2022/14 | Unternehmen | Dezember 2022 | Ausgabe 85
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
20<br />
VERANTWORTEN unternehmen [!]<br />
Blick auf die Uhr<br />
ist Pflicht<br />
Arbeitszeiterfassung <strong>Unternehmen</strong> müssen die Arbeitszeit ihrer<br />
Beschäftigten erfassen – egal, ob im Büro, zu Hause oder auf<br />
Geschäftsreise. Bei der Ausgestaltung gibt es aber Spielraum.<br />
Bei Verstößen<br />
gegen das<br />
Arbeitszeitgesetz<br />
drohen erhebliche<br />
Bußgelder.<br />
Reinmar Hagner<br />
Anwalt für Arbeitsrecht<br />
FOTOS: FOTOHANSEL, VICTOR STUDIO,<br />
VICTOR MOUSSA, AFK/ADOBE.STOCK.COM<br />
Es war schon eine Überraschung<br />
als das Bundesarbeitsgericht<br />
im<br />
September feststellte,<br />
dass Arbeitgeber verpflichtet<br />
sind, zu erfassen, wie lange ihre<br />
Belegschaft tätig ist. Modelle,<br />
die auf einem Vertrauensverhältnis<br />
zwischen Angestellten<br />
und <strong>Unternehmen</strong> basieren,<br />
sind nach dieser Entscheidung<br />
nicht zulässig. Das Urteil betrifft<br />
auch Beschäftigte, die zu Hause<br />
oder mobil arbeiten. Dabei war<br />
dieses Ergebnis eigentlich ein<br />
Zufallsprodukt. Denn der ursprüngliche<br />
Fall drehte sich um<br />
ein <strong>Unternehmen</strong>, das mit dem<br />
Betriebsrat über eine Betriebsvereinbarung<br />
zur Arbeitszeiterfassung<br />
verhandelte.<br />
Nach Abbruch der Verhandlungen<br />
wollte der Betriebsrat<br />
die elektronische Erhebung gegen<br />
den Willen des Arbeitgebers<br />
durchsetzen. Das Bundesarbeitsgericht<br />
urteilte, dass eine<br />
Arbeitszeiterfassung nicht erzwungen<br />
werden könne, denn<br />
eine Pflicht dazu bestehe ja<br />
bereits. Das leiteten die<br />
Richter aus dem Arbeitsschutzgesetz<br />
ab. Dieses Gesetz<br />
verpflichtet <strong>Unternehmen</strong><br />
zu notwendigen organisatorischen<br />
Maßnahmen,<br />
um die Gesundheit ihrer<br />
Beschäftigten sicherzustellen.<br />
Zu diesen Maßnahmen<br />
zählte das Gericht nun<br />
auch die Arbeitszeiterfassung<br />
– eine Maßnahme,<br />
um letztlich Beschäftigte vor gesundheitsbelastender<br />
Mehrarbeit<br />
zu schützen.<br />
Schon im Jahr 2019 hatte der<br />
Europäische Gerichtshof in seiner<br />
Entscheidung zu einer Klage<br />
der spanischen Gewerkschaft<br />
Federación de Servicios de Comisiones<br />
Obreras festgestellt,<br />
dass die EU-Staaten Firmen verpflichten<br />
müssen, jede Arbeitsstunde<br />
ihrer Beschäftigten genau<br />
und verlässlich zu erfassen.<br />
Die deutsche Regierung hatte<br />
bisher dazu aber noch nichts unternommen.<br />
Kritik am Gesetzgeber<br />
Fahrt nahm die ganze Diskussion<br />
jetzt noch einmal durch<br />
den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts<br />
auf. Der liegt noch