30.06.2022 Aufrufe

Leo Juli | August 2022

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Was würdest du dir im Umgang mit<br />

deiner Person wünschen?<br />

Die Menschen sollten achtsam sein,<br />

fragen, nichts voraussetzen und<br />

möglichst neutral sein. Generell sollte<br />

man die Bedeutung von Geschlecht<br />

reduzieren, denn das ist nur eine von<br />

vielen Eigenschaften einer Person. Ich<br />

möchte jedenfalls nicht eingeordnet<br />

werden in eine geschlechtliche Kategorie,<br />

auch wenn ich nicht non-binär beziehungsweise<br />

trans* wäre.<br />

Wie werden nicht-binäre Menschen<br />

von der Gesellschaft angenommen?<br />

Die wenigsten Leute kennen den Begriff,<br />

sie denken primär, ich sei ein „Mann in<br />

Frauenkleidern“ oder schwul. Dabei wäre<br />

ich, wenn schon binär, lesbisch. Nicht-<br />

Binärität wird selten mitgedacht.<br />

Wie steht’s in der<br />

LGBTIQ*-Community?<br />

Selbst dort erfahre ich oft wenig<br />

Interesse, dabei kämpfen wir doch alle für<br />

das Gleiche: Wir wollen ernst genommen<br />

werden, so wie wir sind. Immerhin:<br />

Immer mehr nicht-binäre Menschen<br />

werden sichtbar. Das motiviert wiederum<br />

rauszugehen und sich in Netzwerken zu<br />

organisieren.<br />

Bist du eine politische Person?<br />

Ich kann gar nicht unpolitisch sein. Das<br />

bin ich schon, wenn ich im Kleid in die<br />

Oper gehe. Ich habe über den feministischen<br />

Aktivismus zum Engagement<br />

gefunden – und übrigens auch zu mir.<br />

Vom Typ her bin ich Straßenaktivistin,<br />

will Sichtbarkeit erhöhen, Diskussion<br />

auslösen und hoffe, alle Dämme zu<br />

brechen. Ich möchte sie einreißen!<br />

„Wir wollen<br />

ernst genommen<br />

werden, so wie<br />

wir sind.“<br />

Welche politischen Forderungen<br />

verbindest du mit deinem<br />

Engagement?<br />

Das sogenannte Transsexuellengesetz<br />

muss endlich reformiert werden, besser:<br />

ersetzt. Es muss möglich sein, selbst<br />

sein Geschlecht zu bestimmen und<br />

trotzdem eine Therapie und medizinische<br />

Maßnahmen zu erhalten, wenn<br />

Szene 25<br />

eins das Gefühl hat, sie zu benötigen.<br />

Selbstbestimmung ist das Wichtigste!<br />

Und wir brauchen ein Zentrum für trans*,<br />

inter und nicht-binäre Personen – Orte,<br />

an denen eins sich für dich und deine<br />

Identität interessiert. Mir haben die<br />

QTies, eine Gruppe des Selbsthilfevereins<br />

VIVA TS, vermutlich das Leben gerettet,<br />

als ich meine größte seelische Krise<br />

hatte. Ein TINQ-Zentrum kann auch<br />

Leben retten!<br />

Du bist eine selbstbewusste Frau<br />

– kommt es dennoch vor, dass du<br />

aus deiner Identität aussteigst?<br />

Tatsächlich bei Verwandtschaftsbesuchen.<br />

Eltern und Geschwister müssen<br />

ja aushalten, was über mich geredet<br />

wird, wenn ich wieder weg bin. Wenn<br />

ich selber nicht Stellung beziehen kann,<br />

könnten falsche Klischees über mich<br />

die Runde machen. Das will ich mir und<br />

ihnen nicht zumuten. Der Preis ist allerdings<br />

hoch: Mich zu verstecken, strengt<br />

an. Es ist eine Art Selbstverletzung.<br />

Doch manchmal ist es passender, eine<br />

konforme Person zu sein, auch wenn es<br />

wehtut.<br />

*Interview: Bernd Müller<br />

Stadtsparkasse München –<br />

die Bank unserer Stadt<br />

und die Bank für alle.<br />

Offen, individuell und modern.<br />

sskm.de<br />

Weil’s um mehr als Geld geht.<br />

Wir lieben<br />

bunte Vielfalt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!