Sonderlamellenfarben
bietet die neue Flachlamelle zahlreiche Gestaltungsvarianten
für eine individuelle und ästhetische
Fassadengestaltung.
WAREMA Austria GmbH
T +43 (0)662 853015-0
info@warema.at
www.warema.at
www.architektur-online.com
Funktionale Einheit
Als eine der ältesten Portland-Zement-Fabriken
in Deutschland und Europa, ist die
1858 erbaute Rohmühle in Bonn ein historisches
und denkmalgeschütztes Gebäude.
Bereits 2006 wurde sie von dem Architekt
Karl-Heinz Schommer umgebaut, um einen
gläsernen Riegel ergänzt und somit etwas
moderner gestaltet. Heute beherbergt der
Komplex Büros sowie eine Gastronomie im
Erdgeschoss, die nun um einen wettergeschützten
Außenbereich auf der ehemaligen
Terrasse erweitert werden sollte. Die
Möglichkeit, den Wintergarten durch eine
Glas-Faltwand zum Gebäude hin komplett
abzutrennen und zum Außenbereich zu
öffnen, wurde dabei mit den Glas-Faltwand-Systemen
Highline und Ecoline von
Solarlux realisiert, die mit einer schlanken
Ansichtsbreite von 99 mm im Flügelstoß
maximale Glasflächen und eine nahezu
transparente Durchsicht bieten. Im Ziehharmonika-Prinzip
lassen sich die Glaselemente
auf einer Gesamtbreite von circa 12
Metern auffalten und als schmales Paket an
der Seite parken.
79
SOLARLUX AUSTRIA GmbH
T +43 (0)512 209 023
info@solarlux.at
www.solarlux.at
Produkt News
architektur FACHMAGAZIN
80
Produkt News
Intelligentes Regenwassermanagement
Mit zunehmenden Niederschlagsstärken steigt auch die Belastung der Entwässerungssysteme,
die für geringere Regenwasserintensitäten dimensioniert sind. Um
ein sicheres Ableiten bzw. Speichern gewährleisten zu können, müssen zusätzliche
Regenwasserrückhalteräume geschaffen werden.
Einfach verfügbar sind hierbei vor allem die Dachflächen:
Sie stellen einen nennenswerten Flächenanteil
im Stadtbereich dar und sind zudem oft durch ihre
bauliche Beschaffenheit zur Nutzung als Retentionsfläche
prädestiniert. So kann beispielsweise auf
0°-Dächern im Tiefgaragenbereich ohne größere
Aufwendungen ein 100-jähriges Regenereignis inklusive
möglicher umliegender Dachflächen zurückgehalten
werden. In die Praxis übertragen bedeutet das,
Wasser-Retentionsboxen, z. B. die WRB von Optigrün,
auf den Dachflächen einzusetzen. Die Retentionsboxen
speichern das Regenwasser und befördern es
über Kapillarsäulen nach oben. Ein kapillarwirksames
Vlies darüber verteilt das Wasser auf der gesamten
WRB-Oberfläche. So hält es auch die darauf ausgebrachte
Substratschicht feucht, die den Pflanzen
als Wurzelbereich dient. Auf diesem Weg steht den
Pflanzen das ursprünglich in den Wasser-Retentionsboxen
gesammelte Regenwasser wieder zur
Verfügung. Bemerkenswert ist, je mehr Regenwasser
den Pflanzen zur Verfügung steht, desto höher
ist ihr Stoffwechsel, der wiederum mehr CO 2 bindet
und das Pflanzenwachstum üppiger ausfallen lässt.
Die Art und Weise, wie das Transpirieren von Pflanzen
mit deren Stoffwechsel verknüpft ist, bringt einen
weiteren positiven Effekt mit sich: die Kühlung
der Städte durch die Verdunstung des gespeicherten
Regenwassers. Für den Verdunstungsvorgang wird
eine hohe Energiemenge benötigt: circa 2.650 Joule
pro Gramm Wasser bei 20 °C. Diese Energie wird
der Umgebung während des Verdunstungsprozesses
entzogen, wodurch sie sich abkühlt.
Optigrün international AG
T +43 (0)1 71728-417
info@optigruen.at
www.optigruen.at
© Optigrün
www.architektur-online.com
Doppelt geschützt
Wer auf der Suche nach der idealen außenliegenden
Beschattung großer Flächen ist, ist mit einer Fenstermarkise
gut aufgehoben. Sie hält die Sonnenstrahlen
bereits außen vom Glas ab und lässt die Hitze erst gar
nicht ans Fenster. So wird der Hitzestau vermieden
und keine Wärme in den Raum hineintransportiert.
Besonders empfiehlt sich hier der ZIP-SOLIDSCREEN
von VALETTA, den es auch als Doppellösung gibt:
Hier wird die senkrechte Fenstermarkise mit einem
separat bedienbaren Insektenschutz kombiniert! So
sind die Bewohner*innen untertags vor der Sonneneinstrahlung
und abends vor unerwünschten Plagegeistern
gut geschützt.
Ob als Auf- oder Unterputz-Variante, mit oder ohne
Dämmung, für große Abmessungen oder mit der
Möglichkeit auf eine distanzierte Ausführung – die
ZIP-FENSTERMARKISE ist ganz nach den individuellen
Anforderungen und Wünschen gestaltbar.
Standardmäßig ist eine Vorbereitung für den Insektenschutz
integriert, sodass jederzeit auch später
nachgerüstet werden kann. Das System ist besonders
regen- und windbeständig: Der Behang ist nicht
nur im Bereich der Welle und des Fallstabs fixiert,
sondern über die gesamte Führungsschienenlänge.
Zusätzlich wird es zur möglichst komfortablen Nut-
81
zung mit einem Funkmotor ausgestattet. Der ZIP und
die Kunststofflaufnut gewährleisten eine sichere Führung
und optimale Spannung des Tuchs. Eine Spezial-Tuchwelle
mit versenktem Tuchschlitz für Schnellwechselkeder
sorgt für eine saubere Tuchwickelung
ohne Druckstellen und einen einfachen Wechsel des
Behangs. Dieser ist zudem durch eine Kassette vor
Nässe und Verschmutzung sicher geschützt.
