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Harmjan Dam: Evangelische Kirchengeschichtsdidaktik (Leseprobe)

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

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4. Kirchengeschichte in Schulbüchern von<br />

1918 bis 1933<br />

4.1 Die Weimarer Republik und die Neuauflagen der Schulbücher<br />

nach 1918<br />

Der Erste Weltkrieg bildete eine Zäsur in der deutschen Geschichte. Für die Bildungspolitik<br />

und das Verhältnis zwischen Kirche und Staat war aber die Proklamation<br />

der Weimarer Republik 1919 ein noch größerer Bruch. In der Weimarer<br />

Reichsverfassung (WRV) wurde nun erklärt, dass es keine Staatskirche mehr<br />

gebe, was auch Folgen für die Konfessionalität der Schulen und die Position des<br />

Religionsunterrichts hatte. Zur Trägerschaft der Schule wurde ein Kompromiss<br />

zwischen SPD (Einheitsschule) und der katholischen Zentrumspartei (konfessionelle<br />

Schulen) gefunden: Simultanschulen sollten im Grundschulbereich die<br />

Regel sein, der Elternwille entscheidet, welche Schule besucht wird, und der<br />

Staat hat diese Schulen bereitzustellen bzw. mit zu finanzieren. 365 Die geistliche<br />

Schulaufsicht, wo noch vorhanden, wurde aber 1919 definitiv aufgehoben und<br />

der Religionsunterricht verlor etwas von seiner Selbstverständlichkeit. Auch<br />

wurde er in der Stundentafel gekürzt, um u. a. für das neue Fach »Staatskunde«<br />

Platz zu machen. Der Status des Religionsunterrichts wurde in der Weimarer<br />

Reichsverfassung – hier verkürzt – als »ordentliches Lehrfach in Übereinstimmung<br />

mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften« definiert und sei näher<br />

in der Reichsschulgesetzgebung zu regeln. WRV Art. 146 und 149 wurden<br />

1948 unverändert in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG)<br />

übernommen. Weil in der Weimarer Republik aber kein Reichsschulgesetz zustande<br />

kam und die weitere Regelung des Religionsunterrichts den Ländern<br />

überlassen blieb, entstand eine von Land zu Land unterschiedliche rechtliche<br />

Organisation. Bis heute hat dies Folgen für die starken Unterschiede in den<br />

organisatorischen und rechtlichen Bedingungen des Religionsunterrichtes. 366<br />

In der gleichen Zeit orientierte das Christentum in Europa sich internationaler<br />

und konnten die zaghaften Versuche zur ökumenischen Kooperation,<br />

die vor dem Ersten Weltkrieg angefangen hatten, festere Formen annehmen. 367<br />

Diese Entwicklungen berührten die deutschen evangelischen Kirchen aber wenig.<br />

Hier trauerte man vor allem der alten evangelischen Staatskirche und der<br />

Situation im Kaiserreich nach.<br />

365<br />

Durch die Klausel »Elternwille« blieben 80% der Schulen in konfessioneller Trägerschaft.<br />

Helmreich, Religionsunterricht a. a. O., 163–165 u. 182–188.<br />

366<br />

Rainer Lachmann, Die Weimarer Republik, in: Rainer Lachmann, Bernd Schröder,<br />

Geschichte des <strong>Evangelische</strong>n Religionsunterrichts in Deutschland, Neukirchen 2007,<br />

203–210. Schröder, 2012, a. a. O., 126–130.<br />

367<br />

Missionskonferenz Edinburgh 1910, Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen<br />

Konstanz 1914. <strong>Harmjan</strong> <strong>Dam</strong>, Der Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen<br />

1914–1948, Kampen, Niederlande 1995, Frankfurt 2001.

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