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75_Ausgabe September 2009

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Kamerad marschier<br />

marschier<br />

!<br />

!<br />

Mein Vater Otto Usemann, geboren<br />

1905 in Görlitz, gestorben mit 40 Jahren<br />

in sowjetischer Kriegsgefangenschaft,<br />

verfaßte unsere Familienchronik. Nachdem<br />

ich in einigen Heften StadtBILD<br />

Görlitzer Erinnerungen an die napoleonischen<br />

Kriege gelesen hatte, suchte ich<br />

die folgende Episode aus unserer Chronik<br />

heraus:<br />

Die älteste Erzählung in einer Familienangelegenheit<br />

väterlicherseits liegt zurück<br />

bis zu einer Begebenheit aus den<br />

Kriegen 1806 / 1807. Diese Sache erzählte<br />

mir mein Vater (Herrmann Usemann),<br />

der sie seinerseits von seiner<br />

Mutter hörte. Es betrifft die Großeltern<br />

meiner Großmutter. Beide, Ururgroßvater<br />

und -mutter väterlicherseits arbeiteten<br />

in diesen Jahren als Ledige im Orte<br />

Moys bei Görlitz. Später heirateten sie.<br />

Er hatte die Postpferde zu pflegen, war<br />

entweder Postillion oder sonst Angestellter<br />

bei der Post. Als die Franzosen<br />

ins Land kamen, gab man ihm den Auftrag,<br />

seine 4 gut gepflegten Pferde, die<br />

sich recht an ihn gewöhnt hatten, in den<br />

nahen Wald ins dichteste Gebüsch zu<br />

führen, damit sie nicht den Franzosen in<br />

die Hände fielen. Gerade die Franzosen<br />

waren ja als Pferderäuber schlimmster<br />

Sorte in den Kriegen bekannt. Ferner erinnern<br />

wir Oberlausitzer uns daran, dass<br />

der Gemeindevorsteher von Königshain<br />

deshalb von den Franzosen am Steinberg<br />

erschossen wurde, weil er für Geld<br />

und Bitten die gestohlenen Pferde der<br />

Nachbardörfer wieder einholen wollte.<br />

So war man also mit den Postpferden<br />

von vornherein vorsichtig genug, sie<br />

den Blicken der Franzosen zu entziehen.<br />

Mit Futter für die Gäule war das Versteck<br />

im Buschwerk reichlich versehen. Was<br />

sonst noch Not tat, wurde täglich durch<br />

einen abgemachten Boten gebracht.<br />

Eines Tages wurde nun dem Ururgroßvater<br />

die Mitteilung gegeben: “Die Franzosen<br />

sind abgezogen”. Froh und satt<br />

des langen Wartens galoppierte er bald<br />

darauf mit seinen Pferden wieder zurück<br />

ins Dorf. Noch war er nicht bis zu den<br />

Ställen gekommen, als ihm ein Nachtrupp<br />

berittener Franzosen entgegen<br />

kam. Sie hielten ihn an mit dem Ruf:<br />

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