VALETTA Sonnenschutztechnik GmbH
T +43 (0)732 38 80-0
office@valetta.at
www.valetta.at
Produkt News
++
BUILD
BEYOND
TOMORROW
Den CO 2
-Fußabdruck eines Gebäudes zu reduzieren, bedeutet für uns,
alle Emissionen zu berücksichtigen, die während des Lebenszyklus
eines Gebäudes entstehen. Um die Emissionen im Vorfeld als auch in
der Nutzungsphase zu reduzieren, bieten wir leistungsstarke, zirkuläre
Lösungen für Fenster, Türen und Fassaden für Gebäude in Städten und
urbanen Gebieten. Wir übernehmen Verantwortung für eine nachhaltigere
Zukunft.
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BUILD BEYOND TOMORROW.
Erfahren Sie mehr:
architektur FACHMAGAZIN
82
Produkt News
Eine Fassadenmarkise für alle Fälle
Mit dem Soloscreen IV bringt Griesser eine Fassadenmarkise auf den Markt,
welche dank ihrer Vielseitigkeit und zahlreicher Konfigurationen zu jeder Gegebenheit
und Umgebung passt. Dafür sorgt unter anderem die Farbenvielfalt, denn
nicht nur der Stoff, sondern auch die Box und die Führungen sind in allen erdenklichen
Farben erhältlich.
Die Vielseitigkeit macht den Soloscreen IV zudem
zum idealen Sonnenschutz für verschiedenste Anwendungsbereiche.
Das Design passt zu modernen
Gebäuden mit großen Fenstern ebenso wie auch für
Sanierungen älterer und klassischer Häuser, da die
Montage in der Fensterlaibung erfolgen kann. Weitere
Highlights sind, dass keine Schrauben am Produkt
sichtbar sind und die ClipLine Technologie, mit welcher
der Stoff an der Walze befestigt ist. Sie sorgt für
einen perfekt gespannten Stoff ohne Abdrücke. Dank
verbesserter Windfestigkeit (Windwiderstandsklasse
3) ist für die neue Fassadenmarkise leicht windiges
Wetter kein Problem.
Wie üblich legte Griesser bei der Produktentwicklung
großen Wert auf Nachhaltigkeit. Deshalb ist der
Fallstab nicht mit metallischem Material, sondern mit
Sand gefüllt. Nachhaltig ist auch der Einsatz des Soloscreens
IV. Er steigert thermischen Komfort im Gebäude
und filtert das Tageslicht den Bedürfnissen der
Nutzer entsprechend. Das spart Energie bei der Kühlung,
der Heizung und der Beleuchtung.
Griesser AST GmbH
T +43 (0)5525 64222-0
info@griesser.at
www.griesser.at
www.architektur-online.com
83
Produkt News
Mehr Grün
in der Stadt mit der
Elementfassade
Schüco AF UDC 80
Green Façade
Schneller und sicherer
Das stetige Wachstum der städtischen
Bevölkerung bedeutet, dass die Städte
und Gebäude größer, höher und komplexer
werden. Folglich steigt der Druck auf
die Bauindustrie, mit dieser Entwicklung
Schritt zu halten. Beim Bau von Hochhäusern
hängt die Produktivität in hohem
Maße davon ab, dass die ArbeiterInnen
und ihr Material effizient und mit minimalen
Verzögerungen auf den mehrstöckigen
Baustellen eingesetzt werden. Dafür
ist KONE JumpLift, ein selbstkletternder,
zeitsparender Aufzug für den Bau, eine
bewährte Lösung für schnelleres, reibungsloseres,
sichereres und kosteneffizienteres
Bauen.
Herkömmliche Bauaufzüge können nicht
mehr mit der JumpLift-Technologie konkurrieren,
denn die durchschnittliche Geschwindigkeit
eines Bauaufzugs beträgt
nur 1,5 Meter pro Sekunde gegenüber bis
zu 4 Metern pro Sekunde beim JumpLift.
Außerdem ist ein typischer Aufzug oft
außen angebracht, was die Produktion
verlangsamt, da die Außenfassade des
Gebäudes bis zur Fertigstellung nicht
geschlossen werden kann. Der KONE
JumpLift hingegen „springt“ im permanenten
Aufzugsschacht des Gebäudes
hinauf, wenn das Gebäude höher wird. Er
bringt auch Aufzüge in der Bauphase früher
nach oben, bevor der Aufzugsschacht
auf seine endgültige Höhe gebaut ist.
Der CITIC Tower in Peking, bekannt als
China Zun, ist 528 Meter hoch und war
bei seiner Fertigstellung im Jahr 2018 das
höchste Gebäude der Stadt. Nach Angaben
des Eigentümers sparte der Einsatz
der KONE JumpLift-Technologie für den
Transport der 4.000 Arbeitskräfte und ihrer
Werkzeuge auf der Baustelle gewaltige
320.000 Arbeitsstunden.
KONE AG
T +43 (0)592 47000
office.at@kone.com
www.kone.at
alukoenigstahl.com
architektur FACHMAGAZIN
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Produkt News
Spannungsreicher Dialog
Wärmedämm-Verbundsysteme sorgen für umweltschonenden Wärmeschutz, verbessern
den energetischen Standard und bieten Langzeitschutz für die Fassade.
Doch nicht nur in puncto Energieeffizienz können sich wärmegedämmte Fassaden
sehen lassen: Wie sich Gebäude durch eine individuell gestaltete Fassade aufwerten
lassen, zeigen unzählige Beispiele – wie etwa die revitalisierte Stadthalle in
Ybbs an der Donau.
Klare Linien und eine reduzierte Architektur prägen
den Bau. Das Gebäude mit seinem großzügigen Balkon
im Obergeschoß entwickelt einen spannungsreichen
Dialog mit dem Fluss. Nichts mehr erinnert an den
biederen Altbau. Im Innern zeichnet sich die Stadthalle
ebenfalls durch die Hinwendung zum Gewässer und
durch ein hohes Maß an Multifunktionalität aus.
Einen besonderen Beitrag zu diesem Projekt leisten
ein hochwertiger Capatect Vollwärmeschutz und
eine umweltfreundliche Synthesa Innenfarbe. Bei der
Wandbeschichtung sämtlicher Innenräume – von der
großen Vortragshalle bis zu den Büros – wurde auf das
Synthesa Produkt Innendispersion extra gesetzt, eine
umweltschonende und lösemittelfreie, mineralmatte
Innenfarbe mit sehr guten Eigenschaften: Die Farbe
ist wasserverdünnbar mit besonders hoher Deckkraft
und weitgehend geruchsfrei. Sie verleiht dem Inneren
der Stadthalle eine unaufdringliche Eleganz, Frische
und das Gefühl von Weite.
