B LÄ TT E R. - Hansischer Geschichtsverein
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XIV<br />
"Hochgeehrte Versammlung! Dass Sie Köln zum Orte Ihrer<br />
gegenwärtigen Vereinigung wählten, hat die Bürgerschaft, in deren<br />
N amen Sie zu begrüssen ich die Ehre habe, als eine nicht geringe<br />
Auszeichnung empfunden. Erläuternd glaube ich hinzusetzen zu<br />
dürfen, dass der Eifer, die Erinnerung an Gutes und Grosses zu<br />
wahren und weiter zu überliefern, zu den Eigenthümlichkeiten der<br />
hiesigen Bevölkerung gezählt werden kann. Wenn auch ein gewaltiger<br />
Zeitabschnitt zwischen der Gegenwart und den Tagen<br />
liegt, in denen Köln ein Vorort unter den Hansestädten war,<br />
wenn sogar in dieser langen Vergangenheit Köln zwei Jahrhunderte<br />
hindurch vom eigenen überseeischen Verkehre abgeschnitten gewesen<br />
ist, so hat ihr das Andenken an die Hansezeit doch um so<br />
weniger schwinden können, als diese für Köln eine Zeit der Blüthe<br />
und Wohlfahrt gewesen ist. Aber auch Ihnen, verehrte Herren,<br />
tritt in den Mauern von Köln die Vergangenheit freundlich und<br />
zu Ihren Arbeiten aufmunternd entgegen. Ohne Ruhmredigkeit<br />
wenigstens meine ich es zu sagen, dass Sie keinen schlechten Griff<br />
gethan, als Sie Köln zu Ihrem diesjährigen Wanderziele bestimmt<br />
haben. Für den Geschichtsfreund und besonders für den Forscher<br />
europäischer Kulturentwickelung bietet Köln und bietet sogar die<br />
Sohlstätte dieses Hauses die belangreichsten Gedenkzeichen. Das<br />
Rathhaus der deutschen Stadt Köln steht nicht bloss auf derselben<br />
Stelle, auf welcher die bürgerliche Verwaltung der zur Colonia<br />
Agrippinensis umgestalteten Ubierstadt ihren Sitz nahm, sondern es<br />
umfasst noch heute einen Theil des Unterbaues der römischen Curia.<br />
Die Halle aber, die sich über uns wölbt, bezeichnen unsere Geschichtsforscher<br />
als denselben Raum, in welchem vor 509 Jahren die Ratllmänner<br />
der wendischen Städte einerseits und der niederländischen<br />
Städte andererseits den engeren Bund geschlossen haben, der sich<br />
zu der grösseren hansischen Conföderation erweiterte und die Hanse<br />
eine europäische Grossmacht werden liess. Auch ein Denkmal des<br />
Niederganges ist hier geborgen. Seitdem die Spanier den flandrischen<br />
Handel zu Grunde richteten, sind die Urkunden des<br />
hansischen Kontors von Antwerpen in unserem Archiv hinterlegt.<br />
Das Archiv vermag ausserdern, und zwar nach mehr als einer<br />
Seite, für die hansische Geschichte reiche Ausbeute zu geben. Eine<br />
Probe entgegenzunehmen, hat sein gegenwärtiger Pfleger Sie eingeladen.<br />
So möge, was Köln aus ferner Vergangenheit besitzt,<br />
XV<br />
Ihnen einigermassen das ersetzen, was die grossen Häfen an der<br />
Trave, EIbe und Wes er in den Vorjahren Ihnen gezeigt haben.<br />
'Wenn gleichwohl dann noch Manches zur Ausgleichung fehlt, so<br />
will das lebende Geschlecht von Köln, welches, durch den Gang<br />
der Geschäfte in neue Bahnen geleitet, doch auch heute in rüstigem<br />
Streben und Schaffen an den Werken des Friedens, auf dem<br />
Gebiete allgemeiner Wohlfahrt und Gesittung keiner anderen Stadt<br />
in der germanischen Völkerfamilie nachstehen möchte, den Ersatz<br />
wenigstens so weit zu leisten versuchen, dass die Stunden, welche<br />
Sie bei ihm verbringen, Ihnen in guter Erinnerung bleiben. Meine<br />
Herren von der Ostsee und Westsee, aus den Niederlanden und<br />
den oberdeutschen Städten, als liebwerthe Gäste heisst Köln Sie<br />
herzlich willkommen".<br />
Diese mit einer unvergleichlichen Mischung von Würde und<br />
freundlichem Wohlwollen vorgetragenen Worte erweckten in dem<br />
geräumigen, mit Bildern, farbiger Decke und gemalten Wänden<br />
reich geschmückten Festsaale, der zu den besten derartigen<br />
Restaurationen der Neuzeit gehört, bei der stattlichen Persönlichkeit<br />
des Redners, die lebendige Erinnerung an so manche glänzende<br />
Versammlung städtischer Sendeboten während des Mittelalters.<br />
Der Vorsitzende des Vereins, Professor Mantels, musste<br />
seinem Danke einen um so wärmeren Ausdruck verleihen, als<br />
Herr Dr. Becker 1 durch ganz Deutschland als unerschütterlicher<br />
Vertreter freiheitlicher Gesinnung und eifriger Pfleger städtischer<br />
Interessen bekannt, seine einflussreichen Stellungen früher in Dortmund<br />
') und jetzt in Köln mit besonderer Vorliebe für die Erforschung<br />
städtischer Geschichte nutzbar gemacht hat,<br />
Es folgte die Berichterstattung über das verflossene Jahr, an<br />
welche die Rechnungsablage des rechnungführenden Vorstehers,<br />
des Staatsarchivar Wehrmann aus Lübeck, sich anschloss 2)<br />
Dann führte Archivar Ennen die Versammlung in die hansische<br />
Geschichte ein durch die von ihm entworfene Lebensskizze<br />
des hansischen Syndikus Heinrich Sudermann aus Köln, von 1552<br />
bis 159', dessen Bildniss im Abdruck unter die Zuhörer vertheilt<br />
war J).<br />
1) S. Jahrg. 1875 S. 234.<br />
2) S. ob. S. UI - XI.<br />
3) S. ob. S. 3-S8.<br />
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