BOKU Magazin 4/2022

Andreas Holzinger während seiner Antrittsvorlesung und während einer Exkursion im Steilgelände.
mehr als einer Dekade hielt er einen Vortrag
über „Human-in-the-Loop“-Ansatz
an der Carnegie Mellon University in
Pittsburgh, Pennsylvania, einer der führenden
Einrichtungen auf dem Gebiet
des Machine Learning. Zu seiner eigenen
Überraschung erntete er ablehnende
Reaktionen: „Die sagten damals, wir
wollen den Menschen gar nicht im Loop
drinnen haben – press the button, wait
for the results – und was soll denn der
Mensch im maschinellen Lernen tun?“,
erinnert sich Holzinger.
NUTZEN FÜR DIE
FORSTWIRTSCHAFT
Dass sich das Bild seither doch etwas
verändert hat, kann man auch an einem
Beispiel aus der Waldbewirtschaftung
erklären. „Einer der Gründe, warum
Forststraßen nach mehreren Regentagen
an Befahrbarkeit verlieren können,
sind verstopfte Wasserdurchlässe. Als
Forstarbeiter haben Sie keine Chance,
die alle freizuhalten“, gibt Holzinger zu
bedenken. Eine Unterstützung könnte
von Drohnen kommen, die eine Forststraße
abfliegen und z.B. einen verlegten
Kanal erkennen und einen Roboter anfordern,
der diese selbständig durchputzt.
„Das hört sich einfach an, aber es
ist sehr schwierig, das hinzubekommen.“
Für Mitarbeiter eines Forstbetriebs gehört
es zum Hausverstand, so einen Kanal
zu erkennen und zu reinigen. Der Mensch
kann aber sein Fachwissen in die Iterationen
maschinellen Lernens einfließen
lassen und wird so Teil eines „Loops“, der
insgesamt bessere Ergebnisse erzielt.
„Mich hat von Anfang an fasziniert, dass
der Computer eine universell programmierbare
Maschine ist. Man kann sie zur
Erkennung von Melanomen aus medizinischen
Bilddaten ebenso verwenden
wie für die Vorhersage von Borkenkäferbefall
in der Forstwirtschaft“, sagt Holzinger.
Besonders interessant scheinen
ihm kontrafaktische Fragestellungen:
„Das sind „Was-wäre-wenn“-Szenarien,
die sich ergeben, wenn verschiedene
Parameter verändert werden.“
Mit seinem neuen Human-Centered AI
Labor am BOKU-Standort Tulln ist Holzinger
sehr glücklich: „Tulln ist das neue
Zentrum der Digitalen Transformation
in Niederösterreich. Rund um das neue
Haus der Digitalisierung ist dort ein
Netzwerk mit unterschiedlichen Knoten
entstanden, die unterschiedliche Expertisen
einbringen“, schwärmt Holzinger,
dessen Lehrstuhl als Stiftungsprofessur
vom Land Niederösterreich unterstützt
wird, vom Umfeld, das er hier vorgefunden
hat.
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Georg Sachs ist Chefredakteur der Zeitschrift
Chemiereport/Austrian Life Sciences
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