Um den nachhaltigen Umgang mit Energie auf Jahre
hinaus zu ermöglichen und die Kosten dafür so niedrig
wie möglich zu halten, erhielten die bestehenden und
neu hinzugekommenen Betonteile der Fassade einen
Rundum-Vollwärmeschutz. Zum Einsatz kam ein
hochwertiges WDVS System mit Capatect D almatiner
Premium Fassadendämmplatten. Die Deckbeschichtung
erfolgte mit Capatect SH-Reibputz 20.
Synthesa Chemie
Gesellschaft m. b. H.
T +43 (0)7262 560-0
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www.architektur-online.com
85
Produkt News
KOMFORT
& TAGESLICHT
App Farbdesigner
Mit der neuen Smartphone-App Farbdesigner AR bringt Brillux
die Digitalisierung auf der Baustelle noch ein Stück weiter voran.
Konnte man bereits seit Langem mit dem Farbdesigner
verschiedene Gestaltungsoptionen für Räume und Wände
mithilfe von vorgespeicherten Fotos veranschaulichen, bietet
der Farbdesigner AR nun die Möglichkeit, direkt auf der Baustelle
zu visualisieren und zu beraten. Für die Farbberatung
wird mithilfe der Smartphone-Kamera ein Raum oder eine einzelne
Wand gescannt und in der App die gewünschte Wandgestaltung
einfach per Klick ausgewählt. Dafür bietet die App
eine umfangreiche Auswahl an Farbtönen aus dem Farbsystem
Brillux Scala. Um verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten
aufzuzeigen, besteht die Möglichkeit, mehrere Flächen bei
der digitalen Beratung einzubeziehen. Darüber hinaus können
Nutzer/-innen Farbtöne auch direkt miteinander vergleichen.
Brillux Farben GmbH
T +43 (0)732 370740-0
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architektur FACHMAGAZIN
86
Produkt News
Solar-Kraftwerk am Dach
Auf 1.000 Quadratmeter Dachfläche der neuen Trockenproduktion von Sto in
Villach wird nachhaltiger Photovoltaik-Strom erzeugt, der einen Großteil des
Energiebedarfs des Betriebs deckt. Da diese Form der Energiegewinnung exzellent
in die Sto-Nachhaltigkeitsstrategie „StoClimate“ passt, bekam das neue
Werk in Villach 530 hochmoderne, monokristalline Solarmodule mit einer Leistung
von insgesamt 200 kWp auf das Dach montiert und spart so über 100 Tonnen
CO 2 -Emissionen jährlich ein.
Damit deckt die leistungsstarke Sonnenstromanlage
den Großteil des Energiebedarfs der insgesamt
10.000 Quadratmeter großen Trockenproduktionsanlage,
in der pulverförmige Klebe- und Armierungsmörtel
für die Region Südeuropa vom Band rollen.
Die Photovoltaikanlage in Villach ist bereits die dritte
ihrer Art, die Sto in Österreich auf seinen Gebäuden
installierte. „Als Unternehmen setzen wir seit
Jahrzehnten auf klare ökologische Statements, die
auch ökonomisch Sinn ergeben“, erklärt DI Walter
Wiedenbauer, Geschäftsführer der Sto Ges.m.b.H.
„StoClimate“ heißt die umfassende Nachhaltigkeitsstrategie
bei Sto, die nicht nur Maßnahmen wie Photovoltaik
am Dach umfasst, sondern sich durch die
gesamte Unternehmensphilosophie zieht.
Mit der neuen Trockenproduktionsanlage stammen
nun 80% des gesamten Sto-Produktsortiments aus
Österreich. „Die kurzen Transportwege sparen rund
2.800 LKW-Ladungen ein, das sind 500 Tonnen CO 2
jährlich“, so Wiedenbauer. 100.000 Tonnen Trockenprodukte
werden jährlich im Werk erzeugt, 20 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter finden am Produktionsstandort
Villach Beschäftigung. Lieferengpässe – oft
ein Problem in Krisenzeiten – werden durch die lokale
Produktion vermieden. Das gilt auch für die Stromversorgung:
„Photovoltaik am Dach ist nicht nur
nachhaltig, sondern sie macht auch unabhängiger“,
sagt Wiedenbauer.
Sto Ges.m.b.H.
T +43 (0)4242 33 133-0
info.at@sto.com
www.sto.at
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Ideen mit Zukunft
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Baumit präsentiert mit der „ALL IN“-Technologie eine
revolutionäre Idee mit Zukunft, bei der die Verpackung
Teil des Endproduktes wird: Der dafür eingesetzte
Sack besteht aus einem speziell hergestellten,
patentierten Kraftpapier, welches einerseits die Auflösung
bei mechanischer Einwirkung und zweitens
einen geringeren Papierverbrauch ermöglicht. Das
Öffnen des Sacks ist nicht mehr erforderlich und somit
ist die Verarbeitung bequem, sauber, schnell und
ohne Abfall möglich.
Bei der Verarbeitung wird der Sack einfach in den
Betonmischer oder Mörteltrog gegeben, die vorgegebene
Menge Wasser zugefügt, der Papiersack dabei
befeuchtet und dann der Mischvorgang mit Betonmischer
oder elektrischem Rührgerät gestartet. Nach einer
durchschnittlichen Mischdauer von 4 Minuten hat
sich der Papiersack komplett aufgelöst, mit dem Mörtel
vermischt und steht für die Verarbeitung bereit.
Baumit startet in diesem Bereich mit ALL IN TrockenBeton
20 und Baumit ALL IN Garten- und LandschaftsbauBeton.
Die Baumit ALL IN Trockenbetone
sind für Betonier- und Ausbesserungsarbeiten ohne
statische Anforderungen geeignet; sie sind frostsicher
und widerstandsfähig gegen mechanische
Einwirkungen. Baumit ALL IN Trockenbetone sind
werksgemischte, naturfaserverstärkte Trockenbetone
der Festigkeitsklasse C16/20 i.A.
