B LÄ TT E R. - Hansischer Geschichtsverein
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H.<br />
Eine zweite Kategorie von Rechtsquellen bilden die Statute,<br />
die Erzeugnisse der Autonomie im Gegensatz zu den bisher betrachteten<br />
Producten privater und rechtswissenschaftlicher Thätigkeit.<br />
Nach Zahl und Inhalt ragen unter ihnen die Stadtrechte hervor.<br />
Auch hier empfiehlt es sich von den Beobachtungen Wackernagels<br />
auszugehen X). Erst nach den Rechtsbüchern greifen die städtischen<br />
Statute zum deutschen Gewand; jedoch nicht vor dem Jahre 1250;<br />
und die ersten sind Uebersetzungen lateinischer Urschriften. Wackernagels<br />
Belege für letzteres sind: die Culmer Handfeste von 1251<br />
und die U ebersetzungen der Strassburger Stadtrechte des 12. und<br />
13. Jahrhunderts. Als die ältesten unübersetzten, von \'ornherein<br />
deutsch abgefassten Stadtrechte führt er an: das für Oehringen<br />
(würtemb. Jagstkreis, nahe bei Elwangen) von 1253 2), das Basler<br />
Bischofs- und Dienstmannenrech( 1260-62 3), die Rechtsmittheilung<br />
von Magdeburg nach Breslau von 1261 4). Demnach raUt auf<br />
Niedersachsen wenn auch nicht das älteste, doch eins der ältesten<br />
Bei piele. Das Magdeburger Weisthum ist aber, wie schon früher<br />
bemerkt, ungeachtet seines Entstehungsortes in mitteldeutscher Mundart<br />
abgefasst S). Als ältestes niederdeutsch geschriebenes Stadt-<br />
J) Gesch. der deutschen Litt. '. 89 a. R.<br />
I) Grimm, \Vcisthümer 3 S. 607. "gI. Stälin, Wirtemb. Gesch. ::<br />
S. 669.<br />
3) berau g. "on \\'nckernagel, Basel 1852.<br />
4) zuletzt herauig. von Kom, Dres!. UD. n. 20 S 18. Vgl. I.aband,<br />
Magd. Rechtsqu. S. 14, und Stenzei, UD. z. Gesch. der Städte in Schlesien<br />
n. 56 S. 35(.<br />
5) Oben S. 112.<br />
recht wird, wenn man sich auf datirte Beispiele beschränkt, kaum<br />
ein anderes als das Hamburger Ordelbok von 1270·I) aufgeführt<br />
werden können; denn wenn lübische Rechtscodices in deutscher<br />
Sprache wie die im Elbinger und im Kieler Stadtarchiv aufbewahrten<br />
die Jahreszahl 1240 an der Stirn ttagen, so habe ich an<br />
einer andern Stelle ausführlich gezeigt 2), dass solcher Angabe kein<br />
Glaube beizumessen ist, weil dieselbe lediglich der Eingangsurkunde<br />
der lateinischen Urschriften angehört, welche man an der Spitze<br />
der 20-30 Jahre später umgestalteten deutschen Formen wörtlich<br />
zu wiederholen für gut fand. Unter den deutschen Handschriften des<br />
lübischen Rechts ist die älteste datirte die für Reval im Jahre 1282<br />
ausgefertigte, welche Bunge in den Quellen des Revaler Stadtrechts<br />
abgedruckt hat. Aber wir sind berechtigt, die erste Abfassung<br />
lübischer Rechtscodices in einheimischer Sprache noch etwas früher<br />
anzusetzen: ich glaube erwiesen zu haben, dass der Elbinger Codex<br />
die älteste uns erhaltene deutsche Handschrift des lübischen Rechts<br />
ist, als deren Entstehungszeit wir mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit<br />
die Jahre 1260-1276 annehmen dürfen. Es würde also die deutsche<br />
Redaction von Rechtssammlungen in Lübeck ungefähr um die<br />
gleiche Zeit begonnen haben wie in Hamburg, nur dass wir in<br />
letzterer Stadt nichts von lateinischen Vorgängern wissen 3). Ein<br />
anderer Unterschied tritt darin hervor, dass, während auf das hamburgische<br />
Ordelbok sichtbar der Sachsenspiegel Einfluss ausgeübt<br />
hat 4), im lübischen Recht keine Spur solcher Einwirkung zu finden ist.<br />
Eine hervorragende niedersächsische Stadt erhebt nun aber<br />
den Anspruch, eine Rechtsaufzeichnung in einheimischer Sprache<br />
zu besitzen, deren Alter das der deutschen Lübecker und Hamburger<br />
Statuten um etwa 40 Jahr übertreffen soll. Es ist das<br />
Braunschweig, das sein sogenanntes Privilegium Ottonianum ins<br />
J. 1227 eetzt 5). Seitdem nachgewiesen ist, dass es kein deutsches<br />
I) Lappenberg, Hamb. Rechtsalterth. S.I-74.<br />
2) D. lüb. Recht nach s. ält. Formen S. 46 ff.; Hans. Gesch.·Bl. I873<br />
S. XXXVI.<br />
3) Eine Spur von lateinischen Statuten für Hamburg zeigt sich in der •<br />
Urkunde von c. I259 über Bestimmungen des Hamburger Schiffrechts. Höhlbaum,<br />
Hans. UB. I n. 538, der auch die frühem Drucke anführt.<br />
4) Lappenberg S. LXIV; Homeyer Ssp. S. 62.<br />
5) UD. der Stadt Braunschweig herausg. von Hänselmann I n. 2.<br />
Unter den Drucken fehlt der bei GengIer, Stadtrechte S. 36.