Rittner Bötl 278 November 2022

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38 Geschichtliches November 2022 - Heft 278 -´s Rittner Bötl Die Gerichtsherrschaft Wangen 2. und letzte Folge Ein Beitrag von Wolfgang Reith, D-Neuss Wie bereits in den Ausführungen über die Gerichtsherrschaft Stein auf dem Ritten erwähnt, gab es daneben auf dem Hochplateau oberhalb von Bozen seit dem Mittelalter eine zweite Gerichtsgemeinde, nämlich Wangen. Marx (Marcus) Sittich Freiherr von Wolkenstein-Trostburg, der 1602 die Gerichtsherrschaft gekauft hatte, starb 1619. Ihm folgte sein Sohn Marcus Oswald nach, der 1630 in den Reichsgrafenstand erhoben wurde, und nach dessen Tod 1636 sein Sohn Johann Dominik Graf von Wolkenstein-Trostburg, ab 1661 auch Landeshauptmann von Tirol. Bei seinem Ableben 1676 beerbte ihn sein Sohn Marcus Friedrich, dem 1719 wiederum dessen Sohn Kasper Paris Dominikus Cajetan folgte, der seit 1739 ebenfalls das Amt des Tiroler Landeshauptmanns bekleidete. 1774 verstorben, trat sein Sohn Paris Ignaz das Erbe an, und ab 1800 war dann dessen Sohn Franz Graf von Wolkenstein-Trostburg als letzter seines Geschlechtes Inhaber des Gerichts Wangen, denn 1806 verkaufte er es an Maria Anna von Menz, geborene von Gumer zu Engelsburg (1759-1811) und Witwe des Anton Georg Melchior von Menz (1757-1801). Allerdings wurde es noch im selben Jahr unter der bayerischen Besatzung ebenso wie die benachbarte Gerichtsgemeinde Stein auf dem Ritten dem Landgericht Bozen zugeteilt. War für lange Zeit die Burg Ried Gerichtssitz, so schloss Marx Sittich von Wolkenstein-Trostburg 1615 als „Eigentumsgerichtsherr von Wangen“ mit der Gerichtsgemeinde einen Vertrag, nach dem der Amtssitz der Richter künftig in Wangen sein sollte, während die jeweiligen Pfleger und Gerichtsschreiber in Bozen saßen. Tatsächlich diente der dortige einst den Herren von Wangen gehörende Ansitz, der später an die Herren von Völs und schließlich an das Geschlecht derer von Wolkenstein überging und der heute unter dem Namen Palais Toggenburg bekannt ist, als „Wangner Gerichtshaus“. Und das Schloss Wangen-Bellermont, das ja 1277 zerstört worden war und mehr als 200 Jahre lang eine Ruine bildete, war um das Jahr 1500 durch die Herren von Firmian wiederhergerichtet und bewohnbar gemacht worden und konnte folglich erneut genutzt werden. Auch die Grafen von Wolkenstein haben natürlich Pfleger für ihre Gerichtsherrschaft eingesetzt. So finden wir etwa 1610 Melchior Glöggl, der von Marx Sittich von Wolkenstein-Trostburg zum Pfleger bestellt wurde. Im Jahr darauf erscheint dann schon Michael Wisenegg und 1612 Hans Rymer, dem irgendwann danach Wilhelm Resch folgte. In den Jahren 1618 bis 1627 übte Christoph Engl das Amt des Pflegers zu Wangen aus, anschließend war es bis 1633 Hans Waidmann, und 1638 wird Johann Gerwig erwähnt. Hier hören urkundliche Erwähnungen über weitere Pfleger für lange Zeit auf, nur 1726-1727 findet man noch einmal in der Person des Franz Joseph Lieb zu Liebenberg einen Pflegsverwalter zu Wangen. Ab 1731 tauchen dann aber plötzlich die Grafen von Gondola, die im 17. Jahrhundert aus Dalmatien – dort unter dem Namen Gundulić – nach Tirol eingewandert waren, als Gerichtsherren von Wangen auf, was zunächst ritten@boetl.net
November 2022 - Heft 278 -´s Rittner Bötl Geschichtliches 39 Johann Dominik Graf von Wolkenstein- Trostburg, ab 1661 Landeshauptmann von Tirol Kaspar Paris Graf von Wolkenstein-Trostburg irreführend erscheint, denn zweifelsohne waren ja die Grafen von Wolkenstein-Trostburg nach wie vor Inhaber der Gerichtsherrschaft und blieben es auch bis 1806. Erklären lassen sich die Aufzeichnungen möglicherweise nur dadurch, dass die Grafen von Wolkenstein ab einem bestimmten Zeitpunkt ihren Pflegsverwaltern einen weitgehend unbegrenzten administrativen und juristischen Spielraum zugestanden, so dass diese dann im öffentlichen Leben als die eigentlichen Gerichtsherren betrachtet wurden bzw. als solche galten. Erstmals finden wir Franz I. Graf von Gondola (1675-1731), k. k. General der Kavallerie, als „Herr der Herrschaft Wangen“ vor. Er war der Sohn von Johann Baptist Graf von Gondola (1630- 1717), k. k. Feldmarschalleutnant, und der Maria Victoria Gräfin von Strozzi (1655-1718). Verheiratet war Graf Franz I. in erster Ehe mit Maria Anna Gräfin von Sereny (1683-1711), allerdings ging aus der Verbindung nur die Tochter Johanna hervor, die sich später mit ihrem Vetter Sigismund (II. dem Jüngeren) vermählte. Franz I. Bruder Sigismund (1684-1758) war mit Catherine Marchese de Nalé verheiratet, und aus dieser Ehe gingen vier Söhne hervor: Franz II. Graf von Gondola („Herr der Herrschaft Wangen“), Johann Baptist Graf von Gondola („Herr auf Wangen“), Hieronymus Graf von Gondola (ohne Nachkommen) und Sigismund (II. der Jüngere), der sich mit seiner Cousine Johanna (siehe oben) vermählte. Franz II. heiratete in erster Ehe Magdalena Theresia Gräfin von Crotti, und nach deren Tod eine Gräfin von Khuen-Belasy. Aus der zweiten Ehe gingen die Söhne Anton Sigismund und Franz Joseph hervor. Ersterer blieb unvermählt, während Franz Joseph (1711-1774) die Laufbahn eines Geistlichen einschlug und Titularbischof von Tempe Annette von Menz (unbekannter Künstler 1812-1815) sowie Weihbischof von Paderborn und Münster wurde. Graf Johann Baptist heiratete Maria Franziska Gräfin von Khuen-Belasy, die ihm zwei Kinder gebar: Franz Anton („Fidei-Commiss-Inhaber zu Wangen“, † 1764), verheiratet mit Josepha Gräfin von Rindsmaul (1740-1802), ohne Nachkommen, und Maria Anna, verheiratet mit Veit Dominik Graf von Wolkenstein. Aus der Ehe von Sigismund (II. dem Jüngeren) mit seiner Cousine Johanna schließlich gingen vier Kinder hervor, darunter Graf Sigismund Dominik († 1800), Herr zu Wangen seit 1764 und verheiratet mit Francisca Gräfin von Bona († 1785). Weil diese Ehe kinderlos blieb, hatte Graf Sigismund Dominik als letzter männlicher Spross des Ge- www.boetl.net
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