Produkt News
Baumit GmbH
T +43 (0)501 888-0
www.baumit.com
Andreas Jäger
Klimaexperte
Wann, wenn
nicht jetzt:
Reste verwerten
statt wegwerfen.
Ob Lebensmittel oder Dämmstoffe: Rohstoffe sind zu
schade, um verschwendet zu werden. Deshalb sorgen
wir mit langlebigen, recycelbaren Austrotherm XPS ®
Dämmstoffen für Klimaschutz made in Austria. Das
Prinzip: Was nicht verbaut wird, wird gesammelt und
wandert zurück in die Produktion! Und wenn Sie wollen,
holen wir den Verschnitt sogar direkt bei Ihnen ab.
austrotherm.com
architektur FACHMAGAZIN
88
Produkt News
Fotos: Meilenstein Kreativagentur
Neuer Stadtbaustein
Den Stadtteil Pasing mit seiner historischen Gründerzeitbebauung im äußeren
Westen Münchens bereichert nun ein Hotel- und Geschäftsneubau nach Plänen
von Auer Weber Architekten. Aus einem geladenen Wettbewerb 2015 gingen das
namhafte Münchner Architekturbüro gemeinsam mit Latz+Partner Landschafts-
Architektur Stadtplanung als Gewinner hervor. Der Entwurf sah einen Neubau in
eindeutig zeitgenössischer Architektursprache und dennoch mit formalem Bezug
zum hier vertretenen gründerzeitlichen Ensemble vor.
Darauf basierend zieht sich der realisierte Baukörper
auf polygonalem Grundriss entlang des Grundstücks
und bildet dabei unterschiedliche Höhen aus, die Bezug
zu den ortstypischen Giebel- und Walmdächern
herstellen. Er umschließt einen begrünten, öffentlichen
Innenhof und erlaubt aufgrund geschickter
Setzung und Durchwegung eine Verbindung zum
Pasinger Stadtpark, den die Würm durchfließt. Die
markante Kubatur und eine monolithisch gestaltete
Gebäudehülle aus hellen GIMA-Klinkerziegeln tragen
deutlich zum veränderten Erscheinungsbild der neuen
urbanen Mitte Pasings bei.
Die monolithische Gebäudehülle aus GIMA Klinkerziegeln
zieht sich über die gesamte straßenzugewandte
Fassade sowie die skulptural ausgebildeten Dachflächen.
Hierfür wurde die gedämmte Massivbaukonstruktion
aus Beton im Bereich der Fassade mit einem
Verblendmauerwerk aus Klinkersteinen umhüllt. Die
24 x 11,5 x 5,2 cm großen Steine sind in der Farbigkeit
Edolo FKS und mit einer authentischen Oberflächenstruktur
ausgeführt. Im Dachbereich bekleiden Klin-
ker derselben Serie und Größe das Gebäude, jedoch
in einer abgetreppten Form. Ausgeführt wurde die
komplexe Dachhülle mithilfe von über 150 Klinkerfertigelementen
in einer Größe von bis zu 3 x 4 Metern
und einer Dicke von 21 cm.
GIMA Girnghuber GmbH
T +49 (0)8732 24-0
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89
Energie aus
der Fassade
Produkt News
StoVentec Photovoltaics Inlay:
das ästhetisch anspruchsvolle
System für regenerative
Fassadenlösungen.
Schützende Umarmung
Fotos: PREFA | Croce & Wir
Aus Liebe zum Bauen.
Bewusst bauen.
In Catania auf Sizilien wurde ein zeitgemäßer architektonischer
Blickfang mit Prefalz in P.10 Prefaweiß realisiert, dessen
Struktur die Idee einer schützenden Umarmung verkörpert
und als formale Anlehnung an ein sizilianisches Bauernhaus
mit großem Innenhof verstanden werden kann. Bei diesem
Projekt, das vom Architekturbüro FRONTINITERRANA aus
Florenz gestaltet wurde, handelt es sich um WonderLAD – ein
Heim für die psychologische Begleitung und die Betreuung
krebskranker Kinder. Das knappe Budget zwang die Bauherren,
Sachspenden bei Baustoffproduzenten, zum Beispiel von
PREFA Italien, zu organisieren.
Vittorio Frontini und Antonino Terrana von FRONTINITERRANA
stellten sich der Aufgabe, einen einladenden Ort für die Betreuung
schwerkranker Kinder auf nachhaltige Weise und
ohne einen antiseptischen Krankenhauscharakter zu schaffen.
Entstanden ist dabei ein ebenerdiger Holzbau, der eine einprägsame
Aluminiumhülle trägt und mit einem eleganten Einlass
in die schützende Umarmung versehen ist. Der Baukörper
mit vorgezogenem, weißem Dach verfügt über eine Oberfläche
von 8.400 Quadratmetern, öffnet sich zum Innenhof hin
mit langen Fensterbändern und bildet einen Laubengang mit
Stützen, welche an Baumstämme erinnern. Die bis zum Boden
mit Prefa verkleideten Fassaden verfügen über wenige Öffnungen
und geben sich freundlich, aber hermetisch. Darüber
hinaus gibt der begrünte Hof als eine Erweiterung des Innenraums
den Kindern die Möglichkeit, sich das ganze Jahr über
im Freien aufzuhalten.
NEU!
ab 04/2022
PREFA Aluminiumprodukte GmbH
T +43 (0)2762 502 0
office.at@prefa.com
www.prefa.at
Die vorgehängte, hinterlüftete Fassade
mit gerahmten Photovoltaikmodulen.
Vorgehängte hinterlüftete Fassadensysteme verbinden
anspruchsvolle Architektur mit den Anforderungen der
Bauphysik. Mit der Integration von Photovoltaik ist es
Sto gelungen, eine funktionale Fassade zu entwickeln.
Sto unterstützt mit diesem System, im Sinne des Europäischen
Green Deals, den Übergang zu modernen,
ressourcenschonenden und wirtschaftlichen Gebäuden.
architektur FACHMAGAZIN
90
Produkt News
Anlehnung an Original-Optik
Ein tristes Bild bot das Gründerzeithaus in der Wiener Nymphengasse an der Ecke
zum kleinen Park, der ans Areal des Theresienbades anschließt. Eine Revitalisierung
im großen Stil wurde unternommen, um hier sowohl angemessene Wohnqualität
als auch eine optische Trendumkehr zu erreichen. Nun verbindet der Bau vom
Keller bis hinauf zum neu ausgebauten Dachgeschoß den Charme der Gründerzeit
mit Facetten der Moderne.
