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2022/14 | Unternehmen | Dezember 2022 | Ausgabe 85

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6<br />

VERANTWORTEN unternehmen [!]<br />

Was Britta Wagner in<br />

dem Brief las, den<br />

sie im Oktober von<br />

ihrem Energieversorger<br />

bekam, konnte sie kaum<br />

glauben: Der Stromlieferant teilte<br />

der Geschäftsführerin eines<br />

Betriebs für Kfz-Karosseriebau<br />

und Lackierung mit, den Tarif<br />

am Firmenstandort in Langenau<br />

von 66 Cent auf 1,07 Euro pro<br />

Kilowattstunde (kWh) zu erhöhen.<br />

Die Firmenchefin, die ihren<br />

wahren Namen und den ihres<br />

Betriebs an dieser Stelle aus<br />

Wettbewerbsgründen nicht lesen<br />

möchte, war entsetzt.<br />

Die Frage ist:<br />

Wie viel Zeit<br />

habe ich, einen<br />

anderen Versorger<br />

zu finden?<br />

Falco Weidemeyer<br />

<strong>Unternehmen</strong>sberatung EY<br />

Wenn das<br />

Licht droht<br />

auszugehen<br />

Energie Viele Versorger kündigen<br />

Firmenkunden den Strom- oder Gasvertrag<br />

und fordern im Anschluss<br />

existenzbedrohend hohe Aufschläge. Tipps,<br />

wie Betriebe darauf reagieren können.<br />

ILLUSTRATIONEN: MAX MESCHKOWSKI<br />

Der laufende Betrieb verbraucht<br />

jährlich etwa 150 000<br />

Kilowattstunden Strom. Bis in<br />

das vergangene Jahr hinein<br />

hatte die Firma lediglich 20<br />

Cent pro kWh zahlen müssen.<br />

Diesen Vertrag hatte der Energieversorger<br />

allerdings zum<br />

Mai dieses Jahres gekündigt.<br />

Seitdem wurden mehr als<br />

8000 Euro pro Monat fällig.<br />

„Bereits nach der ersten Erhöhung<br />

habe ich umgehend<br />

den Stromversorger kontaktiert“,<br />

sagt Wagner. „Es war<br />

gar nicht möglich, einen neuen<br />

Vertrag zu bekommen.<br />

Dies wurde mit den hohen<br />

Schwankungen an der<br />

Strombörse begründet.“<br />

Hintergrund: Für <strong>Unternehmen</strong><br />

sieht der Gesetzgeber<br />

anders als bei Privathaushalten<br />

keine Grundversorgung<br />

vor. Wagners<br />

Betrieb ist daher in die Ersatzversorgung<br />

gekommen<br />

– und von<br />

dort automatisch<br />

in Folgeprodukte der Ersatzversorgung<br />

überführt worden.<br />

Die Energieversorger beschaffen<br />

in diesen Tarifen kurzfristig<br />

die benötigten Mengen an<br />

den Energiemärkten. Preisänderungen<br />

werden mit einer Frist<br />

von sechs Wochen an die Kunden<br />

weitergegeben. Immerhin:<br />

Die Firmenchefin schaffte es<br />

durch beharrliches Verhandeln<br />

einen neuen Vertrag mit deutlich<br />

günstigeren Konditionen<br />

bis Ende 2023 auszuhandeln.<br />

Dabei hofft sie darauf, dass die<br />

Strompreise bis dahin wieder<br />

sinken.<br />

Was der Unternehmerin passiert<br />

ist, erleben derzeit Tausende<br />

von Firmen in Deutschland.<br />

Der jeweilige Versorger kündigt<br />

den Strom- oder Gasliefervertrag<br />

und bietet oftmals gar keinen<br />

Anschlussvertrag an. Wenn<br />

doch, fällt der Tarif meist so<br />

hoch aus, dass ein Weiterbetrieb<br />

wirtschaftlich nicht darstellbar<br />

ist. „Wenn ich die Kosten des<br />

ersten Angebots oder auch nur<br />

einen Teil davon an die Kunden<br />

hätte weitergeben müssen, würde<br />

niemand mehr sein Fahrzeug<br />

zu mir bringen“, fasst<br />

Wagner die existenzbedrohende<br />

Situation zusammen. Vielen<br />

Betrieben droht damit das Aus.<br />

„Eine wichtige Frage für betroffene<br />

Unternehmer ist: Wie<br />

viel Zeit bleibt mir, um alternative<br />

Energieversorger zu suchen?“,<br />

sagt Falco Weidemeyer,<br />

Partner bei der <strong>Unternehmen</strong>sberatung<br />

EY. „Oberste<br />

Priorität muss sein, operativ<br />

handlungsfähig zu bleiben.“<br />

Er rät, sich am Markt umzuschauen<br />

und so kurz laufende<br />

Verträge wie möglich abzuschließen,<br />

falls der angestammte<br />

Energieversorger<br />

keine annehmbaren Konditionen<br />

anbietet. So gewinne<br />

man Zeit und könne Ausschau<br />

halten nach einem<br />

neuen Versorger mit einem<br />

günstigeren Vertrag.<br />

Dem <strong>Unternehmen</strong>sberater<br />

ist dabei bewusst,<br />

dass viele mittlere und<br />

kleinere <strong>Unternehmen</strong> in<br />

einer schwierigen Verhandlungsposition<br />

sind.<br />

Er empfiehlt den Versuch,<br />

sich mit Geschäftspart-

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