Stahlreport 2022.11
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BDS<br />
Research<br />
Neueste Zahlen aus dem Bereich Research<br />
Selten war der Blick in die Zukunft so unklar<br />
Nach einem durch die Corona-Pandemie samt Lieferengpässen sowie kräftigen Rohstoff- und Materialverteuerungen<br />
geprägten Jahr 2021 rechneten die meisten Marktteilnehmer für 2022 mit etwas berechenbareren Marktverhältnissen. Dies<br />
war ein Trugschluss. Der Krieg in der Ukraine führte im Frühjahr zu großer Besorgnis hinsichtlich zukünftiger Verfügbarkeiten<br />
und Preisentwicklungen. Diese Sorge ist spätestens im Sommer großer Verunsicherung über die zukünftige wirtschaftliche<br />
Entwicklung gewichen. Vor allem Fragen der Energieversorgung belasten die Märkte.<br />
Jörg Feger, Bereichsleiter<br />
Research im<br />
Bundesverband<br />
Deutscher Stahlhandel<br />
(BDS), berichtet<br />
zusammenfassend<br />
angesichts der ihm<br />
bis einschließlich<br />
August 2022 vorliegenden<br />
Zahlen.<br />
Fragen zur<br />
Statistik<br />
beantwortet im<br />
Bundesverband<br />
Deutscher Stahlhandel<br />
(BDS) Jörg<br />
Feger, Prokurist<br />
und Bereichsleiter<br />
Research:<br />
Feger-BDS@<br />
stahlhandel.com<br />
Bild: privat<br />
Lagerabsatz<br />
Im Jahr 2021 wurden 10,62 Mio. t<br />
Walzstahlfertigerzeugnisse abgesetzt.<br />
Das ist ein Plus von 2,7 % gegenüber<br />
dem Vorjahr. Im Vergleich zu 2019<br />
und den Jahren zuvor fiel der Lagerabsatz<br />
jedoch geringer aus. Quartoblech,<br />
das in den Vorjahren recht deutliche<br />
Mengenverluste verzeichnet<br />
hatte, konnte 2021 zweistellig zulegen.<br />
Betonstahl hingegen verpasste<br />
das zwölfte Plus in Folge und verfehlte<br />
den Lagerabsatz des überaus starken<br />
Vorjahres um knapp 6 %.<br />
Der Start ins Jahr 2022 verlief<br />
noch ohne besondere Vorkommnisse.<br />
Den Kunden der deutschen Stahldistribution<br />
wurden im Januar knapp<br />
858.000 t Walzstahlfertigerzeugnisse<br />
geliefert. Das sind knapp 6 % weniger<br />
als im Januar des Vorjahres. Der Februar<br />
lag mit 899.000 t rund 1 % unter<br />
der Tonnage des Vergleichsmonats.<br />
Der Ausbruch des Krieges führte zu<br />
großen Unsicherheiten, auf welchem<br />
Wege und zu welchen Kosten zukünftig<br />
die Materialversorgung gewährleistet<br />
werden könne. Dies führte zu<br />
hohen, teilweise auch über den aktuellen<br />
Bedarf hinausgehenden Bestellungen<br />
der Kunden.<br />
Der Lagerabsatz lag im März bei<br />
1,05 Mio. t. Zuwächse gab es im Vergleich<br />
zum starken Vorjahresmonat<br />
bei fast allen Produkten. Lediglich bei<br />
kaltgewalzten und oberflächenveredelten<br />
Blechen fiel der Absatz aufgrund<br />
der Schwäche im Automobilsektor<br />
geringer aus. Im April und Mai<br />
beruhigte sich das Marktgeschehen<br />
etwas. Sehr schwach verliefen die<br />
Geschäfte im Juni und Juli. Der August<br />
zeigte sich etwas robuster. Mit<br />
837.000 t wurde die Tonnage des Vorjahresmonats<br />
knapp übertroffen.<br />
Lagerbestand<br />
Nach sehr geringen Lagerbeständen<br />