Um das Erscheinungsbild wieder stimmig zu machen,
mussten dafür im Sinne des Gründerzeitstils viele
Anpassungen vorgenommen werden: Frühere Sanierungen
hatten die Fassade unausgewogen und mit
Fehlstellen hinterlassen – nun mussten Profile und
Zierelemente wieder vereinheitlicht werden.
Bei der Realisierung dieses Projekts wurde auf Produkte
von Austrotherm gesetzt: Die Außenmauern
erhielten eine thermische Sanierung mit dem grauen
Austrotherm EPS® F-PLUS, eine Fassadendämmung
mit verbesserter Dämmwirkung. Und für die historische
Optik wurde die Fassade mit Austrotherm Fassadenprofilen
ausgestattet – von der Fensterrahmung
über die Bossenfassade bis hin zu speziell angefertigten
schmückenden Elementen. Besondere Sorgfalt
ließ man bei den auskragenden Erkern walten. Ihre
Untersichten, die im Original aufwändig verziert gewesen
waren, wurden entsprechend nachgebildet.
Die Ornamente dafür entstanden im Austrotherm
Werk Pinkafeld im Gussverfahren. Vor Ort fügte man
dann die einzelnen Teile zusammen. Auch die Sockelprofile
wurden speziell angefertigt: Ähnlich einer Kirche
verfügt das Gebäude über eine hervorspringende
Basis – bei Gründerzeitbauten eine Besonderheit. In
den Kellern wurden durch Absenken des Hofniveaus
auf Kellerebene und mit Trockenlegungs- und Dämmmaßnahmen
zusätzliche Garten-Maisonettewohnungen
geschaffen.
Austrotherm GmbH
T +43 (0)2633 401-0
fassadenprofile@austrotherm.at
www.austrotherm.at
www.architektur-online.com
91
Produkt News
Tradition trifft auf Moderne
Im Zuge der Erweiterung des Weinguts des Wachauer Winzers
Franz-Josef Gritsch entstand nach dem Entwurf von Architekt
Hannes Ritzinger ein neues Gebäude für Weinverkostung
und -verkauf samt Tiefgarage. Bei der Herstellung des Unterbaus
des unmittelbar an den Bestand anschließenden neuen
Gebäudes trat unterhalb des Flaschenlagers eine Quelle zum
Vorschein, wofür die Experten des ausführenden Bauunternehmens
Franz Schütz eine optimale Problemlösung fanden.
Nachdem die Unterfangungen bzw. das bestehende Steinfundament
gründlich gereinigt waren, wurde als Dichtungs- und
Putzträger gegen die Feuchtigkeit bzw. eindringendes Wasser
webertec Sperrputz 934 zweilagig aufgetragen. Dieses Produkt
wurde speziell zur Abdichtung bei Bodenfeuchte bzw.
bei nicht drückendem Wasser entwickelt und ist zudem sehr
vielseitig einsetzbar z.B. als Dichtungsträger für Abdichtungen
mit kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen,
bei flexiblen und starren Dichtungsschlämmen sowie als
Egalisierungsmörtel und Sockelputz. Abschließend wurde mit
webertec Superfläche D24 die umlaufende vertikale Abdichtung
der Tiefgarage hergestellt. Die bitumenfreie Reaktivabdichtung
ist hochflexibel, reaktiv- und schnell abbindend.
Saint-Gobain Austria GmbH
WEBER Terranova Austria
T +43 (0)1 661500
www.weber-terranova.at
Fotos: Franz Schütz GmbH
grenzen
los
planen.
Individuelle Steine nach Ihren Ideen.
PARTNER FÜR OBJEKTGESTALTER
Mit dem umfassenden Standardsortiment und individuellen
Sonderproduktionen bei Farben und Formaten eröffnen Friedl
Steinwerke neue Möglichkeiten in der Gestaltung von Dachterrassen,
Balkonen und Plätzen. Wir stehen für Beratung und Bemusterung
gerne bereit: anfrage@steinwerke.at
www.steinwerke.at
Projekt Liv an der Alten Donau
© liv.at / Fotograf: nunofoto.com
architektur FACHMAGAZIN
92
Produkt News
© Katja Bidovec
Ein Teil
ausgezeichneter
Architektur
Im Nordosten der slowenischen Stadt Šentjernej wurde das Gewerbegebiet
„Eltas“ um 6.000 m 2 erweitert. Das neu errichtete Objekt – ausgezeichnet mit dem
BigSEE-Award 2020 – folgt sowohl in der optischen Erscheinung als auch in der
Funktionalität im Innenbereich einem strengen Designkonzept.
Eine funktionelle Produktionsstätte für elektronische
Bauteile schließt an ein zweistöckiges Betriebsgebäude
an, in dem Büros und Gemeinschaftsräume untergebracht
sind. Ziel der Architekten war es, im Inneren
dieses Objekts ein Wohlfühlambiente zu schaffen.
Warme Farbtöne und natürliches Holz in edler Verarbeitung
sollten für die Mitarbeiter und Besucher ein
wohliges Raumklima schaffen.
Der Fokus auf Wärme spiegelt sich auch außen wider.
Um dies zu erreichen, wurden für das zweistöckige
Hauptgebäude für die Fassadengestaltung die Metallelemente
von DOMICO im Farbton Sand-Gold gewählt,
was das Gebäude und die Silhouette des Neubaus
noch mehr erstrahlen lässt. Im Gegensatz zu
diesem Gebäudeteil ist das Produktionsareal sowohl
innen als auch außen kühl und streng strukturiert. Die
Architekten wählten dafür einen Mix aus unterschiedlichen
Breiten, mit dem Dynamik zum Ausdruck gebracht
werden soll. Die Metallelemente in Sand-Gold
wurden senkrecht montiert, die dunklen, vertikal verlaufenden
Fugen nehmen die Farbe der Fenster auf
und bilden ein optisch auffallendes Design, das das
Gebäude umklammert.
