Bälle, Tore und Finanzen IV - Fussball Oekonomie Aktuell

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Fazit Für die europäischen Top-5-Ligen ist die Competitive Balance für die Zeiträume der letzten 25 und 14 Jahre untersucht worden. Für beide Zeiträume kristallisiert sich heraus, dass die französische Ligue 1 und die deutsche Bundesliga die ausgeglichensten Ligen sind. Bei der Team- Komponente der letzten 14 Jahre weist Deutschland sogar den besten Wert auf, was darauf hindeutet, dass der Kampf um die vorderen Plätze in der Bundesliga am abwechslungsreichsten ist. In England und Italien sind die Ligen hingegen am einseitigsten. Vor allem seit der Jahrtausendwende erzielten die Top-5- Klubs in den dortigen Ligen einen enormen Vorsprung vor der restlichen Liga. Ob dies der Grund für die sinkenden Zuschauerzahlen in den Stadien der Serie A und der Premier League ist, lässt sich nur schwer beurteilen. So sorgten in Italien die Gewalt in einigen Stadien und die veraltete Infrastruktur ebenfalls für ein Fernbleiben von Besuchern, während in England der hohe Eintrittspreis den ein oder anderen Fan abgeschreckt haben dürfte. Es liegt die Vermutung nahe, dass ein Grund für das gute Abschneiden der französischen und der deutschen Liga die relativ gleichmäßige Verteilung der Medieneinnahmen der nationalen Liga im Zuge der zentralen Vermarktung ist. Das schlechte Abschneiden der englischen Premier League passt jedoch weniger in diese Argumentation. Allerdings haben dort in letzter Zeit die hohen Mittelzu- 32 ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN IV MESSUNG DER COMPETITIVE BALANCE flüsse von Investoren (Abramowitsch u. a.) den Wettbewerb entscheidend beeinflusst. Um die Effekte der jeweiligen Vermarktungsstrategie der Ligen noch weiter zu beleuchten (zentral vs. dezentral), sind weitere detaillierte Untersuchungen erforderlich. Bei der Untersuchung über 25 Jahre fällt des Weiteren auf, dass nahezu alle Spannungskurven (außer der französischen) nach der Jahrtausendwende nach unten zeigen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Champions League reformiert, was einen Anstieg auf 32 Teilnehmer und wesentlich höhere Ausschüttungen an die Teilnehmer zur Folge hatte. Die detaillierten Untersuchungen des jeweiligen Zeitraums vor und nach der Reform erhärten den Verdacht, dass diese mitverantwortlich für das Absinken der Spannungskurven ist. Seitdem erzielen die vordersten fünf Teams in jeder Liga einen größeren Vorsprung vor den restlichen Klubs als vorher. Den Schluss, dass der neue Modus der Champions League allein für die Spannungsabnahme der Ligen verantwortlich ist, lässt die Untersuchung indes nicht zu. Zu vielschichtig sind weitere Ereignisse der letzten Jahre, wie beispielsweise das starke Ansteigen der Medieneinnahmen sämtlicher nationaler Ligen, der Manipulationsskandal in Italien, der Einstieg von Investoren vor allem bei englischen Klubs oder die Umstellung auf dezentrale Vermarktung der Medienrechte in Italien und Spanien. Diese Ereignisse haben ebenfalls die dargestellten Ergebnisse beeinflusst. Die UEFA hat bereits angekündigt, die Champions League und insbesondere die Verteilung der Prämien grundlegend zu reformieren. Dies erscheint in der Tat ratsam, um ein weiteres Absinken der Spannungskurven in den Ligen zu verhindern. In Italien und Spanien wird über eine Rückkehr zu zentraler Vermarktungsstruktur diskutiert, was der Competitive Balance innerhalb der Ligen ebenfalls nicht schaden dürfte. Die Einführung von Salary Caps ist wohl hingegen weniger geeignet. Die Competitive Balance kann – neben den dargestellten Methoden – u. a. auch durch den sogenannten „Herfindahl- Hirschman-Index“ und den „Gini-Koeffizienten“ berechnet oder mithilfe der „Lorenz Seasonal Balance Curve“ dargestellt werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Methoden zu anderen Ergebnissen und Schlussfolgerungen führen als die hier dargestellten. Ausgewählte Literatur und Quellen Arnaut, J. L. (2006). Independent European Sport Review 2006. Buzzacchi, L., Szymanski, S. & Valletti, T. M. (2001). Static versus Dynamic Competitive Balance: Do Teams Win More in Europe or in the USA? Feddersen, A. & Maennig, W. (2005). Trends in Competitive Balance: Is there Evidence for Growing Imbalance in Professional Sports Leagues? Humphreys, B. R. (2002). Alternative Measures of Competitive Balance in Sports Leagues. Michie, J., Oughton, C. (2004). Competitive Balance in Football: Trends and Effects.
