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Harmjan Dam: Evangelische Kirchengeschichtsdidaktik (Leseprobe)

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

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<strong>Kirchengeschichtsdidaktik</strong> in Schulbüchern. Forschungsmethode<br />

27<br />

In Abbildung 1, einem heuristischen Modell zur Bestimmung der Inhalte des<br />

Religionsunterrichts, ist sichtbar, dass der Zugang zur faktischen Didaktik<br />

(Ziele, Inhalte und Methoden) nicht nur bei den Konzeptionen liegt, die in der<br />

Ausbildung und der wissenschaftlichen Literatur zu finden sind, sondern in<br />

höherem Maße bei den Schulbüchern und den Materialien.<br />

Die didaktischen »Konzepte« und »Modelle« (Dimension 2 und Gegenstand a.)<br />

treten dabei etwas in den Hintergrund. Sie werden von Johannes Wischmeyer<br />

als »master narratives«, als »Geschichtsbilder« bezeichnet, die durch historische<br />

Forschung zunächst dekonstruiert werden müssen.<br />

»In der Geschichte der Religionspädagogik haben lange Zeit die vielbeschworenen<br />

›Konzeptionen‹ die Rolle dieser Meistererzählungen eingenommen. In folgerichtigem<br />

Anschluss an die dekonstruktiven Ansätze der Postmoderne sind sie inzwischen<br />

als konstruktive Setzungen erkannt worden, die sich in erster Linie fachpolitischen<br />

Interessen verdanken und damit selbst erforschungsbedürftig scheinen.« 30<br />

In der hier vorliegenden Studie wird nun die Entwicklung der <strong>Kirchengeschichtsdidaktik</strong><br />

»von unten«, von den Schulbüchern aus konstruiert. Auf diese<br />

Weise wird konstruktiv eine andere Sicht (neben anderen) auf die Geschichte<br />

des Religionsunterrichts formuliert.<br />

Bernd Schröder, der mehrfach Kategorisierungen für die Studien zur Historischen<br />

Religionspädagogik vorgelegt hat, unterscheidet »forschungsliterarische<br />

Kategorien«. Die vorliegende Studie ist dann (1) eine »medien- und methodengeschichtliche<br />

Studie«, die auf die Gewinnung von Kriterien und Leitlinien<br />

für die Gegenwart zielt, und (2) »Geschichte der religionsdidaktischen Erschließung<br />

von Themen«, weil die Entwicklung des Unterrichtsthemas »Kirchengeschichte«<br />

für die letzten 300 Jahren erschlossen wird. 31<br />

30<br />

Es geht Wischmeyer bei der historischen Religionspädagogik um die Erforschung<br />

der »Praxisgeschichte religionspädagogischer Ansätze«, die das komplizierte Wechselspiel<br />

von Theorie und Praxis zum Thema haben. Wischmeyer, Verkündigung und Forschung<br />

2 (2014), 123. In meinem Artikel aus 2006 orientierte ich mich ebenso noch<br />

stark an den »religionspädagogischen Konzepten«. Auch die »didaktischen Modelle« der<br />

allgemeinen Pädagogik waren eher theoriegeleitet und spielten vor allem in der Ausbildungspraxis<br />

eine Rolle. Sie werden heute nicht mehr als bestimmende Richtschnur für<br />

die Praxis eingestuft. Matthias Proske, Daniel Scholl: »Der wissenschaftliche Status der<br />

Allgemeinen Didaktik und der in ihrem Kontext entwickelten Didaktischen Modelle [ist]<br />

spätestens seit der zweiten empirischen Wende in den Erziehungswissenschaften, das<br />

heißt seit der Jahrtausendwende, strittig geworden.« Matthias Proske, Daniel Scholl<br />

WiReLex, Didaktische Modelle. www.bibelwissenschaften.de/stichwort/100128 (abgerufen<br />

7.1.2017). <strong>Harmjan</strong> <strong>Dam</strong>, Mit Kirchengeschichte Kompetenzen vermitteln – am<br />

Beispiel Reformation, in: JRP-22, Neukirchen 2006, 215–228.<br />

31<br />

Schröder, Historische Religionspädagogik, ThR 74 (2009), 400. Schröder kategorisiert<br />

an anderer Stelle nach »erkenntnisleitenden Interessen«. Dann gehört die vorliegende<br />

Studie zum »Rekonstruieren«, weil in Teil I die Entwicklung der Kirchenge-

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