DOMICO Dach-, Wand- und Fassadensysteme KG
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Produkt News
Safety first
Jeden Tag nimmt der Informationsfluss
mehr an Fahrt auf und die neuen digitalen
Möglichkeiten bringen dementsprechenden
Traffic mit sich. Die Tage von
Excel-Listen sind längst gezählt, Ordner
werden hauptsächlich digital befüllt. 5000
Postein- und Postausgänge für ein mittelgroßes
Bauvorhaben sind die Regel. Den
Überblick zu behalten, ist da gar nicht so
leicht. Außer man hat die passenden technischen
Hilfsmittel.
„Architekten und Ingenieure leben vor allem
vom Planen, nicht vom Büromanagement.
Und doch ist es für den wirtschaftli-
chen Erfolg eines Büros essenziell“, betont
untermStrich-Geschäftsführer Guido R.
Strohecker. Die Digitalisierung der Baustelle,
Zeiterfassung, Projektkalkulation, Kommunikationsprozesse
mit Auftraggebern,
E-Rechnung & Co – alles das stellt Architekten
und Ingenieure vor neue Herausforderungen.
Lösungen bietet Software, die
genau diese Prozesse bis auf einen simplen
Mausklick vereinfachen.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit
man seine technischen Tools zu 100
Prozent effizient einsetzen kann, ist die
Sicherheit beim Datenaustausch. Wie entscheidend
ist die IT, wie wichtig der richtige
Umgang mit seiner Managementsoftware?
Und was sind die wichtigsten Punkte beim
Safety-Check für ein Planungsbüro? Bei
der mittenDrin LIVE – der digitalen Messe
von untermStrich, die sich aus der MESSE@
home entwickelt hat und nun der digitale
Hotspot für alle Managementthemen von
Planungsbüros wird – gibt es die Antworten.
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architektur FACHMAGAZIN
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KI am Bau:
Maschinell planen und bauen
Neben der Digitalisierung und der BIM-Planungsmethode bestimmt
zunehmend die KI das Planen, Bauen und Nutzen von Bauwerken. Welche
Lösungen und Entwicklungen gibt es derzeit?
Text: Marian Behaneck
Neben der Digitalisierung und BIM beeinflusst
zunehmend auch die Künstliche
Intelligenz (KI) den Bausektor. Das ist ein
Teilgebiet der Informatik, das sich mit der
Erforschung intelligenten Verhaltens und
maschinellen Lernens, aber auch der praktischen
Anwendung von Systemen befasst,
die menschliche Fähigkeiten wie logisches
Denken, Lernen, Planen und Kreativität
nachahmen können. Welche aktuellen Anwendungen
und Entwicklungen gibt es bereits,
welche Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen
entstehen dadurch?
KI fürs Planen
Bestandserfassung: Bei der Bestandserfassung
per 3D-Laserscanner müssen Millionen
von Messpunktdaten ausgewertet
und so strukturiert werden, dass sie für die
CAD- und BIM-Planung verwertbar sind.
KI-basierende Analysemethoden liefern dabei
Informationen über die Art des Bauteils,
z.B. Wand, Stütze, Decke, Fenster, Rohrleitung,
verknüpfen sie mit weiteren Daten –
etwa zu Materialien oder Bauschäden – und
generieren aus diesen Informationen ein
BIM-Modell. Andere KI-Projekte befassen
sich mit der Vermessung von Räumen und
Objekten mithilfe von Apps, die auf die besonderen
Fähigkeiten aktueller Smartphone-Kameras
zurückgreifen und aus den
erfassten Messwerten selbstständig ein
3D-Modell berechnen. (Beispiele: www.actimage.de,
www.aurivus.com, www.bimkit.eu)
Generative Gestaltung: (auch „Generatives
Design“) Regelbasierte Prozesse,
anwenderdefinierte Parameter und Verknüpfungen
bestimmen bei der generativen
Gestaltung das Entwurfsergebnis.
Das ermöglicht eine mit konventionellen
CAD-Planungsmethoden bisher nicht erzielbare
Form- und Gestaltungsfreiheit.
Die Künstliche Intelligenz (KI) gehört auch im Baubereich
zu den Schlüsseltechnologien der nächsten Jahre. © Bosch
So können beispielsweise von der Natur
inspirierte, bionische Formen einfacher
geplant und über CNC-Maschinen oder
3D-Drucker auch direkt gefertigt werden.
Verknüpft man die generative Gestaltung
mit KI- Algorithmen, können auch komplexe
Entwurfsvorgaben berücksichtigt und etwa
Grundrisskonzepte unter Berücksichtigung
von Raumfunktionen, Raumbeziehungen,
Raumqualitäten etc. entwickelt werden
(Beispiele: https://redshift.autodesk.de/generatives-design-ki)
Stadtplanung: Insbesondere in der Stadtplanung
fließt eine Vielzahl von Entwurfskriterien
und -parameter in die Entwurfsüberlegungen
mit ein – wie etwa
das städtebauliche Umfeld, Klima-, Wind-,
Lärm- oder Belichtungsverhältnisse, soziologische
Rahmendaten etc. Auch KI-Algorithmen
basierende Software-Lösungen
wie beispielsweise Spacemaker versprechen
eine schnellere Generierung von Entwurfsalternativen,
unter Berücksichtigung
aller relevanten Einflussfaktoren. So kann
das individuelle Potenzial eines Standortes
optimal ausgereizt und die bestmögliche
Lösung gefunden werden, etwa die optimale
Bebauung eines Grundstücks unter
Beachtung baurechtlicher Vorgaben und
qualitativer Parameter, wie Besonnung,
Lärm etc. (Beispiele: www.spacemakerai.