In unserer Analyse der Competitive Balance schneiden insbesondere die Ligen in Italien und England schlecht ab. Dass das Interesse von Fans an den Fußballligen jedoch von einer Vielzahl von Faktoren abhängt und sehr facettenreich ist, wollen wir mit folgendem Gastkommentar darstellen. Gastkommentar Stephan Schröder, Mitglied der Geschäftsleitung SPORT+MARKT Premier League in Europa das Maß aller nationalen Fußballligen Cristiano Ronaldo, Drogba, Ballack, Lampard, Gerrard und Co., ManU, Chelsea, Liverpool, Arsenal und all die anderen Traditionsklubs der ehrwürdigen Premier League – sie alle, die Stars und vor allem die Top-Klubs, stehen für den großen Reiz, den die britische Premier League für viele Fußballfans in Europa ausübt. Der ultimative Glamourfaktor schlug zwar in den letzten Jahren eher zugunsten der galaktischen Stars in der spanischen Primera División mit den populärsten europäischen Klubs FC Barcelona und Real Madrid aus. Im Vergleich der Potenziale beider Top- Ligen nimmt aber schon seit 2000 die Premier League den Spitzenplatz ein. Insgesamt 51,5 Mio. Fußballanhänger in den fünf europäischen Kernfußballmärkten äußerten zum Ende der letzten Saison (Mai 2007) ihr sehr starkes oder starkes Interesse für die Premier League. Die Vergleichswerte der folgenden Ligen, Primera División und Serie A, fielen mit 44,3 Mio. und 41,9 Mio. Interessenten zwar etwas niedriger aus, zeugen aber dennoch von der Strahlkraft der besagten Fußballligen. Interessanterweise kamen bei der englischen Premier League rund 60 % des Anhängerpotenzials nicht aus dem Vereinigten Königreich, für die Primera División lag der Vergleichswert sogar bei 62 %, bei der italienischen Serie A bei ca. 48 %. Natürlich muss bei dieser Be- Europäische Wettbewerbe fördern das Interesse für ausländische Ligen 60 50 40 30 20 10 0 51,5 Premier League trachtung der Umstand berücksichtigt werden, dass die Anzahl der Fußballinteressierten besonders in England und in Spanien generell niedriger ist als in den anderen untersuchten Fußballmärkten. Nichtsdestotrotz bleiben die hohen Prozentwerte der Premier League und der Primera División für ihre Anhängerschaften aus dem Ausland relevant. Doch bedeuten diese Potenziale der Ligen keineswegs international homogene Anhängergruppen, die mit Berichten Premier League am beliebtesten 44,3 Primera Division „Sehr interessiert“ und „Interessiert“ an Fußballligen in Mio. Grundgesamtheit 119,35 Mio. fußballinteressierte Personen in den fünf Ländern zwischen 15 und 69 Jahren Basis: ca. 3.000 Interviews Quelle: SPORT + MARKT „Football-Monitor Europe Mai 2007“ 41,9 39,5 20,3 Serie A Bundesliga Ligue 1 Grafik 20 zum Liga-Alltag in TV und Internet über die Grenzen hinweg regelmäßig „erobert“ werden können. Die Entwicklung dieser großen Interessengruppen ergibt sich vielmehr aus den Ereignissen in der UEFA Champions League und mit Abstrichen im UEFA-Pokal. Infolge der Kontakte mit den dort agierenden Klubs und den vielen Stars, die in den europäischen Wettbewerben regelmäßig auf sich aufmerksam machen, verfestigen sich bei den Fußballinteressierten die Images der einzelnen Ligen. Über ERNST & YOUNG – BÄLLE, TORE UND FINANZEN IV 33
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