wissen Diese Frage, wie transparent die Wissenschaft sich präsentieren soll und damit sich der Kritik stellen, ist eine Grundsatzfrage. Wie stehen Sie dazu? In der Wissenschaft wird Transparenz immer wichtiger. Früher haben wir sehr oft nur die Ergebnisse publiziert, doch inzwischen wird mehr und mehr darauf geachtet, dass alle Daten, die man erhoben hat, öffentlich zugänglich sind. Dadurch können sie von anderen Forschungsgruppen reanalysiert und angezweifelt werden. Das heißt, wir müssen unsere Interpretationen zunehmend dem Zweifel anderer stellen. Es wird auch zunehmend gefragt, was wir mit den Daten machen. Wir haben einen Sonderforschungsbereich zum Palmölanbau in Indonesien. Darin geht es um Biodiversität, aber auch um sozioökonomische Aspekte – teils werden Lebensbedingungen durch den Anbau verbessert, teils aber auch nicht, eventuell werden die Böden ausgelaugt. Wie interpretiert man das für politische Handlungen? Vom Schwarz-Weiß eindeutiger Informationen sind wir inzwischen weit weg. Das soll als Kerngegenstand des Forum Wissen erhalten bleiben. Die Zentrale Kustodie, die in den letzten zehn Jahren das Forum Wissen konzipiert hat und es wissenschaftlich leiten soll, war lange Zeit unabhängig. Nun ist sie in die SUB, die Uni-Bibliothek, eingegliedert worden. Wie viel gestalterische Unabhängigkeit wird die Museumsleitung künftig noch haben? Was heißt denn unabhängig? Die Zentrale Kustodie unterstand bislang dem Präsidenten oder der Präsidentin, und ihre Aufgabe war immer ein Spagat. Zum einen war sie für die Belange der einzelnen Uni-Sammlungen zuständig, zum anderen für Aufbau und Betrieb des Forum Wissen, das auf den Sammlungen aufbaut. Durch die Eingliederung in die SUB soll die Kustodie in der Betreuung der Sammlungen unterstützt werden. Gerade im Bereich der Digitalisierung von Exponaten hat die SUB wertvolle Kompetenzen. Für den eigentlichen Betrieb und die Konzeption des Forum Wissen hat die Zentrale Kustodie aber freie Hand. Das Gesamtensemble Forum Wissen untersteht wiederum formal dem Präsidium der Universität, aber es wird von ihm losgekoppelt arbeiten. Wir werden auch einen neuen externen Beirat einrichten, der das kritisch begleiten wird. Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie für das Forum Wissen? Mein Blick geht erstmal bis Anfang 2025, wenn wir hoffentlich wie geplant das Biodiversitätsmuseum und das Thomas-Oppermann-Kulturforum eröffnen werden. Das Ziel ist, dass das Forum Wissen dann mit seinen drei Einheiten als ein Haus wahrgenommen wird. Ganz wichtig wird es sein, dass hier immer viel Leben ist – Sonderausstellungen, Vortragsreihen, Workshops, Bürger- Wissenschaftsinitiativen. Und wir müssen natürlich auch über Göttingen hinausdenken. Dazu entwickeln wir zum Beispiel Programme für Schülerinnen und Schüler. Wir werden auch Synergien mit den übrigen Sammlungen der Universität herstellen, indem wir Besucher an sie weiterleiten. Wir lassen zudem gerade eine Machbarkeitsstudie mit Blick auf Tourismus erstellen. Die Lage Göttingens in der Mitte Deutschlands ist fantastisch, und das Forum Wissen liegt direkt am Bahnhof. Können wir also zum Beispiel auch Bahnreisende ansprechen? Warum nicht für zwei Stunden Pause im Forum Wissen machen und dann weiterfahren? Allein aufgrund der Lage kann man verschiedenste Konzepte entwickeln, um unterschiedliche Publika anzusprechen. Die Leitung des Forum Wissen wird vermutlich ein Vollzeitjob werden – wie wird sich das auf Ihre wissenschaftliche Tätigkeit auswirken, und worauf freuen Sie sich dabei am meisten? Während ich meine Vorlesungen weiter bestreite, werde ich wahrscheinlich nur wenig Zeit für Forschung finden. Aber hier habe ich ja zum Glück meine Arbeitsgruppe, welche natürlich unsere Projekte weiterhin vorantreiben wird. Im Rahmen meiner neuen Aufgabe habe ich bereits viele interessante Menschen aus den verschiedensten Bereichen der Wissenschaft, der Kultur, aber auch aus anderen Bereichen der Gesellschaft kennengelernt – und darauf freue ich mich auch in der Zukunft. Vielen Dank für das Gespräch! Zur Person Der neue Leiter des Forum Wissen, Christoph Bleidorn, kam 1974 in Bad Oeynhausen zur Welt. Er studierte von 1995 bis 2001 Biologie an der Universität Bielefeld und promovierte 2004 an der Freien Universität Berlin. Über mehrere akademische Stationen hinweg habilitierte er sich 2015 an der Zoologie der Universität Leipzig. Anschließend ging Bleidorn als Gastwissenschaftler für zwei Jahre an das spanische Nationalmuseum für Naturwissenschaften in Madrid. Seinen Ruf an die Universität Göttingen auf die Professur Evolution und Biodiversität der Tiere erhielt er 2017. 2018 übernahm Bleidorn die Direktion des damaligen Zoologischen Museums der Georg-August-Universität, das zurzeit überarbeitet und voraussichtlich 2025 als Biodiversitätsmuseum wiedereröffnet wird – unter der Leitung von Bleidorns Ehefrau, der Uni-Professorin und wissenschaftlichen Kuratorin Maria Teresa Aguado Molina. Mehr zu ihr lesen Sie übrigens ab Seite 80. 66 2 |<strong>2022</strong>
Katja Keul Tanja Köster Buchen Sie gleich hier! ClusterAkademie Ihr Bildungsträger in Südniedersachsen Sichern Sie sich jetzt Ihren Seminarplatz Barteröder Straße 2 | 37127 Dransfeld | ✆ 05502/999 5470 | info@clusterakademie.de | www.clusterakademie.de Vorhang auf für ein Leben nach Ihren Wünschen. Jetzt die besten Plätze für den Ruhestand sichern. Erleben Sie Betreutes Wohnen der Extraklasse. GDA Göttingen Charlottenburger Straße 19 37085 Göttingen Ansprechpartnerin: Bettina Cor Telefon: 0551 799-2130 www.gda.de GDA5852_AZ_Goettingen_Theaters_190x117mm_RZ.indd 1 28.08.20 13:10