com, www.propertymax.de)
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edv
BIM-Modellkontrolle: Während der BIM-
Planung müssen Fachmodelle überprüft
werden, ob sie mit Entwurfsvorgaben,
baurechtlichen Vorgaben oder Richtlinien
übereinstimmen. Werden sie zu einem Koordinationsmodell
zusammengeführt, müssen
sie gewerkübergreifend auf Kollisionen
überprüft werden. Das geschieht entweder
manuell oder (halb-)automatisch. Automatisierte
Modellprüfungen, die auf einer großen
Wissensdatenbank und lernfähigen Algorithmen
basieren, sind in der Lage, auch
komplexe Zusammenhänge zu überprüfen,
beschleunigen dadurch Abläufe und entlasten
Planer oder Behörden. KI unterstützt
auch digitale Bauanträge, indem diese beispielsweise
auf die Einhaltung wesentlicher
gesetzlicher Vorschriften, wie Mindestabstände
etc. überprüft werden. (Beispiele:
www.tuvsued.com, www.contilio.com)
KI fürs Bauen
Baustellenerfassung: Will man den Ist-
Stand, Abläufe oder Ausführungsqualitäten
auf der Baustelle effizient kontrollieren,
müssen Baustellendaten digital erfasst
werden – beispielsweise indem Fotos oder
Videos von Baustellen-Kameras, Mobilge-
Die auf KI-gestützte generative Gestaltung kann Entwurfsalternativen generieren
und diese auch bewerten. © Autodesk
räten, 3D-Scannern, Drohnen, Robotern
oder Helmkameras über KI-Algorithmen
interpretiert und analysiert werden. Dabei
werden Bauobjekte und deren Eigenschaften
automatisiert erkannt und die
Ergebnisse mit dem BIM-Ausführungsmodell
abgeglichen. So entsteht ein digitales
Abbild des aktuellen Bauzustands, das die
Abrechnung vereinfacht oder den Baufortschritt,
potenzielle Planungsabweichungen,
Fehler oder Schäden dokumentiert.
Mit den dabei gewonnenen Informationen
lassen sich auch künftige Bauprojekte
optimieren. (Beispiele: www.buildots.com,
www.eskimo-projekt.de, www.tuvsued.com,
www.contilio.com)
das Organisations- und Führungstool
der Architekten und Ingenieure
untermStrich® X3 – wir.wissen.warum.
„Die unternehmerische Komponente hat man als Architekt nicht von Beginn an.
Das ist auch nicht so schlimm, solange man nur rechtzeitig erkennt, das einem hier die
Fähigkeiten fehlen und man sich Hilfe holt. untermStrich bietet genau das.“
Zitat von Arch. Dipl.-Ing. Christian Story
untermStrich® software GmbH,
Mittergasse 11 - 15, A-8600 Bruck/Mur
Unter den Linden 10, D-10117 Berlin
Königsallee 27, D-40212 Düsseldorf
Riegler Riewe
Architekten ZT Ges.m.b.H
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untermstrich.com
architektur FACHMAGAZIN
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Bauablaufsimulation: Simulationen der
Bau- und Montageablaufplanung können
– unter Berücksichtigung von Erfahrungen
aus vorangegangenen Projekten, Mängelund
Bautagesberichten oder Logistikdaten
– dabei helfen, Bau- und Montageprozesse
zu optimieren. KI-gestützte Risikovorhersagen
ermöglichen darüber hinaus reibungslosere
Baustellenabläufe. Diese bedienen
sich smarter Techniken zur Datenanalyse,
der datenbasierenden Ergebnisvorhersage
oder maschinellen Lernsystemen. Dabei
werden aktuelle und historische Fakten
analysiert, um Vorhersagen über zukünftige
Ereignisse treffen zu können. Wird die
zunehmende Anzahl digital geplanter und
kontrollierter Bauprojekte miteinander vernetzt,
lässt sich die Verlässlichkeit von Risikovorhersagen
steigern (Beispiele: www.
autodesk.com/bim-360, https://pasc.ai).
Baurobotik: Ob bei der Produktion von Baustoffen,
der Bewehrung von Betonbauteilen,
der Montage von Schalelementen, Holzständer-
oder Fachwerkkonstruktionen –
Roboter sind in der Bauindustrie längst im
Einsatz. Auch auf die Baustelle drängen
sie inzwischen – in Form von Mauer- und
Bohrrobotern oder 3D-Druckern, die auf
der Grundlage von 3D-CAD- oder BIM-Daten
Arbeiten ausführen, entweder autonom
oder per Fernbedienung unterstützt.
Bohrroboter beispielsweise orientieren sich
selbständig im Raum und bohren Löcher
für Montage- und Installationsarbeiten,
was körperlich schwere Überkopf-Arbeiten
erübrigt. Um noch komplexere Tätigkeiten
autark ausführen und unvorhergesehene
Situationen auf der Baustelle meistern zu
können, müssen Roboter lernfähig sein und
über viele Sensoren verfügen, deren Daten
vernetzt und KI-gestützt in Echtzeit ausgewertet
werden. (Beispiele: www.baubot.
com, www.bostondynamics.com, www.hilti.
de, www.peri.de, www.trimble.com)
Bauprozessoptimierung: Planungs- und
Bauprozesse hinken technologisch industriellen
Prozessen hinterher. Das Planen
und Bauen mithilfe aktueller Technologien
wie BIM, IoT, KI oder Big Data moderner
und wettbewerbsfähiger zu machen, haben
sich mehrere Forschungsprojekte zum Ziel
gesetzt. Smart Design and Construction
(SDaC) zum Beispiel soll die Grundlage für
die Transformation der Bauindustrie schaffen,
die ein transparenteres, proaktiveres
und kooperativeres Bauen ermöglicht.
Dazu werden Metadaten aus Bauprojekten
unternehmensübergreifend verknüpft und
miteinander verglichen, was verlässliche
Prognosen ermöglichen soll. Auch das Projekt
ESKIMO soll die Überwachung der Bauausführung
mit einer intelligenten Interpretation
der Ist-Situation auf der Baustelle
optimieren. Dabei werden Fotos mobiler
Kameras analysiert und für das Baumanagement
genutzt. (Beispiele: www.sdac.
tech, www.eskimo-projekt.de)
KI fürs Nutzen
Smart Home: KI macht das smarte Heim
noch smarter: Neben der Kommunikation
per Spracheingabe kann das KI-gestützte
Smart Home über Machine-Learning-Algorithmen
aus den Gewohnheiten der Bewohner
Rückschlüsse ziehen und dadurch
Auch komplexe Entwurfsvorgaben, etwa in der Stadtplanung, können
berücksichtigt und Lösungen selbständig entwickelt werden.
© Spacemaker, Autodesk
KI und Big Data können auch die Projekt- und Qualitätskontrolle oder
das Projektmanagement effizient unterstützen. © Autodesk
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Bauroboter können beispielsweise Überkopfarbeiten weitgehend
autark ausführen. © Hilti
KI-basierende Video-Branddetektionssysteme melden Flammen oder
Rauch schnell und zuverlässig und verbessern die Gebäudesicherheit.