zum Jahreswechsel 2020/2021 konnten<br />
die Lagermengen in den meisten<br />
Monaten des Jahres 2021 zulegen,<br />
so dass im Spätsommer erstmals wieder<br />
von relativ normalen Bestandsgrößen<br />
gesprochen werden konnte.<br />
Im November und Dezember 2021<br />
kam es zum saisonal üblichen<br />
Bestandsabbau. Mit 2,07 Mio. t lag<br />
der Bestand im Dezember 2021 um<br />
8,1 % über dem sehr niedrigen Vorjahresniveau.<br />
Zu Jahresbeginn legten die<br />
Bestände bei allen Produkten zu. Der<br />
Zuwachs war in den meisten Produktgruppen<br />
signifikant. Im März<br />
und April nahmen die Bestände dann<br />
etwas ab. Im Mai und Juni schwankten<br />
sie. Dafür legten sie bei schwachen<br />
Absätzen im Juli wieder zu. Im August<br />
fand ein leichter Bestandsabbau auf<br />
2,22 Mio. t statt. Das sind 5 % mehr<br />
als im Vorjahresmonat bevorratet<br />
wurden.<br />
Lagerreichweite<br />
Aufgrund der sehr niedrigen Lagerbestände<br />
und ordentlichen Absätze<br />
war die Reichweite im gesamten ersten<br />
Halbjahr 2021 sehr niedrig. Ab<br />
dem Spätsommer normalisierte sie<br />
sich und schwankte, mit Ausnahme<br />
des Dezembers, zwischen 2,2 und 2,5<br />
Monaten. Im Jahresdurchschnitt lag<br />
sie bei niedrigen 2,3 Monaten bzw. 69<br />
Tagen.<br />
Anfang 2022 legte die Lagerreichweite<br />
aufgrund des Bestandsaufbaus<br />
und des eher unterdurchschnittlichen<br />
Lagerabsatzes zu. Sie lag im Januar<br />
und Februar bei 2,5 Monaten. Im März<br />
sank sie aufgrund hoher Lagerabsätze<br />
und leichtem Bestandsabbau auf 2,1<br />
Monate. Im April und Mai normalisierte<br />
sich die Reichweite vor allem<br />
aufgrund der weniger starken Lagerabsätze<br />
und stieg im Juni und Juli<br />
weiter an. Im August ging sie auf 2,7<br />
Monate zurück. Das entspricht 81<br />
Tagen (vgl. Abbildung 1).<br />
Lagerverkaufspreise<br />
Den Angaben des BDS-Marktinformationsverfahrens<br />
für durchschnittliche<br />
Verkaufspreise im kleinlosigen<br />
Bereich zufolge stiegen die Preise in<br />
den ersten sieben Monaten des Jahres<br />
2021 wie es zuvor selbst im Jahr 2008<br />
nicht erlebt wurde. Dabei fiel der<br />
Anstieg bei Flachprodukten noch viel<br />
deutlicher als bei Langprodukten aus.<br />
Im August kam dieser Preisaufbau bei<br />
den meisten Produkten zum Stillstand.<br />
In den letzten Monaten des<br />
Jahres wurden vor allem bei Flachprodukten<br />
Preisreduzierungen festgestellt.<br />
Langprodukte zeigten sich vergleichsweise<br />
stabiler und konnten<br />
teilweise sogar zulegen.<br />
In den ersten Wochen des Jahres<br />
2022 wurden verstärkt wieder Preisanstiege<br />
wahrgenommen. Nach Ausbruch<br />
des Ukraine-Kriegs Ende Februar<br />
kannten die Preise nur eine<br />
Richtung. Steil nach oben! Ab Mai<br />
änderte sich die Lage. Preise gaben<br />
bei allen Produktgruppen wieder<br />
spürbar nach. Bei Flachprodukten verlief<br />
diese Entwicklung noch deutlicher<br />
als bei Langprodukten und Rohren<br />
(vgl. Abbildungen 2 und 3). 2<br />
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