Leo Juli | August 2022
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Was würdest du dir im Umgang mit<br />
deiner Person wünschen?<br />
Die Menschen sollten achtsam sein,<br />
fragen, nichts voraussetzen und<br />
möglichst neutral sein. Generell sollte<br />
man die Bedeutung von Geschlecht<br />
reduzieren, denn das ist nur eine von<br />
vielen Eigenschaften einer Person. Ich<br />
möchte jedenfalls nicht eingeordnet<br />
werden in eine geschlechtliche Kategorie,<br />
auch wenn ich nicht non-binär beziehungsweise<br />
trans* wäre.<br />
Wie werden nicht-binäre Menschen<br />
von der Gesellschaft angenommen?<br />
Die wenigsten Leute kennen den Begriff,<br />
sie denken primär, ich sei ein „Mann in<br />
Frauenkleidern“ oder schwul. Dabei wäre<br />
ich, wenn schon binär, lesbisch. Nicht-<br />
Binärität wird selten mitgedacht.<br />
Wie steht’s in der<br />
LGBTIQ*-Community?<br />
Selbst dort erfahre ich oft wenig<br />
Interesse, dabei kämpfen wir doch alle für<br />
das Gleiche: Wir wollen ernst genommen<br />
werden, so wie wir sind. Immerhin:<br />
Immer mehr nicht-binäre Menschen<br />
werden sichtbar. Das motiviert wiederum<br />
rauszugehen und sich in Netzwerken zu<br />
organisieren.<br />
Bist du eine politische Person?<br />
Ich kann gar nicht unpolitisch sein. Das<br />
bin ich schon, wenn ich im Kleid in die<br />
Oper gehe. Ich habe über den feministischen<br />
Aktivismus zum Engagement<br />
gefunden – und übrigens auch zu mir.<br />
Vom Typ her bin ich Straßenaktivistin,<br />
will Sichtbarkeit erhöhen, Diskussion<br />
auslösen und hoffe, alle Dämme zu<br />
brechen. Ich möchte sie einreißen!<br />
„Wir wollen<br />
ernst genommen<br />
werden, so wie<br />
wir sind.“<br />
Welche politischen Forderungen<br />
verbindest du mit deinem<br />
Engagement?<br />
Das sogenannte Transsexuellengesetz<br />
muss endlich reformiert werden, besser:<br />
ersetzt. Es muss möglich sein, selbst<br />
sein Geschlecht zu bestimmen und<br />
trotzdem eine Therapie und medizinische<br />
Maßnahmen zu erhalten, wenn<br />
Szene 25<br />
eins das Gefühl hat, sie zu benötigen.<br />
Selbstbestimmung ist das Wichtigste!<br />
Und wir brauchen ein Zentrum für trans*,<br />
inter und nicht-binäre Personen – Orte,<br />
an denen eins sich für dich und deine<br />
Identität interessiert. Mir haben die<br />
QTies, eine Gruppe des Selbsthilfevereins<br />
VIVA TS, vermutlich das Leben gerettet,<br />
als ich meine größte seelische Krise<br />
hatte. Ein TINQ-Zentrum kann auch<br />
Leben retten!<br />
Du bist eine selbstbewusste Frau<br />
– kommt es dennoch vor, dass du<br />
aus deiner Identität aussteigst?<br />
Tatsächlich bei Verwandtschaftsbesuchen.<br />
Eltern und Geschwister müssen<br />
ja aushalten, was über mich geredet<br />
wird, wenn ich wieder weg bin. Wenn<br />
ich selber nicht Stellung beziehen kann,<br />
könnten falsche Klischees über mich<br />
die Runde machen. Das will ich mir und<br />
ihnen nicht zumuten. Der Preis ist allerdings<br />
hoch: Mich zu verstecken, strengt<br />
an. Es ist eine Art Selbstverletzung.<br />
Doch manchmal ist es passender, eine<br />
konforme Person zu sein, auch wenn es<br />
wehtut.<br />
*Interview: Bernd Müller<br />
Stadtsparkasse München –<br />
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