© Bosch
den Wohnkomfort erhöhen oder den Energieverbrauch
optimieren. Für mehr Sicherheit
sorgt die maschinelle Gebäudeüberwachung.
Werden Video- oder Infrarotkameras
miteinander vernetzt und über KI-gestützte
Systeme ausgewertet, lassen sich Zutrittskontrollen,
der Brandschutz oder die
Gebäudeüberwachung verbessern. Mit KI
gestützten Sprachassistenten wie Amazon
Echo, Apple Siri oder Google Assistant können
vom Fernseher über die Lichtsteuerung
bis zur Heizung alle technischen Systeme
im Haus gesteuert werden. (www.amazon.
com, www.apple.com, www.google.com)
Vorausschauende Wartung: Im Gegensatz
zur herkömmlichen reaktiven Wartung,
die erst nach Störungen eingreift, bietet
die vorausschauende Wartung (Predictive
Maintenance) gebäudetechnischer Komponenten
Vorteile: Ungeplante Ausfälle
technischer Bauteile werden vermieden,
Servicetermine und die Anlagen-Wirtschaftlichkeit
werden optimiert, Wartungstermine
und die Ersatzteil-Vorhaltung sind
besser planbar. Dazu erfassen IoT-Bauteilsensoren
(Internet der Dinge) Betriebs- und
Zustandsdaten, die zentral mit Hilfe intelligenter
Algorithmen ausgewertet werden.
Anhand der Nutzungsmuster und anderer
Parameter lässt sich automatisch der optimale
Zeitpunkt für Wartungsmaßnahmen
ableiten. (Beispiele: www.techem.com, www.
tuvsud.com)
Gebäudeüberwachung: Die maschinelle
Bildauswertung erweitert die Möglichkeiten
visueller Überwachung. Werden mehrere
Video- oder Infrarotkameras miteinander
vernetzt und über KI-gestützte Systeme
ausgewertet, ist eine effiziente Rund-umdie-Uhr-Überwachung
von Gebäuden, Anlagen
oder Baustellen möglich. Als Basis dienen
Daten aus Überwachungskameras und
ein IP-basiertes Videomanagement-System,
das auch sehr viele und hochauflösende
Videodaten in digital verwertbare Informationen
umwandelt und eine maschinelle
Auswertung ermöglicht. Über eine Gesichtserkennung
können Zugänge kontrolliert und
die Sicherheit verbessert werden. Visuelle
Kameras und Infrarotkameras ermöglichen
einen wirksamen Brandschutz. (Beispiele:
www.boschbuildingsolutions.com)
Chancen und Risiken
KI & Co. ist längst Teil des Planens, Bauens
und Nutzens – oder wird es gerade. Die Einsatzmöglichkeiten
sind vielfältig und in ihren
Potenzialen noch kaum zu überblicken.
Viele KI-Systeme setzen als Datenbasis
allerdings große Datenmengen (Big Data)
voraus, anhand derer sie ihre Algorithmen,
etwa zur Mustererkennung, trainieren und
optimieren können. Das können Planungsund
Ausschreibungsdaten, Stücklisten, Aufmaßdaten,
Baustellendaten, Fotos, Mängellisten
oder Sensordaten sein. Werden diese
Daten kombiniert und ausgewertet, können
sie neben der Planung und Bauausführung
auch den Gebäudebetrieb optimieren. Je
größer die Datenbasis ist, umso zuverlässiger
arbeiten KI-Systeme. Welche Quantität
und Qualität diese Daten haben, wie diese
verknüpft und welche Bewertungs- und
Entscheidungskriterien herangezogen werden
– etwa bei der maschinellen Bewertung
und Auswahl von Entwurfsvarianten – ist
aber meist nicht nachvollziebar. Kritiker
warnen deshalb vor blindem Vertrauen in
KI, Big Data und den häufig intransparenten
Prozessen, die dahinterstecken.
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Archicad Webinare
Der BIM-Planungssoftware-Hersteller GRAPHISOFT vermittelt in seinen hochinformativen
Archicad-Webinaren „Mengen und Kosten“ sowie „Architektur und
Haustechnik“ umfassendes Fachwissen leicht und verständlich.
In aktuell vierzehn Webinaren zum Thema
„Mengen und Kosten“ werden die wichtigsten
Fragen im Bereich Ausschreibung, Vergabe
und Abrechnung bei der Zusammenarbeit
mit Archicad beleuchtet. Vor dem
Hintergrund, dass viele Architekturbüros im
Rahmen der BIM-Planung umfassend und
detailliert im Projekt Massen und Mengen
selbst ermitteln, zeigen die Webinare optimale
Prozess-Schritte und geben wertvolle
Tipps für eine verlässliche wie exakte Kostenschätzung
oder Kostenermittlung. Anhand
eines BIM-Beispielprojekts werden die
Schnittstellen zwischen den Softwarelösungen
erläutert und potenzielle Fehlerpunkte
angesprochen. Da Archicad 25 dank eines
neuen Features ermöglicht, Einzelschichten
aus den Bauteilen korrekt auszulesen, wird
die Massen- und Mengenermittlung damit
noch exakter. Für die mehrschichtigen Bauteile
Wände, Decken und Dächer berechnet
die Software jede Schicht im Bauteil separat
und mit drei Werten: Brutto, Netto sowie
Konditional. So lassen sich für jede Schicht
die benötigten Werte in den verschiedenen
Leistungsphasen normgerecht nach der
VOB (Deutschland) bzw. nach Werkvertragsnorm
(Österreich) ermitteln.
In vier weiteren Webinaren steht die integrale
Zusammenarbeit von Architektur- und
Haustechnikplanung im Fokus. Die frühe
Abstimmung der zwei Planungsdisziplinen
am Gebäudemodell ist enorm wichtig. Wie
der ideale Workflow zwischen der Architekturplanung
und Hautechnikplanung aussieht,
zeigen die Webinare eindrucksvoll.
Die Webinare stehen unter folgendem Link
kostenlos zum Anschauen zur Verfügung:
https://openbim.graphisoft.de/bim-webinare
GRAPHISOFT Deutschland GmbH
Vertrieb Österreich
mail@graphisoft.at
www.archicad.at
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