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Harmjan Dam: Evangelische Kirchengeschichtsdidaktik (Leseprobe)

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

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2. Kirchengeschichte in Schulbüchern<br />

von 1803 bis 1870<br />

2.1 Kirchengeschichte in den höheren Schulen ab 1800<br />

Im Bereich Bildung setzten sich Entwicklungen fort, die als eine weitere Folge<br />

der Aufklärung eingestuft werden können: Bildung wurde im Laufe des<br />

19. Jahrhunderts immer mehr zum Merkmal des Bürgertums in Deutschland. 80<br />

Die schulische Bildung wurde verstärkt ausgebaut, es gab ein starkes Wachstum<br />

in der Wissenschaft sowie in der kulturellen und philosophischen Entwicklung.<br />

Weil es aber noch viele unterschiedliche selbstständige Fürstentümer gab<br />

und somit in der Kulturpolitik extreme Heterogenität, lassen sich kaum allgemeine<br />

Aussagen zur Schulentwicklung für diese Zeit machen. 81 Im preußischen<br />

Königreich wurde zwar 1794 mit dem »Allgemeinen Landrecht« die Schule<br />

zur staatlichen Einrichtung und die Schulpflicht weiter gesetzlich verankert,<br />

aber es herrschte weiterhin ein verbreitetes Misstrauen gegen »Normieren und<br />

Nivellieren einer zentralistischen Bürokratie«, wodurch die Umsetzung hinter<br />

den gesetzlichen Vorhaben zurückblieb. 82 So gab es viele Schulformen, keine<br />

verbindlichen Lehrpläne, Stundenpläne oder Schulbücher. Eine Situation, die<br />

sich erst nach 1871 ändern sollte.<br />

Im Folgenden werden nun zuerst die Entwicklungen in den höheren Schulen<br />

beschrieben: in den Lehrbüchern für den Religionsunterricht, in Büchern,<br />

die anlässlich der Reformationsjubiläen (1817 und 1830) erschienen, und in<br />

spezifischen Kirchengeschichtsbüchern für diese Schulen. Danach wird die Entwicklung<br />

in den niederen Schulen (Volksschulen) bis 1871 dargelegt.<br />

In Preußen wurden die höheren Schulen und Universitäten 1794 aus der<br />

kirchlichen oder Patronatsträgerschaft genommen und neue Lehrpläne eingeführt.<br />

83 . Die neuhumanistischen Bildungsideale Alexander von Humboldts und<br />

seines Mitarbeiters Johann Wilhelm Süvern sollten durchgesetzt werden. Nun<br />

80<br />

Horst Rupp, Vom Reichsdeputationshauptschluss bis zur Reichsgründung, in: Rainer<br />

Lachmann und Bernd Schröder (Hg.), Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts<br />

in Deutschland. Neukirchen 2007, 129 u. 171.<br />

81<br />

Im Jahr 1803 wurde der Reichsdeputationshauptschluss verabschiedet, das letzte<br />

bedeutende Gesetz des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Die seit 1806 (Niederlage<br />

von Preußen) von Napoleon besetzten und somit verlorenen linksrheinischen<br />

Gebiete wurden durch rechtsrheinische geistige Gebiete (dazu säkularisiert) kompensiert.<br />

Dieser grundlegende Beschluss der Reichsdeputation spielt für die Bildungsgeschichte<br />

keine Rolle, läutete aber das Ende des Kaiserreiches ein. Nach den »Befreiungskriegen«<br />

gegen die Napoleonische Besetzung und dem Wiener Kongress (1815) bildeten<br />

die Fürstentümer den Deutschen Bund, von Österreich aus als Präsidialmacht regiert.<br />

82<br />

Volkmar Wittmütz, Die preußische Elementarschule im 19. Jahrhundert, in: Stefan<br />

Fisch e. a. (Hg.), Lernen und Lehren in Frankreich und Deutschland, Stuttgart 2007, 9.<br />

83<br />

Philipps, 1971, 126.

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