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B LÄ TT E R. - Hansischer Geschichtsverein

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ihren Inhalt bezeichnet, verdient aus mehrfachen Gründen besondere<br />

Beachtung. Erst verhältnissmässig kurze Zeit bekan"nt, ist ihr<br />

der rechte Platz in der städtischen Rechtsgeschichte noch nicht angewiesen;<br />

und es sei deshalb gestattet, hier eingehender die Urkunde<br />

zu besprechen. Auch sie krankt leider an mehrern der<br />

Mängel, die den ältesten Braunschweiger Stadtrechtsdocumenten anhaften:<br />

sie nennt keinen Aussteller, hat keine Zeugen, kein Datum.<br />

Aber das hat sie vor dem sogenannten Ottonianum voraus, dass<br />

an ihrer Spitze eine urkundliche Eingangsformel steht, und dass sie<br />

mit einer auf den Herzog selbst zurückgehenden Gewährung, der<br />

Zollfreiheit der Bürger zu Lüneburg et alias quocurnque ad<br />

nostram jurisdicionem dedinaverint, scbliesst. Und damit steht<br />

ihr ganzer Inhalt im Einklang. Er beschränkt sich auf Rechte<br />

und Freiheiten, wie sie den ältesten von einer fürstlichen Herrschaft<br />

für ihre Stadt ausgestellten Privilegien eigen zu sein pflegen.<br />

So liegt hier ungeachtet jener Mängel kein Grund vor, den Character<br />

der Urkunde als eines herzoglichen oder herzoglich bestätigten<br />

Privilegs und die Ursprünglichkeit der Verbindung des anhangenden<br />

Siegels Otto I. mit del1l Texte zu bezweifeln. Ueber die Zeit<br />

und den Urheber der Gründung des Weichbildes der Stadt Braunschweig,<br />

das der Hagen hiess, haben wir ein zuverlässiges Zcugniss<br />

an der Braunschweiger Reimchronik, die von Herzog Heinrich dem<br />

Löwen erzählt: von dissem vursten gar gemeyt - wart gewidet und<br />

gebreit - de \"este zo Bruneswich -, went her uzgab daz blich, -<br />

daz gehe)'zen ist de Hage J). Das wird mit einem für die Rechtsgeschichte<br />

bedeutsamen Zusatze durch eine Urkunde Herzog Albrecht'1.<br />

\'on J268 bestätigt 2): dum Henricus •.. dux Bawarie ct Saxonie<br />

lndaginem Bruneswich primo fundaret et construeret ac ei jura<br />

burgimundii et libertates daret l sicut fieri solet .••• Darf das auf<br />

die uns erhaltene Urkunde der jura et libcrtatcs lndaginis bezogen<br />

werden, zum al sie sich selbst im Eingange als die vom Herzog<br />

Heinrich a prima fundatione den Bürgern ertheilten Freiheiten ankündigt?<br />

Und wäre die Besiegelung durch Otto 1. demnach nur<br />

eine Anerkennung althergebrachter Rechte? Gewiss nicht. Nicht<br />

J) v. 2673-2677. I1iinsclm:mn, UD. S. I. Die Stelle i t nicht um<br />

1150 zu datiren, wie Hün e1mnnn meint, da hier yerschiedene Züge aus dem<br />

Leben Heinrichs unc!tronologisch zu ammen tehen.<br />

8) Br chwgr. UB. n. 7.<br />

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bl os aus äussern Gründen, sondern auch nach ihrem Inhalte kann<br />

die Urkunde, wie sie uns vorliegt, nicht älter als etwa aus dem<br />

dritten Jahrzehent des 13. Jahrhunderts sein. In § II gedenkt sie<br />

der Katharinenkirche, die urkundlich nicht vor 1224 bezeugt ist J).<br />

Doch das könnte möglicherweise auf bIossem Zufall beruhen.<br />

Anders liegt das Verhältniss bei einer zweiten Bestimmung. Im<br />

vorletzten Paragraphen kommen Consules vor, die in Braunschweiger<br />

Urkunden nicht vor 1231 erscheinen 2). Dass in dem Briefe für<br />

den Hagen gesagt ist: burgen ses suos consules habeant, sicut habere<br />

consueverunt, beweist nicht für deren schon längeres Bestehen.<br />

Der Sprachgebrauch mittelalterlicher Quellen bezieht derartige Wendungen<br />

häufig genug auf erst vor kurzem ins Leben getretene Einrichtungen.<br />

Mit dem für Braunschweig bezeugten Hervortreten<br />

stimmt es, dass auch in den andern welfischen Städten die Rathmannen<br />

erst seit derselben Zeit nachweisbar werden: so in Göttingen<br />

seit c. J229, in Hannover seit 1241, in Lüneburg seit 12433). Will<br />

man ein festes Jahr für die Entstehung der Urkunde ansetzen, so<br />

ist 1227 nicht unwahrscheinlich 4). Dafür würde ich allerdings<br />

weniger das urkundliche Zeugniss des Herzogs Albrecht anrufen.<br />

dass sein Vater, Otto 1., cum intraret civitatem Bruneswich, dem<br />

Hagen eine Rechtsbestätigung ertheilt habe 5), da diese nur Gewerbsprivilegien<br />

der Lakenmacher zum Gegenstande hat, von denen<br />

in jenen jura et libertates Indaginis keine Rede ist. Ich würde<br />

jenes Jahr vielmehr auf die für eine andere Deduction zurückgewiesene<br />

Stelle der Braunschweiger Reimchronik stützen, wonach<br />

Otto bei der Gewinnung der Stadt den Bürgern gab Gnaden viel 6).<br />

Denn jene Rechtsaufzeichnung für den Hagen enthält nicht etwa,<br />

wie man nach dem Eingang erwarten könnte, specielle Privilegien,<br />

J) Dürre, Gesch. v. Braunschweig S. 69. Gengler, Codex S. 286. Dass<br />

Bothe (vgl. Hänselmann S. I und Weiland S. 493 A. 4) die Erbauung der<br />

Kathnrinenkirche gleichzeitig mit der Gründung des Hagens erzählt, ist<br />

ohne Bedeutung; mit dem Ursprung des Weichbildes meinte er auch den<br />

seiner Kirche gegeben und berichten zu müssen.<br />

2) Hänselmann, UB. S. 8.<br />

3) Gött. UB. I n. I; Hannov. UB. n. 11; Lünebgr. UB. I n. 65 und<br />

S. 246.<br />

4) Hänselmann UB. S. I. Gengler, Codex S. 286. Höhlbaum n. 218.<br />

5) Brschwgr. UB. n. 7.<br />

6) Oben S. 118 A. 5.

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