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Kultur<br />
69<br />
Angelika Bartsch verkörpert in „Tot sind wir<br />
nicht“ eine der beiden älteren Damen, die<br />
sich mitunter mitten in der Nacht mit Pelzmantel<br />
und Schinkenbrot treffen und mit<br />
Medikamenten dealen. Sie brauchen das<br />
Geld, um sich ihren großen Traum zu erfüllen:<br />
einen gemeinsamen Lebensabend auf<br />
Okinawa, wo die Menschen uralt werden.<br />
Doch der todkranke Ehemann der einen<br />
macht ihnen einen Strich durch die Rechnung.<br />
Er stirbt und mit ihm auch die Rezeptquelle.<br />
Auf skurril-komische Weise erzählt<br />
„Tot sind wir nicht“ von großen Träumen und<br />
zeigt, dass Lebenswünsche und Sehnsüchte<br />
kein Alter kennen.<br />
Beim Interview bietet Angelika Bartsch mir<br />
gleich das „Du“ an, freut sich, dass sie als die<br />
Ältere das jetzt immer öfter machen kann.<br />
<strong>akzent</strong>: Wie bist du durch die Pandemie gekommen?<br />
Durch eine Zeit, in der Auftritte vor<br />
Publikum nicht möglich waren.<br />
Angelika Bartsch: Am 13. März 2020 kam<br />
der erste Anruf vom ersten Theater, in dem<br />
es hieß: „Stopp, wir spielen nicht!“ Zu der Zeit<br />
habe ich gleichzeitig an zwei oder drei Bühnen<br />
gespielt. So ging es weiter, erst mal wurde<br />
alles nur verschoben, dann abgesagt, auch<br />
Dreharbeiten, und es gab Panik wegen Corona.<br />
Sie waren aber zum Glück fair und haben<br />
uns Schauspielende ausbezahlt – auch die<br />
Gäste. Ich bin ja fast immer Gast in verschiedenen<br />
Häusern, bin fast nie fest, deshalb sind<br />
es auch so viele Bühnen, auf denen ich schon<br />
gespielt habe.<br />
<strong>akzent</strong>: Also bist du als Schauspielerin gerne<br />
auf Wanderschaft?<br />
Angelika Bartsch: Ja auch, aber vor allem hat<br />
es mit der Struktur in den Häusern zu tun. Ich<br />
war in den 43 Jahren, in denen ich das jetzt<br />
mache, zweimal fest engagiert. Einmal in der<br />
1980er-Jahren im Schauspielhaus in Hamburg,<br />
erst bei Niels-Peter Rudolph, dann bei<br />
Peter Zadek und dann habe ich ein Kind gekriegt.<br />
In dieser Situation wurde man damals<br />
nicht verlängert. Wenn man einen befristeten<br />
Zeitvertrag hatte, wie das für Schauspieler*innen<br />
üblich ist, war das Grund für eine<br />
Nicht-Verlängerung. Mein zweites festes Engagement<br />
war dann in den 1990ern in Wuppertal.<br />
Aber sonst alles Drumherum war ich<br />
immer frei und immer dort, wo es was Gutes<br />
zu spielen gibt. So wie hier in Konstanz, das<br />
Stück ist nämlich sehr gut!<br />
<strong>akzent</strong>: Du lebst in Hamburg, und in Konstanz<br />
warst du noch nie, oder?<br />
Angelika Bartsch: Engagiert nicht. Wir hatten<br />
in Konstanz allerdings mit den Hamburger<br />
Kammerspielen ein Gastspiel mit „Chuzpe“;<br />
das ist aber auch schon ein paar Jahre her.<br />
<strong>akzent</strong>: Wie kommt es jetzt zu diesem Gastauftritt?<br />
Was gibt es für Verbindungen zum Theater<br />
Konstanz?<br />
Angelika Bartsch: Das ist ganz einfach, die<br />
Verbindung ist die Intendantin. Ich kenne<br />
Karin Becker aus Hamburg. Sie war, bevor sie<br />
nach Konstanz kam, am Thalia Theater Hamburg<br />
künstlerische Betriebsdirektorin und<br />
davor war sie auch am Deutschen Schauspielhaus<br />
in Hamburg. Dort haben wir uns in der<br />
Kantine kennengelernt und gleich festgestellt,<br />
dass wir beide Schwäbinnen sind. Und<br />
immer, wenn man sich im Exil trifft, verbindet<br />
das. Man verfällt in den Dialekt. Dann<br />
haben wir uns angefreundet. Karin Beckers<br />
großer Wunsch war es zu der Zeit in Hamburg,<br />
selbst mal ein Haus zu leiten. Sie malte<br />
sich damals aus, dass sie uns alle engagieren<br />
würde, wenn sie ein eigenes Haus hat. Und<br />
dann kam der glückliche Tag, wo es so wurde,<br />
und sie meinte: „Ich kann euch alle nicht<br />
engagieren, es gibt zu wenig Geld.“ Dann haben<br />
wir im Dunstkreis der Kolleg*innen und<br />
Freund*innen gesagt: „Wenn was Schönes<br />
in Konstanz geplant ist, dann frag doch, wir<br />
können dann ja schauen, wie wir das hinkriegen.“<br />
Und jetzt bin ich hier.<br />
<strong>akzent</strong>: Im Stück „Tot sind wir nicht“ geht<br />
es um den Umgang und das Geschäft mit<br />
dem Tod und um das Thema Unsterblichkeit.<br />
Kannst du uns einen kurzen Einblick in deine<br />
Rolle geben?<br />
„Ich drehe ja zum<br />
Glück immer recht viel<br />
und finanziere meine<br />
Theateraktivitäten<br />
auch mit Drehen.<br />
Ich finde es spannend,<br />
beides machen zu<br />
können: Auf der<br />
Bühne und vor der<br />
Kamera zu stehen.“<br />
© Ralph Nitz