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Bälle, Tore und Finanzen IV - Fussball Oekonomie Aktuell

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Die „Competitive Balance“ in den europäischen Top-Ligen<br />

Definition <strong>und</strong> Bedeutung von „Competitive<br />

Balance“<br />

Unter „Competitive Balance“ wird im<br />

Fußball die Ausgeglichenheit des sportlichen<br />

Wettbewerbs innerhalb einer Liga<br />

(intradivisional) oder zwischen verschiedenen<br />

Ligen einer Sportart (interdivisional)<br />

verstanden. Bei längerfristiger Betrachtung<br />

beinhaltet die Competitive Balance<br />

zwei Komponenten. Die sogenannte<br />

Saison-Komponente bezieht sich auf die<br />

Wettbewerbssituation innerhalb einer Saison.<br />

Hier geht es um die Frage, wie groß<br />

die Leistungsunterschiede zwischen den<br />

Teams innerhalb einer Spielzeit sind. Dabei<br />

ist es für den Betrachter ohne Zweifel<br />

umso spannender, je geringer die Leistungsunterschiede<br />

der Teams sind. Bei der<br />

Team-Komponente geht es um die Leistungsentwicklung<br />

einzelner Teams über<br />

mehrere Spielzeiten. Hier stellt sich die<br />

Frage, ob die Teams ihre Leistungen jede<br />

Saison reproduzieren können bzw. konstant<br />

sind. Für den Zuschauer abwechslungsreicher<br />

ist natürlich weniger Konstanz,<br />

wenn also immer wieder andere<br />

Klubs das Rennen um die Meisterschaft<br />

oder gegen den Abstieg bestreiten.<br />

Die Competitive Balance wird für Sportligen<br />

häufig als unabdingbarer Erfolgsfaktor<br />

gesehen. Das zentrale Argument,<br />

das diese Ansicht stützt, geht aus empirischen<br />

Studien hervor. Sie belegen, dass<br />

die Competitive Balance bzw. die daraus<br />

abgeleitete Ergebnisoffenheit vor einer<br />

Partie einen positiven Einfluss auf die Anzahl<br />

der Zuschauer im Stadion <strong>und</strong> vor<br />

dem Fernseher hat. Diese Erkenntnis bringt<br />

der ehemalige portugiesische Sportminister<br />

José Luís Arnaut in seinem 2006 erschienenen<br />

<strong>und</strong> vielfach zitierten Report<br />

über den europäischen Sport auf den<br />

Punkt:<br />

„An ‚unbalanced’ league<br />

will not maximise the<br />

number of its spectators/<br />

viewers.”<br />

(José Luís Arnaut)<br />

Weitere wissenschaftliche Studien zeigen<br />

zudem drei Risiken im Zusammenhang<br />

mit unausgeglichenen („unbalanced“) Ligen<br />

auf:<br />

(1) Insolvenzgefahr der schwächeren<br />

Klubs,<br />

(2) Gefahr der Abspaltung der Top-Klubs<br />

<strong>und</strong> Reorganisation in einer Konkurrenzliga,<br />

(3) fortwährendes, verstärktes Auseinanderdriften<br />

der finanziellen Situation<br />

einzelner Klubs <strong>und</strong> die Tendenz zur<br />

Überinvestition in Spielerkader.<br />

Die Competitive Balance stellt also im<br />

Fußball ein bedeutendes Element dar, das<br />

zu Recht im Fokus der Öffentlichkeit<br />

steht. <strong>Aktuell</strong>e Berichte <strong>und</strong> Diskussionsbeiträge<br />

zum Thema von José Luís Arnaut<br />

<strong>und</strong> Ivo Belet sowie das kürzlich erschienene<br />

„White Paper on Sport“ der EU-<br />

Kommission unter Führung von Kultur<strong>und</strong><br />

Sport-Kommissar Jan Figuel verdeutlichen<br />

die Brisanz des Themas.<br />

Einflussfaktoren auf die Competitive<br />

Balance<br />

Die Competitive Balance hängt vorrangig<br />

von der Verteilung der Spielerqualitäten<br />

<strong>und</strong> folglich von den finanziellen Möglichkeiten<br />

der einzelnen Klubs ab. Dass sich<br />

also ein zahlungskräftiger Klub – effektives<br />

<strong>und</strong> effizientes Handeln vorausgesetzt<br />

– durch Spielerkauf sportliche Vorteile<br />

gegenüber finanziell schwächeren Klubs<br />

verschaffen kann, dürfte unbestritten sein.<br />

Somit ist klar, dass die Einnahmesituation<br />

der Klubs einer der zentralen Einflussfaktoren<br />

auf die Competitive Balance ist. Ein<br />

weiterer Aspekt ist die unterschiedlich<br />

ausgeprägte Neigung, Investitionen in den<br />

Spielerkader über Kredite zu finanzieren.<br />

Neben diesen direkten Einflüssen können<br />

auch Faktoren, die die Competitive Balance<br />

indirekt beeinflussen, ausgemacht<br />

werden. Einer davon ist die unterschiedliche<br />

Förderung der Infrastruktur vonseiten<br />

der öffentlichen Hand (Länder <strong>und</strong> Kommunen).<br />

So werden einige Stadien öffentlich<br />

gefördert <strong>und</strong> den Klubs gegen relativ<br />

geringe Pacht zur Verfügung gestellt,<br />

während andere Klubs Betrieb <strong>und</strong> Finanzierung<br />

ihrer Spielstätte nahezu komplett<br />

selbst stemmen müssen. Letztere können<br />

entsprechend weniger finanzielle Mittel<br />

für den Spielerkader aufbringen. Dieser<br />

Umstand wird im Rahmen der Studie<br />

nicht weiter verfolgt, soll an dieser Stelle<br />

aber dennoch erwähnt werden.<br />

ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />

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