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Harmjan Dam: Evangelische Kirchengeschichtsdidaktik (Leseprobe)

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist die Kirchengeschichte ein Element im evangelischen Religionsunterricht. Durch eine historische Analyse von über 350 Schulbüchern und konzeptionellen didaktischen Entwürfen wird die Entwicklung der Kirchengeschichtsdidaktik von 1770 bis 2020 dargelegt und in drei Typen zusammengefasst. Dies wirft ein neues Licht auf die Geschichte des evangelischen Religionsunterrichts. Im zweiten Teil der Studie wird die Geltung der drei Typen systematisch überprüft und eine an Kompetenzen orientierte, praxistaugliche Didaktik (Ziele und Intentionen, Inhalte, Methoden) vorgelegt.

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Kirchengeschichte in Schulbüchern vor 1803<br />

53<br />

- Christoph Cellarius. Kurtze Fragen aus der Historia Universalis von Anfang weltlicher<br />

Monarchien biß auf jetzige Zeiten gerichtet. Welche, sowohl einem Unterricht<br />

vor die Anfänger als auch insbesonderheit eine General-Repetition vor mehr Erwachsene<br />

darstellen. Jena 1709 (posthum)<br />

Wie bei Neander und Sleidanus zeigt das Buch, dass die Kirchengeschichte<br />

(über die Dogmengeschichte hinaus) in der Zeit nicht im Fach Religion, sondern<br />

im Fach Geschichte vorkam und in Schulbüchern zur »Universal-Historie«<br />

gefunden werden konnte. Neu bei Cellarius war allerdings, dass die Kirchengeschichte<br />

abgetrennt in einem extra Kapitel behandelt wurde.<br />

Viel verbreitet waren auch die Schulbücher von Johannes Buno (Universae<br />

Historiae, Augsburg 1661) 8 und von Hieronymus Freyer: Lehrbuch der allgemeinen<br />

Weltgeschichte (1724, 6 1746) und »Nähere Anleitung zur Universal Historie«<br />

(auch Studio historico genannt, aus dem Jahr 1728, 11 1771). Freyer hat, nach<br />

dem Vorbild von Cellarius, sein zweites Buch aus 1709 auf Deutsch geschrieben. 9<br />

Auch bei ihm wurden die weltliche und kirchliche Geschichte nicht gemischt,<br />

sondern (in einem Band) nacheinander dargelegt. Diese Geschichtsbücher von<br />

evangelischen Historiker-Theologen waren als »Universalgeschichte« konzipiert.<br />

Sie fingen mit der Schöpfung an und gelangten über das Alte Testament, die Geschichte<br />

der Perser, Griechen und Römer zur Geburt Christi. Danach wurde die<br />

frühe Geschichte des Christentums – in Jahrhundert-Schritten – anhand der römischen<br />

Kaiser bis Carolus Magnus und ab Otto I (962) über die Deutschen und<br />

Österreichischen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erzählt.<br />

Die Entwicklungen in Kirche und Welt wurden so bis auf die Jetztzeit entfaltet.<br />

Auch Freyer beginnt die Weltgeschichte mit der Schöpfung, erzählt dann<br />

aber nur die Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament. Die Geschichte<br />

nach Christi Tod und Auferstehung verläuft auch bei ihm an den römischen<br />

Kaisern entlang und die kirchengeschichtlichen Abschnitte enden bei Luther. 10<br />

8<br />

Jens Nagel (Hg.), Die Schulbücher von Johann Buno und Christoph Cellarius im Geschichtsunterricht<br />

der frühen Neuzeit. Quellen zur protestantischen Bildungsgeschichte,<br />

Bd. 4. Ev. Verlagsanstalt Leipzig 2014. Zu Buno: https://reader.digitale-sammlungen.<br />

de/de/fs1/object/display/bsb11096968_00005.html.<br />

9<br />

Beutel betont, dass Deutsch als Wissenschaftssprache ein typisches Merkmal des<br />

pädagogischen Charakters der Aufklärung ist. Albrecht Beutel, Kirchengeschichte im<br />

Zeitalter der Aufklärung, Göttingen 2009, 25 u. 45.<br />

10<br />

In dem Buch von Christoph Friedrich Conrad aus 1776 werden nur 88 biblische<br />

Geschichten nacherzählt bis 66 AD mit dem Ziel, sie den Schülern «mit Nutzen beizubringen«.<br />

Eine Rarität aus dieser Zeit ist das Schulbuch von Johann Christoph Schulz.<br />

Hier werden zum Alten und Neuen Testament Fragen und Antworten auf Reim gestellt.<br />

Bei der 2. Edition ist ab Seite 59 ein «kurzer Abriß der römischen Kaiser-Historie« und<br />

ein «kurzer Abriß Sächsischer Historie« zugefügt. Einige «Universalgeschichten« sind<br />

als Digitalisat abrufbar: www.gei-digital.gei.de.

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