Bälle, Tore und Finanzen IV - Fussball Oekonomie Aktuell
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Investoren werden mehr denn je die Renditemöglichkeiten<br />
einer Zusatzinvestition<br />
in ihren Stadionprojekten <strong>und</strong> Betreiberkonzepten<br />
bewerten. Wenn sie dennoch<br />
eine Multifunktionalität fordern, dann<br />
wird diese mehr <strong>und</strong> mehr mit der ausgereiften<br />
Flexibilität eines „Ein-Sportarten-<br />
Stadions“ einhergehen. Diese ließe sich<br />
bereits mithilfe standardisierter, modularer<br />
Bauten bis hin zu einer anpassungsfähigeren<br />
Gebäudetechnik erzielen. Die<br />
Innenraumüberdachung eines Stadions<br />
oder der Einbau einer Rasenschublade<br />
werden wohl Ausnahmen bleiben.<br />
4.2 Architektur<br />
Ziel eines Architekten wird weiterhin die<br />
Planung einer identitätsstiftenden Fußballinfrastruktur<br />
sein. Allerdings werden<br />
bauwerksbedingte Mehrkosten (zum Beispiel<br />
für die illuminierte Verkleidung oder<br />
die großzügig gestalteten Geschossflächen<br />
der Münchener Allianz-Arena) vom<br />
Nutzer nicht immer finanzierbar oder gewollt<br />
sein.<br />
Für den Architekten eines „Durchschnittsstadions“<br />
bleibt es eine der größten Herausforderungen,<br />
Raum-, Flächen- <strong>und</strong><br />
Funktionsprogramme (in Bezug auf Bruttogeschossflächen,<br />
deren Aufteilung <strong>und</strong><br />
die Gebäudetechnik) so umzusetzen, dass<br />
die Ausführungs- <strong>und</strong> Betriebskosten<br />
möglichst gering ausfallen. Die bauliche<br />
Aufteilung des Stadions in eindeutige Gebäudeabschnitte<br />
wird helfen, diese separiert<br />
ansteuern, nutzen <strong>und</strong> letztlich abrechnen<br />
zu können. Der damit einhergehende<br />
ökologische Nutzen hat aufgr<strong>und</strong><br />
der steigenden Energiekosten zudem eine<br />
wirtschaftlich positive Seite.<br />
VISION STADIONBAU<br />
Das Ziel wird also im Regelfall ein kompakter<br />
<strong>und</strong> intelligenter Entwurf sein.<br />
Denn nur in den seltensten Fällen muss<br />
der Bauherr oder Investor Anforderungen<br />
eines FC Bayern oder FC Barcelona erfüllen.<br />
Neben aufwendigen Fassadenlösungen<br />
oder überdurchschnittlichen Raum<strong>und</strong><br />
Funktionsangeboten ist – wie bereits<br />
erwähnt – das Dach ein wichtiger Kostenfaktor.<br />
Die Wahl wird hier auch künftig<br />
zwischen einfacher Funktionalität (Überdachung)<br />
<strong>und</strong> der Option „Landmark“<br />
(wie z. B. beim Stuttgarter Gottlieb-<br />
Daimler-Stadion) getroffen. Es wäre wünschenswert,<br />
wenn diese Entscheidungen<br />
auch in Zukunft möglichst divers ausfallen,<br />
sodass das Stadion in seiner architektonischen<br />
Einzigartigkeit weiterhin als<br />
städtebaulicher Fingerabdruck wahrgenommen<br />
werden kann.<br />
Die Verantwortung der Architekten, auf<br />
kostengünstige Alternativen <strong>und</strong> bewährte<br />
Konstruktionen zurückzugreifen <strong>und</strong> den<br />
Anteil kostengünstiger Fertigteile am Gesamtbau<br />
stetig zu erhöhen, wird steigen.<br />
Die sorgfältige Bestimmung der Ausbaustandards<br />
<strong>und</strong> eine markante <strong>und</strong> dennoch<br />
einfache Dachkonstruktion r<strong>und</strong>en<br />
die zukünftige Leistung eines Stadionbauspezialisten<br />
ab.<br />
Im Bereich der Technik werden aus Kostengründen<br />
ebenfalls Beschränkungen zu<br />
verzeichnen sein: Nicht alles, was möglich<br />
ist, muss auch eingebaut werden.<br />
4.3 Technische Gebäudeausstattung<br />
Beim Bau der meisten WM-Stadien<br />
wurde in erster Linie auf die Höhe der<br />
Erstinvestition geachtet. Folgeinvestitionen<br />
<strong>und</strong> Betriebskosten gerieten häufig<br />
erst mit dem Einsetzen des Betriebs in den<br />
Fokus der Aufmerksamkeit.<br />
Einer der entscheidenden Kostenfaktoren<br />
für den Stadionbetrieb sind Grad <strong>und</strong><br />
Tiefe der angewandten Gebäudetechnik.<br />
Zudem verursachen die gewählten Qualitäten<br />
<strong>und</strong> Quantitäten mehr oder weniger<br />
hohe Folgekosten. So können Beschallungsanlagen,<br />
vernetzte Kassen- <strong>und</strong> Zugangssysteme,<br />
Videotafeln etc. anfangs<br />
als optimale Lösungen (Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis) erscheinen, in wenigen Jahren<br />
aber schon nicht mehr up to date oder in<br />
ihrer Zahl ausreichend sein. Zudem führen<br />
vermeintlich günstige Ausschreibungs-<br />
<strong>und</strong> Ausführungsmodelle in Teilen<br />
zu unnötig hohen Betriebskosten oder<br />
kostspieligen Anpassungsmaßnahmen<br />
nach wenigen Jahren.<br />
An einem langfristig rentablen Betrieb<br />
interessierte Bauherren sollten bereits in<br />
der Planungsphase des Stadionbaus auf<br />
die Einbeziehung versierter Betreiber<br />
oder Berater achten. Erlaubt die Gebäudeleittechnik<br />
die Einteilung des Stadions in<br />
Segmente <strong>und</strong> eine separate Ansteuerung,<br />
könnten zukünftige Stadionbauten – über<br />
ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet –<br />
kostengünstiger ausfallen.<br />
Noch vor wenigen Jahren wurde auf diversen<br />
Fachkongressen davon geschwärmt,<br />
wie das Stadion der Zukunft<br />
aussehen werde: Jeder Zuschauer solle<br />
schon bald einen Mini-Fernseher an seinem<br />
Platz vorfinden <strong>und</strong> per Knopfdruck<br />
Getränke ordern können. Dieses Szenario<br />
wurde in Anbetracht der heute möglichen<br />
<strong>und</strong> finanzierbaren Technik allerdings<br />
wieder ad acta gelegt.<br />
ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN <strong>IV</strong><br />
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