Die Musiksprache Olivier Messiaens im
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Violine<br />
Klarinette<br />
Violoncello<br />
Klavier<br />
3.2.2 Liturgie de cristal<br />
Entre 3 et 4 heures du matin, le réveil des<br />
oiseaux: un merle ou un rossignol soliste<br />
<strong>im</strong>provise, entouré de poussières sonores,<br />
d’un halo de trilles perdus très haut dans<br />
les arbres. Transposez cela sur le plan religieux:<br />
vous aurez le silence harmonieux du<br />
ciel. 9<br />
Das Erwachen der Vögel: Amsel (Klarinette) und<br />
Nachtigall (Violine) <strong>im</strong>provisieren zu den begleitenden<br />
Harmonien von Klavier und Violoncello, verloren in<br />
den Höhen der Bäume.<br />
Bereits <strong>im</strong> Préface erklärt Messiaen das unermüdliche,<br />
rhythmische Ostinato („pédale rythmique“ 10 ) der Klavierst<strong>im</strong>me.<br />
Dabei verwendet er eine, in seinen Werken<br />
öfters vertretene rhythmische Formel, die sich<br />
aus drei Hindurhythmen zusammensetzt: râgavardhana,<br />
candrakalâ und lakskmîca (Abb. 20). Alle drei Hindurhythmen<br />
lassen sich mit <strong>Messiaens</strong> rhythmischer<br />
Sprache, die kurz auch <strong>im</strong> Préface von [2] beschrieben<br />
ist, entwickeln. Der erste Teil, râgavardhana, besteht<br />
aus drei Vierteln und mit deren Verminderung zu<br />
drei Achteln mit einem „ajout du point“; candrakalâ<br />
entsprechend aus drei Achteln plus deren exakte Erweiterung<br />
plus einem Sechzehntel als „valeur ajoutée“.<br />
lakskmîca verbindet zwei weitere Techniken, die Messiaen<br />
anwendet: arithmetische (1,2,3...) und geometrische<br />
(1,2,4,8...) Reihen: Zählt man die Länge der Noten<br />
in Sechzehnteln, erhält man die Folge 2-3-4-8, welche<br />
die beiden Reihen kombiniert.<br />
9 <strong>Olivier</strong> Messiaen zu I, <strong>im</strong> "Préface"von [2]<br />
10 [2] Préface<br />
11 [2], Préface<br />
I II III IV V VI VII VIII<br />
Abbildung 19: Instrumentenkonstellation<br />
3 Quatuor pour la fin du temps<br />
q q q e ek e e e e ek ek ek x e ek q h<br />
râgavardhana candrakalâ lakskmîca<br />
Abbildung 20: Rhythmische Formel der Klavierst<strong>im</strong>me<br />
Auch be<strong>im</strong> Violoncello lässt sich ein rhythmisches Ostinato<br />
feststellen, das sich über 16.5 Viertel erstreckt<br />
(Abb.: 21).<br />
h qk h h e e qk e e e e qk e e h<br />
Abbildung 21: Rhythmisches Ostinato <strong>im</strong> Violoncello<br />
<strong>Die</strong> Analyse der Harmonien bringt zwei weitere Ostinati<br />
ans Licht: Im Klavier wiederholt sich eine Sequenz<br />
von 29 Akkorden durchs Stück hinweg und be<strong>im</strong> Violoncello<br />
sind es lediglich 5 Töne, die sich ständig wiederholen.<br />
Wenn wir noch die Länge des rhythmischen<br />
Ostinatos betrachten, 13 Viertel, lässt sich unschwer<br />
<strong>Messiaens</strong> Vorliebe für Pr<strong>im</strong>zahlen herauslesen:<br />
[...] une secrète prédilection pour les nombres<br />
premiers (5, 7, 11, etc.) [...] 11<br />
Betrachtet man die Harmonien <strong>im</strong> Detail, erkennt<br />
man in der ersten Hälfte des harmonischen Ostinatos<br />
<strong>im</strong> Klavier einen „effet de vitrail“ über F mit der Akkordfolge:<br />
da VI - ad VI - da IV - ad IV - da I - ad I -<br />
da VIII - ad VIII - Verm. Dominantseptakkord - G 6,7 -<br />
As maj7 -A 6,7,9 (Abb. 22).<br />
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