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Harmjan Dam: Evangelische Kirchengeschichtsdidaktik (Leseprobe)

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

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Kirchengeschichte in Schulbüchern von 1918 bis 1933<br />

205<br />

der Weltmission willen wenden wir uns an die evangelischen Christen im neutralen<br />

und feindlichen Ausland.« 373<br />

Diese Quellenfragmente korrespondieren mit der allgemeinen Überzeugung in<br />

den deutschen evangelischen Kirchen in dieser Zeit, einen gerechten Krieg geführt<br />

zu haben und bis in die Missionsfelder unter den Folgen des Krieges zu<br />

leiden. 374 Unter der Überschrift »Wiederaufbau« nahm Heyn u. a. die Artikel 135<br />

bis 141 der WRV vom 11. August 1919 auf:<br />

» (Art. 135) Alle Bewohner des Reichs genießen volle Glaubens- und Gewissensfreiheit.<br />

[…] (Art. 137) Es besteht keine Staatskirche. Die Freiheit der Vereinigung zu<br />

Religionsgesellschaften wird gewährleistet. […] Den Religionsgesellschaften werden<br />

die Vereinigungen gleichgesetzt, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung<br />

zur Aufgabe machen. […] (Art. 139) Der Sonntag und die staatlich anerkannten<br />

Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung<br />

gesetzlich geschützt.« 375<br />

Die zwei WRV-Artikel zu Schule und Religionsunterricht nimmt Heyn allerdings<br />

nicht auf. Auf vier weiteren Seiten wurden dafür das Preußische Staatsgesetz<br />

und die Verfassung der Ev. Kirche der altpreußischen Union (APU) abgedruckt,<br />

um die Folgen der Trennung von Kirche und Staat für die Struktur der Kirche –<br />

insbesondere die Einrichtung von Synoden – zu erläutern. Inwiefern dies im<br />

Unterricht thematisiert wurde, kann nicht aus den Schulbuchtexten abgeleitet<br />

werden, aber sie dokumentieren Heyns Versuch, den einschneidenden Bruch<br />

am Ende des Wilhelminischen Kaiserreiches zu dokumentieren.<br />

Schremmer und Oppermann. Auch das »<strong>Evangelische</strong> Religionsbuch« von<br />

Schremmer, Kesseler und Oppermann und das von Schremmer und Oppermann<br />

geschriebene »Arbeitsbuch« ( 17 1929) erschienen weiter. Die Veränderungen im<br />

Buch nach 1918 waren sehr gering. In einigen Zeilen wurden die »staatlichen<br />

Umwälzungen des Jahres 1918« erwähnt. »Die Auflösung des Staatskirchentums<br />

[drohe] das Gefüge der deutschen evangelischen Kirchen zu erschüttern«,<br />

führe aber zu einem festeren Zusammenschluss: dem Deutschen <strong>Evangelische</strong>n<br />

373<br />

Heyn, a. a. O., 4 1925, 392. Diese drei Textfragmente kommen in den heutigen aktuellen<br />

Standardwerken zu Kirche und Erstem Weltkrieg nicht vor. Gerhard Besier, Die protestantischen<br />

Kirchen Europas im Ersten Weltkrieg, Göttingen 1984. Martin Greschat,<br />

Der Erste Weltkrieg und die Christenheit, Stuttgart 2014. Martin Greschat, Das Zeitalter<br />

der Weltkriege und Revolutionen. KGTQ – Bd. V, Neukirchen 1999, 2 2018, 1–21.<br />

374<br />

In dem Lesebuch wurden somit weder der Aufruf der 93 Gelehrten »An die Kulturwelt«<br />

(4. Oktober 1914), der im Ausland sehr negativ rezipiert wurde, noch die Bemühungen<br />

der Ökumene um den Frieden, noch die Frage der Kriegsschuld erwähnt.<br />

Gerhard Besier, Krieg – Frieden – Abrüstung. Die Haltung der europäischen und amerikanischen<br />

Kirchen zur Frage der deutschen Kriegsschuld 1914–1933, Göttingen 1982.<br />

375<br />

Heyn, Lesebuch zur KG, 4 1925, 392. Sperrungen im Original.

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