02.05.2022 Aufrufe

HIM Magazine No.5

Sommer, Sonne, alles gut? Nicht unbedingt, blickt man sich in der Welt und auch in der LGBTQ-Community um. Krieg, Ängste, Pandemien und Streitigkeiten gerade auch innerhalb unserer Community. Die Homophobie, derer wir in diesem Monat wieder gedenken, finden wir nicht nur vor unseren eigenen Türen, sondern längst auch in unserem bunten Haus selbst. Erste Stimmen werden wieder laut, man möge die Community aufteilen, zu unterschiedlich seien einfach die Interessen, die Gemengelage. Stimmt das? Oder brauchen wir neue Superhelden wie jene, die uns Brad Welch diesen Monat dankenswerterweise präsentiert?

Sommer, Sonne, alles gut? Nicht unbedingt, blickt man sich in der Welt und auch in der LGBTQ-Community um. Krieg, Ängste, Pandemien und Streitigkeiten gerade auch innerhalb unserer Community. Die Homophobie, derer wir in diesem Monat wieder gedenken, finden wir nicht nur vor unseren eigenen Türen, sondern längst auch in unserem bunten Haus selbst. Erste Stimmen werden wieder laut, man möge die Community aufteilen, zu unterschiedlich seien einfach die Interessen, die Gemengelage. Stimmt das? Oder brauchen wir neue Superhelden wie jene, die uns Brad Welch diesen Monat dankenswerterweise präsentiert?

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de. In dieser Welt bin ich ein Boy, ein reines Lustobjekt,<br />

devot, unterwürfig und gierig. Gierig nach animalischen<br />

Lüsten, nach Schwänzen, Haaren, warmer Haut, fest<br />

zupackenden Händen und einem pochenden Puls, der<br />

vom Herz zum Hirn rast und dann in meiner Eichelspitze<br />

anbrandet. Ein Zucken meines Kolbens, während ein<br />

Daddy ihn fest umschlossen hält. Und ich mich gänzlich<br />

ihm ausliefere. Daddy, nimm´ meine Lust, meinen jugendlichen<br />

Körper und reise mit mir in eine unbekannte,<br />

unendliche Welt.<br />

Ja, die Hingabe zu Finland schafft wahrhaftig Raum in<br />

meinem Kopf, sie erlaubt mir, alles intensiver zu erleben.<br />

Ich erinnere mich an die zahlreichen Vampirfilme,<br />

in denen der, frisch zum Blutsauger verwandelte Protagonist<br />

das erste Mal diese neue Welt sieht. Alles ist<br />

stärker, alles ist farbenfroher, alles leuchtet mehr und<br />

ist verzaubert. So empfinde ich, wenn ich mir erlaube,<br />

Toms Universum zu betreten. Und noch etwas passiert<br />

in meinem Kopf, während meine Sinne sich schärfen<br />

und meine Gedanken klar und pur und rein werden: alles<br />

andere verschwindet. Alle Sorgen, alle Ängste, alle<br />

Bedenken, alle Komplexe, all der Alltagswahn und der<br />

Wahn-Sinn dieser kranken Welt. All die Kriege, all die Ungerechtigkeiten,<br />

all der Hass gegenüber schwulen und<br />

queeren Jungs wie ich einer bin, alles löst sich auf. Es<br />

mag noch irgendwo da draußen existieren, aber mit Sicherheit<br />

nicht mehr hier. Die Sorgen dieser Welt, sie dürfen<br />

andere quälen, ich nehme mir eine Auszeit.<br />

Auszeit. Aus. Zeit. Ein weiterer Aspekt. Die Zeit selbst<br />

löst sich auf. Ich kann nicht mehr sagen, wie viele Minuten,<br />

Stunden, wie viele ganze Leben an mir vorbeiwandern,<br />

während ich in Toms Welt herumwandle, während<br />

ich vor dicken prallen Schwänzen knie, sehnsüchtig zu<br />

Daddys wohlwollendem Blick nach oben wandere und<br />

meine zitternden Hände seine Schenkel nach oben gleiten.<br />

Zeit spielt keine Rolle mehr, sie ist genauso sinnlos<br />

geworden wie Zukunftspläne oder Gegenwartsängste.<br />

In mir breitet sich eine Freiheit aus, flutet meinen ganzen<br />

Körper mit Wonne, mit diesem tatsächlichen, ursprünglichen<br />

und puren Lebensruf: Carpe diem. Nutze<br />

den Tag, nutze den Augenblick. Wir haben das schon<br />

tausend Mal gesagt, in Filmen gesehen, in Songs mitgesummt<br />

und auf Geburtstagskarten geschrieben. Nur<br />

daran geglaubt haben wir nie. Und wir haben es früher<br />

auch nie verstanden.<br />

Jetzt, jetzt, jetzt kann ich es verstehen. Ich muss lächeln<br />

und sehe die beiden Kerle, die jetzt langsam durch das<br />

Dickicht auf die Lichtung kommen. Sie haben ihr Wort<br />

gehalten und sind tatsächlich gekommen. Der Eine trägt<br />

eine klassische Jeans und als er mich sieht, lässt er sofort<br />

sein Hemd fallen. Der Andere hat sich in eine komplett<br />

schwarze Montur geworfen inklusive Mütze, Sonnenbrille<br />

und Schlagstock. Ich werde alle Kolben, alle<br />

Stöcke, einfach alles lecken, was sie mir hinhalten werden.<br />

Sie dürfen mit mir machen, was immer sie wollen.<br />

Scheu blicke ich aus dem Wald zu ihnen hinüber, lächle<br />

kurz, bevor ich ins Licht trete und alles hinter mir lasse.<br />

Mein bisheriges Leben fällt von mir ab. Ich weiß nicht,<br />

ob ich es wiederfinden werde, wenn ich nach unendlich<br />

langer Zeit den Heimweg antreten werde. Vielleicht wird<br />

mein altes Ich auf ewig verschollen bleiben und aus den<br />

durchgefickten Ruinen meines Fleisches erwächst ein<br />

neues Ich. Ein stärkeres.

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