02.05.2022 Aufrufe

HIM Magazine No.5

Sommer, Sonne, alles gut? Nicht unbedingt, blickt man sich in der Welt und auch in der LGBTQ-Community um. Krieg, Ängste, Pandemien und Streitigkeiten gerade auch innerhalb unserer Community. Die Homophobie, derer wir in diesem Monat wieder gedenken, finden wir nicht nur vor unseren eigenen Türen, sondern längst auch in unserem bunten Haus selbst. Erste Stimmen werden wieder laut, man möge die Community aufteilen, zu unterschiedlich seien einfach die Interessen, die Gemengelage. Stimmt das? Oder brauchen wir neue Superhelden wie jene, die uns Brad Welch diesen Monat dankenswerterweise präsentiert?

Sommer, Sonne, alles gut? Nicht unbedingt, blickt man sich in der Welt und auch in der LGBTQ-Community um. Krieg, Ängste, Pandemien und Streitigkeiten gerade auch innerhalb unserer Community. Die Homophobie, derer wir in diesem Monat wieder gedenken, finden wir nicht nur vor unseren eigenen Türen, sondern längst auch in unserem bunten Haus selbst. Erste Stimmen werden wieder laut, man möge die Community aufteilen, zu unterschiedlich seien einfach die Interessen, die Gemengelage. Stimmt das? Oder brauchen wir neue Superhelden wie jene, die uns Brad Welch diesen Monat dankenswerterweise präsentiert?

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oder nachfragen, ob es sich bei dem Jugendlichen wirklich<br />

um eine Transsexualität handelt oder ob dieser beispielsweise<br />

eine Depression hat, mit den zugewiesenen<br />

Klischees, wie ein Mann oder eine Frau zu sein hat, nicht<br />

klarkommt oder einfach aus fünfzig anderen, medizinisch<br />

behandelbaren Gründen in die Selbstdiagnose<br />

Transsexualität geflüchtet ist.<br />

Da stellen sich also durchaus Fragen – ob berechtigt<br />

oder nicht. Aber trotzdem müsste man diese beherzt<br />

angehen und fachkundig klären. Daher will die Regierung<br />

alle Unklarheiten erst abchecken und dann das Verbot<br />

von Konversionstherapien vielleicht in einem konkret<br />

ausgearbeiteten, zweiten Schritt auch auf transsexuelle<br />

Menschen ausweiten. Soweit denken aber die rund<br />

einhundert queeren Organisationen wohl nicht, die jetzt<br />

abgesagt haben und damit die größte, jemals geplante<br />

Zusammenkunft von LGBTQ-Gruppen zerstört haben.<br />

Natürlich hätte man beispielsweise genau diese Thematik,<br />

also die Frage, wie und ob man Transsexuelle in<br />

den Schutz vor tatsächlich schädlichen Konversionstherapien<br />

hätte einbinden können, ja bestens zum Thema<br />

eines Fachgesprächs während der Konferenz machen<br />

können. Aber das wäre dann halt nicht so schön plakativ<br />

politisch korrekt gewesen. Da hätte man im schlimmsten<br />

Fall Argumente austauschen und dem Gegenüber<br />

zuhören müssen. Und wir wissen ja, jener kleine aber<br />

lautstarke Teil der politisch hochkorrekten queeren Community<br />

liebt Diskussionen nur, wenn bereits vorab klar<br />

ist, dass alle Teilnehmer die exakt gleiche Meinung haben<br />

und vor Beginn erst einmal nach dem richtigen Pronomen<br />

gefragt wird.<br />

Die kleine Geschichte ist leider nicht erfunden, sondern<br />

wahr, und hat sich so vor kurzem in Großbritannien abgespielt.<br />

Nick heißt mit Nachnamen Herbert und macht<br />

seitdem einen arg verzweifelten Eindruck, wenn er überhaupt<br />

noch vor die Kamera tritt. Und ich sitze hier und<br />

denke an all die Millionen von queeren Menschen, denen<br />

es so viel schlechter geht als uns hier in Deutschland. All<br />

jene, die in Tschetschenien gefoltert werden, in Russland<br />

halb totgeschlagen, im Nahen Osten mit Peitschenhieben<br />

gequält oder in der Ukraine gerade auf offener Straße<br />

in Brand gesetzt werden. An unsere queeren Brüder<br />

und Schwestern in Polen und Ungarn, die sich immer<br />

mehr verstecken müssen. An die Millionen queerer Amerikaner,<br />

die das hasserfüllteste und schlimmste Jahr in<br />

der Geschichte der US-LGBTQ-Community erleben. Verbote<br />

von LGBTQ an Schulen, queere Buchverbrennungen,<br />

explodierende Suizidraten unter Jugendlichen und<br />

eine ganze trans-Community als neuer Erzfeind der konservativen<br />

Hardliner. Wir müssen ihnen allen jetzt leider<br />

sagen: „Hey, Leute, tut uns echt leid, ist dumm gelaufen,<br />

also das mit dieser big conference in good old London<br />

und so. Aber die waren halt einfach nicht woke genug.<br />

Da mussten wir canceln. Also lindnern, sozusagen. Versteht<br />

ihr doch, oder Bros? Bitte schiebt jetzt keinen Film,<br />

okay? Unser Laufwerk im Kopf hat einfach Logorrhöe.<br />

Bleibt standhaft! Give us five, Bros. Eure Intelligenzallergiker<br />

aus der first world.“ Es lebt sich einfach so schön<br />

in unserer Bubble, oder? Und dann, kurz bevor ich vor<br />

Scham den Laptop schließe, jagt abermals dieser Gedanke<br />

durch meinen Kopf: Unsere queere Community<br />

hat all den Hass irgendwie tatsächlich manchmal verdient.<br />

(mm)

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