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KölnerLeben Februar/März 2023

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12<br />

Leben in Köln<br />

Abgrenzung<br />

statt<br />

Aktionismus<br />

Fotos: Diana Haß<br />

Angehörige tragen oft die Hauptlast,<br />

wenn ein Mensch psychisch erkrankt.<br />

Doch gibt es auch Hilfe für sie, damit<br />

sie sich nicht alleingelassen fühlen.<br />

„Gerade ist unsere Tochter wieder<br />

in der Psychiatrie“, erzählt Manfred<br />

Schmitz (Name geändert). Die Eltern<br />

einer Zwanzigjährigen mit der<br />

Diagnose paranoide Schizophrenie<br />

haben anstrengende Jahre hinter<br />

sich. Wiederholt hatte die Polizei<br />

das Mädchen orientierungs- und<br />

hilflos aufgegriffen, manchmal<br />

Rettungssanitäter sie nach Hause<br />

gebracht. „Für uns als Eltern war<br />

das schrecklich, wir waren ständig<br />

in Sorge“, erzählt Schmitz,<br />

„zusätzlich war es schwierig, die<br />

richtigen Ärzte und Therapeuten<br />

zu finden.“<br />

Die fünf Frauen, die mit Schmitz<br />

um einen Tisch im Sozialpsychiatrischen<br />

Zentrum Mülheim sitzen,<br />

nicken verständnisvoll. Auch bei<br />

ihnen sind nahestehende Menschen<br />

psychisch erkrankt. „Hier<br />

in unserer wöchentlichen Gesprächsrunde<br />

können wir innehalten,<br />

genauer hingucken und uns<br />

austauschen“, sagt Susanne Heim,<br />

die den Gesprächskreis leitet.<br />

Selbsthilfe ist das Herzstück der<br />

Arbeit des Vereins „Rat und Tat“.<br />

Heim, inzwischen 85 Jahre alt,<br />

hat den Verein 1985 zusammen<br />

mit 23 Gleichgesinnten gegründet.<br />

„Damals wurden Angehörige<br />

gar nicht beachtet“, sagt die<br />

Mutter eines psychisch<br />

kranken Sohns.<br />

Man habe ihnen<br />

höchstens vermittelt,<br />

dass sie<br />

durch ihr Verhalten<br />

„schuld“<br />

an der Erkrankung<br />

seien. Eine<br />

Haltung, die zusätzlichen<br />

Druck<br />

aufbaute in einer Si tu -<br />

ation, die ohnehin stark<br />

belastete. „Die Angehörigen tragen<br />

häufig die Hauptlast, emotional<br />

und oft auch finanziell“, weiß<br />

auch Rolf Fischer, Vorsitzender<br />

des Vereins.<br />

Sich abzugrenzen entlastet<br />

„Ich fühle mich verantwortlich“,<br />

ist eine typische Aussage von Angehörigen<br />

in den Beratungen und<br />

Selbsthilfegruppen. „Das sind Sie<br />

aber nicht. Der Erkrankte geht<br />

seinen eigenen Weg“, lautet die<br />

Botschaft, die Eltern, Geschwister,<br />

Partner oder Freunde dann hören.<br />

„Angehörige verfallen in ihrer Ratlosigkeit<br />

gerne in Aktionismus. Sie<br />

Sie gehört zu<br />

den Gründungsmitgliedern<br />

des<br />

Vereins: Susanne<br />

Heim ist bis heute<br />

dort aktiv.<br />

überfordern und überlasten sich<br />

damit“, berichtet Heim. Sie weiß<br />

auch, wie schwer es fällt, es auszuhalten,<br />

wenn ein geliebter Mensch<br />

depressiv ist, eine Psychose oder<br />

eine andere psychische Erkrankung<br />

hat.<br />

„Ich kann meinen Sohn nicht einfach<br />

so laufen lassen. Ich will etwas<br />

unternehmen, ihm helfen. Ihn so<br />

zu sehen, tut mir so weh“, klagt<br />

die Mutter eines 22-Jährigen, die<br />

zum ersten Mal beim Gesprächskreis<br />

ist. Die anderen hören mitfühlend<br />

zu. „Bewahren Sie Ruhe,<br />

vertrauen Sie ihm, lassen Sie ihm<br />

Zeit“, merkt Heim an. „Wenn Sie<br />

<strong>KölnerLeben</strong> Heft 1 | 23

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